Beiträge von Thrymaer

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    Ganz langsam streckte sie erst das linke Vorderbein vor, dann das rechte. Die Augen konnte zwar
    nicht schließen, aber immerhin den kurzen Rücken strecken, wobei auch auch ihr kleiner Abdomen
    wackelte. Der rechte Tarsus knickte ein Stückchen ein und ihr Kopf drehte sich, während die Chelizeren
    stumm klapperten. Der Tag war angefüllt von Stille und Ruhe – schließlich hörte sie nichts. Dafür
    aber bemerkte sie die starken Erschütterungen aus dem Norden, die ihnen auch die merkwürdigen
    Besucher brachten, welche sie seit über einem Tag bereits beobachtete.


    Ein ganz großer war dabei, war mit schwarzem Fell besetzt und sein Leib in graue Platten verhüllt.
    Hörner ragten ihm aus dem massigen Schädel, der auf einem ebenso breiten Hals saß. Die Zähne
    und Klauen gaben ihm etwas animalisches, das mit einer Axt besetzte Gewehr wiederum etwas, das
    man eher den anderen Zweibeinern zusprach, welche wie wild umher liefen. Dann war hingegen
    noch ein ganz kleiner dabei, der allerdings mit einem anderen etwas größeren in ein Gebäude eintrat.
    Von diesen beiden sah sie nichts mehr. Dafür allerdings von einer etwas hageren Gestalt in roter
    Kettenrüstung, die mit dem Großen umher lief. Sie taten viel gemeinsam und das interessierte sie.


    Neugierig näherte sich das kleine Tierchen, zaghaft regelrecht. Ein Beinchen nach dem anderen
    streckte die Spinne vor, hielt inne um nicht gesehen zu werden und folgte dann doch nach, dem
    Roten hinterher, der sich dem Schwarzen näherte. Dieser lag an der Klippe der Befestigung und
    schlief, weswegen der Rote wieder ging, an dessen Stiefel sie sich festklammerte und mittragen ließ.
    An der untersten Senke blieb er dann stehen, begann Beutel zu entleeren und den Stoff dieser
    auseinander zu trennen, nur um sich plötzlich umzudrehen und in eines der Lagerhäuser zu gehen.
    Hektisch ruckte ihr Kopf umher. So viel Bewegung. Es war dunkel, doch konnte sie noch alles sehen.
    Kisten standen umher, Säcke und so einige kleinere Truhen in welchen der Rote zu suchen begann.
    Er zog eine silberne Nadel hervor und auch eine dicke Garnrolle, die er mit nach draußen nahm, um
    die zerrissenen Beutel flach überlappend aufeinander zu nähen. Als er sich dann hinab beugte, hielt
    sie wieder ganz still, lugte an seinem Stiefel vorbei zur verhüllten Hand, die Steine, Sand und gröberen
    Dreck vom Boden hob und dann oben in den Stoff füllte. So genau konnte sie nicht sehen was
    passierte, doch folgte der Rote daraufhin einer Ratte, die er mit bläulichen Spänen in den Boden
    schlug. Auch sie wurde aufgehoben und aus dem anderen Stiefel eine Klinge gezogen. Wenige
    Momente später konnte sie beobachten, wie Innereien zu Boden fielen.


    Ein langsames, dafür umso heftigeres Beben erschütterte die Ketten auf welcher sie saß. Ruckartig
    drehte sie sich herum und hob den Blick aus den acht Augen zu dem Schwarzen hoch, der den
    Roten offenbar ansprach – oder aber antwortete. Sie verstand kein Wort. Erneut zogen einige, wenige
    Augenblicke dahin, bevor der Schwarze aus der Befestigung trat und der Rote dafür noch einmal in
    das Lagerhaus ging aus welchem er sich zwei Decken holte. Auch er verließ die kleinere Station dann,
    folgte dem Weg hinaus und näherte sich unten angekommen dem Meer an. Sie zögerte, nur um ihm
    dann doch sehr rasch auf die Schulter zu klettern, als er bis zu den Knien in das Salzwasser stieg, um
    die Decken darin einzulegen und den Stoff ebenso mit der Klinge aufzutrennen. Längliche, triefende
    Streifen wurden geschnitten, die er sich nach und nach zwischen die Rüstungsteile klemmte, nur um
    sich aus den letzten einen Schal zu wickeln, wobei ein Großteil unter dem Harnisch verschwand. Dann
    steckte er die Klinge zurück in den Stiefel und ging zum Weg zurück, nur um an einer Brücke stehen
    zu bleiben. Wieder das Beben, welches sie aufschreckte und unter den Helm des Roten verschwinden
    ließ, bevor sie dem Schwarzen hinterher sah, der nun für seinen Teil zum Meer ging, während der
    Rote ein Stück vom Stoff testend über seinen Nasenrücken zog. Sie wusste nicht was los war, doch
    als der Schwarze zurück kam und sie sich beide Richtung Norden in Bewegung setzten, sprang sie ab
    und landete auf dem Brückenpfeiler. Reglos blieb sie sitzen, sah ihnen nach und wartete.


