Am gestrigen Tag waren die beiden Norn, Cearis und Grikahr, in das Lager im Lornar-Pass zurück gekehrt. Jedem, der es hören wollte und danach fragte, berichteten sie von den Sichtungen in Löwenstein, die sie getätigt hatten nachdem der Charr Arka Sha dazu aufgefordert hatte. Das Ausspähen des Fort und der dahinter liegenden Brücke, war nur ein kleiner Teil der Aufgaben, die es noch zu erledigen gab, doch schien ihnen dieser kleine Ausflug schon gereicht zu haben.
"Das Fort ist eine Ruine, bis auf die Außenmauern. Alles ist voll von der Brut, Flammenlegion und Krait, dazu viel Rauch, die Luft brennt immernoch. Weite Wege schafft man nicht ohne sich den Tod zu holen, leider konnten wir nur eine gute Hand voll von den dreckigen Viechern in die Nebel schicken. Die große Brücke hinter dem Fort brennt, wird wohl bald einkrachen."
Dies sind die ungefähren Worte, die man zu hören bekommen wird, wenn man einen der beiden danach fragt.
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Unmut
Ein neuer Tag brach an, eine neue Sonne zog über den weißen Gipfeln auf.
Cearis hatte sich ein Stück vom Lager entfernt, nur ungerne hielt sich die junge Schamanenschülerin darin auf. Zu greifbar war die Trauer und das Leid für sie. Oft genug könnte sie es auf der Haut spüren wie den Wind oder förmlich auf der Zunge schmecken. Besonders im Zelt des Raben hockte die Trauer wie ein ungebetener, schwarzer Gast in einer Ecke, unsichtbar und doch lauernd, bereit jeden mit in das farblose Reich zu ziehen, der sich ihr näherte. Eine Nase frischer Wind, der Geruch von Schnee und Holz, dies war ihr Ausgleich in dieser Stunde.
Der Blick aus ihren hellgrünen Augen lag auf der Umgebung, sie kleidete sich in Schweigen und doch war sie zu jedem Moment wachsam und auf der Hut, wie es die Schneeleopardin von der Schülerin verlangte. Sie würde ihre Kräfte noch brauchen, vielleicht ehe dieser Tag endete. Oder der nächste. Gewiss war nur, dass die Zeit wie Sand durch die Finger rieselte und der Rabe sicherlich von Stunde zu Stunde an Kraft verlor, sowie sein Geist sich weiter entfernte.
Ein leises Seufzen kam über ihre Lippen, der Wind hatte mittlerweile einige kurze Haarsträhnen aus dem Geflecht gelöst, die in sanftem, unbestimmten Takt über den Reif an ihrer Stirn strichen. Viele Sorgen, viel was es zu bedenken gab und auch der Schrecken, welchen sie in Löwenstein erlebt hatte, verfolgte sie. Es viel der stolzen, manchmal eher wilden Norn nicht leicht, sich diesen einzugestehen aber mit allem anderen, würde sie sich selbst belügen. Dieses Ding, dieser Bohrer, wie manche berichten konnten, strahlte eine fürchterliche Zerstörung aus. Sie empfand Furcht wenn sie an das dachte, was noch passieren mochte.
Für letzte Sekunden schlossen sich ihre Augen, dann drückte sie sich von dem Baumstamm ab und verliess dessen Schatten, begleitet von dem Geräusch klackernder, aufgefädelter Knochen, Holztalismane und Perlen, die ihre Kleidung schmücken.