    Die Sonne war längst untergegangen und sie hatte ihre Seite der Brücke schon mehrmals gänzlich
    abgelaufen, nur um aufzusehen, als ein bekanntes Beben durch den Boden ging. Sie kannte das
    Laufmuster. Der Schwarze und der Rote kamen zurück, auf welche sie sogleich los tippelte und sich
    erneut auf den Stiefel des Roten setzte, um von ihm mitgenommen zu werden. Den Hang hinauf
    laufend, betraten sie erneut die Befestigung und wieder gingen sie in den Turm hinein. Während
    sich der Schwarze wieder abwandte, begann der Rote merkwürdige Dinge auf einigen Kisten und
    Tischen vorzubereiten. Geräte und Gegenstände standen dort die für sie keinen Sinn machten. Die
    einen begannen auf eine Bewegung von ihm kleine Funken und dann Feuer zu spucken, bevor er es
    doch wieder unterband. Danach folgte das Ausräumen von einer Kiste und weitere Vorbereitungen,
    ehe er sich ebenso abwandte und hinaus ging. Erneut sprang sie ab und kletterte auf den Tisch,
    um sich dort neugierig umzusehen. Scharfe und auch angenehme Gerüche lagen in der Luft. Einige
    Gegenstände waren matt, die anderen reflektierten ihr eigenes Spiegelbild zu ihr zurück. Mehrere
    Momente war sie vom Anblick ihres eigenen Körpers fasziniert. Sie fand sich schön!


    Erneut wurde sie aufgeschreckt, als es bebte und sie sprang schnell an die Wand hinter dem Tisch,
    kletterte dort hinauf und fand sich auf einer Treppenstufe wieder. Sie drehte sich herum und sah zum
    Roten runter, der an dem Tisch zu arbeiten begann, als wäre sie nie dort gewesen. Der Schwarze
    setzte sich im Hintergrund her und sprach nicht mehr; sie hätte es bemerkt. Der Stehende begann
    mehrere Fetzen auseinander zu schneiden und aus ihnen noch kleinere Fetzen zu machen, die er
    dann einzeln in Unterlagen legte. Danach stellte er wieder an den Geräten herum, woraufhin eine der
    Flammen nun konstant züngelte, ehe er damit begann die Behälter nach und nach darüber zu legen.
    Immer wieder hob und senkte sich ihr Kopf, wenn er ein Objekt über das Feuer hielt, etwas dazu legte
    und nach einigen Momenten sogar noch eine dritte Komponente. Immer stieg Dampf auf, was sie die
    ersten Male zurück schrecken ließ, ehe sie sich an den aufsteigenden Geruch gewöhnte und einfach
    weiter beobachtete. Auch die zweite Flamme wurde irgendwann angestellt und dort ein größerer
    Behälter aufgesetzt, in welchem Wasser erhitzt wurde, das mit den Momenten seine Farbe zu
    verändern begann. Merkwürdige Dinge machten sie da. Der Schwarze stand irgendwann auf und
    begann wieder mit dem Roten zu sprechen, während er das kochende, farbige Wasser beobachtete.
    Der Rote ging auf einmal mit einem der erhitzten Behälter hinaus, während sich der Große wieder
    hinsetzte und mit dem Wasser wartete, das aufhörte zu brodeln. Schließlich trank er daraus und dann
    noch einmal. Der Rote kam auch zurück, schüttete wie immer was im Behälter war zu Boden und füllte
    neu nach. Nebenbei verfielen sie noch manchmal in ein Gespräch, wobei der Schwarze einmal schneller
    nach draußen spurtete. Er konnte also doch auf allen Vieren rennen.


    Während die Zeit verging und ein Fetzen nach dem anderen auf den Boden fiel, ging der Schwarze
    dann hinaus und der Rote wandte sich vom Tisch ab. Das war ihre Chance! Sie sprang auf seinen
    Rücken runter und krabbelte schnell nach vorne, um mehr sehen zu können. Auf eine plötzliche
    Bewegung des Roten hin allerdings schreckte sie auf und krabbelte unter seinen Helm. Ein großer
    Fehler, musste sie sich eingestehen, denn der Helm wurde abgenommen. Sie zog sich zusammen und
    die Beine schützend an den Körper ran, machte sich so klein wie möglich und verharrte einfach nur,
    um nicht gefunden zu werden. Wer würde auch schon in einer Einhöhlung wie dieser nach ihr suchen?
    Anscheinend der Rote, da dieser mit den Fingern in eben diese griff. Sofort sprang sie hinaus und weg
    von ihm, eilend hinaus, nur um an der Außenwand des Turmes hinauf zu klettern und hinab zu blicken.
    Es vergingen erneut einige Momente, bevor der Rote – wieder behelmt – hinaus kam und zur Klippe
    ging und es dauerte noch länger, bis der Schwarze zurück kam und zwei merkwürdige Säcke mit sich
    brachte. Entfernt erinnerte es sie an ihre Kokons, in welchen ihre schmackhaften Opfer bis zur
    Erschöpfung zappelten, damit sie sie endlich beißen und ihnen ihre Magensäure injizieren konnte. Mjam!
    Der Schwarze wandte sich in den Turm ab und der Rote folgte diesem. Sie folgte beiden. Etwas schneller
    tippelte sie zur Seite, damit sie an den Stiefeln des Roten vorbei zum Schwarzen sehen konnte, der einen
    der Kokons vorsichtig auf den Boden legte und den zweiten dafür auf den Tisch. Erneut eilte sie die
    Wand hinauf, um von der Treppe aus zu beobachten, wie der Schwarze wieder hinaus ging und der
    Rote allerlei merkwürdige Klingen und Zangen aus der Truhe entnahm, nur um den Kokon zu öffnen
    und den darin befindlichen Körper zu befreien.


    Was für merkwürdige, unbekannte und doch interessante Dinge sie in den Stunden beobachten durfte und noch würde.


    „Verfluchte Scheiße..“


    Er konnte schon nicht einmal mehr seine Gedanken wirklich sammeln. Die Luft stand vor Hitze und
    dem Gestank nach Gift und Verbrannten, während die Geräusche bereits verklangen und sich
    entfernten. Schaufler und Flammenlegion hielten sie zurück, damit die wenigen Zivilisten und auch
    die Invaliden aus dem Fort Marriner flüchten konnten – zumindest die, denen es auch möglich war.
    Es hatte Opfer gekostet und das nicht wenige.


    Nichts hatte er sich mehr gewünscht, als wieder in das Gefecht eines Kampfes zu geraten, um an
    seine Grenzen zu kommen und sich noch einmal, ein letztes Mal, so richtig auszutoben, nur um in
    den gierigen Feuern seiner eigenen Zerstörung verschlungen zu werden. Arschlecken.


    Stattdessen waren sie auf der Flucht; weg von der Zerstörung und auch weg von den quellenden,
    roten Stöben, die in der Luft schwebten und einem das Fleisch von den Knochen zu nagen drohten,
    wenn man zu lange dort blieb. Es beginnt immer mit Husten, ging es ihm durch den Kopf und er
    knirschte mit den Zähnen, was unter dem lauten Knistern brennenden Holzes unterging, ausgehend
    von nahestehenden Palmen. Er tätigte sich in seinem gesamten Leben zu sehr mit alchemistischen
    Dingen, um nicht zu wissen, dass sehr viele Dinge 'mit einem Husten beginnen'.


    „.. das wäre nicht soweit gekommen, wenn..“


    Die Flucht war nur sinnig gewesen, denn so konnten sie die Überlebenden zählen und diese
    versorgen, nur um nach weiteren in den Trümmern der Stadt suchen zu gehen. Selbstmörderisch
    wäre eine gute Umschreibung dessen, wie man diesen Gedankengang hätte strafen können und
    trotzdem konnte er an nichts anderes mehr denken, während sie sich noch aus der brennenden
    Stadt entfernten. Retten was und wer möglich war.


    Sein vor Anstrengung verschwommener Blick hob sich auf die Rücken der Personen, die vor ihm
    durch den sich schmälernden Pass zur Blutstromküste rannten. Ein hünenhafter, in Platten gehüllter
    Charr stapfte dort, einen reglosen Leib mit sich tragend, der in zivil anmutende Kleidung gehüllt war.
    Neben diesem grotesken Anblick watschelte ein Asura mit einem Gewehr in der Hand, der nicht selten
    – fast schon paranoid – über die Schulter blickte, als würde er sich vergewissern wollen, dass die
    Gefahr auch wirklich weit entfernt war. Ob er da überhaupt richtig sah, oder, ob es bereits
    Halluzinationen waren die sein Urteilsvermögen betrogen, konnte er nicht einmal mehr abschätzen.
    Aber eines war ihm schon die ganze Zeit klar und ging ihm durch den von einem Spangenhelm
    besetzten Schädel.


    „.. Dronon uns nicht dauernd in so eine Scheiße reiten würde!“


    Er hörte seine eigene, raue und äußerst unangenehme Stimme in die laute Nacht brüllen und
    konnte noch sehen, wie sich die gewaltige, graue Gestalt kurz zu ihm umdrehte, dann jedoch weiter
    rannte, um nach Süden aus der Stadt zu eilen. Einen Kommentar dazu gab es allerdings nicht,
    denn es gab wichtigeres woran man seinen Atem verschwenden konnte – Flucht und Überleben.