Laut war der Klang des Meeres, oder war es doch nur das Rauschen des eigenen Blutes, welches ihm vorgaukelte des Meeres Wellenspiel zu sein?
Salziger Geschmack lag ihm auf der Zunge. Schwärze vor den Augen. Nasser Sand unter den Fingerkuppen, welche sich langsam, aber stetig, in selbigen gruben.
Schwach die Muskeln, als er versuchte sich aufzurichten, noch bevor er die Augen zur Gänze geöffnet hatte, erbrach er sich in die nächste Welle, die seinen
müden Leib wieder in den Sand presste. Erst beim zweiten Versuch konnte er sich auf die Knie erheben, noch immer der salzige Geschmack, erneut entledigte sich sein Körper des unerwünschten Mageninhaltes, Meerwasser.
Was war geschehen? Fragte er sich selbst und kämpfte erneut mit dem Gleichgewicht, der aufkommende Kopfschmerz half wohl nicht dabei seine Gedanken zu ordnen.
Die Bilder der letzten Minuten, bevor die eisige Umarmung ihn empfing, flackerten vor seinen Augen.
Das Schiff war gerade aus dem Hafen ausgelaufen, die Seemänner stimmten eines ihrer Lieder auf Löwenstein an, die Küste Orr's war das Ziel, wer sich Luftschiff und Portale nicht leisten konnte musste nunmal auf die Schifffahrt zurückgreifen.
Kanonenschläge waren das Erste was man im Rücken hörte, was den Gesang der Seebären unterbrach. Das Zweite waren die entfernten Schreie, das aufgehen der Flammen, Einstürzen von Häusern und Brücken. Erst dann kam das metallene Klackern, Schaben und Scheppern bedrohlich näher.
Plötzlich kippte das Schiff, das Schiffsheck samt Kapitänskajüte war weg, stattdessen eine riesige Schraubenwindung, die sich in die Tiefen der Bucht wandt.
Mann über Bord! Hörte man einen der Matrosen in den Trassen brüllen, welcher wohl noch garnicht realisiert hatte, dass das Schiff selbst vom erzeugten Strudel der Spirale angezogen wurde und Stück für Stück zu Kleinholz verarbeitet wurde.
Wie die Ratten sprangen sie alle vom Schiff, versuchten dem Sog zu entkommen, wer es schaffte, paddelte aufs Festland zu und wurde dort von Krait und Piraten empfangen, gebührend, aufgespießt. Die Anderen wurden erst angesogen, schreiend, gluckernd, nur um dann von der Spirale zerteilt zu werden, Gliedmaßen und Innereien, die sich nun als Fischfraß anboten.
Und dann gab es noch diejenigen, die den Weg über den Bug vorzogen und so vom Sog verschont, dafür aber von der Strömung erfasst, wurden.
Wieder erbrach sich der klare Inhalt des Magens im Sand und mischte sich mit dem Wasser, welches wieder über seinen Rücken floss und den Sand begradigte.
Sein Blick wanderte den Strand entlang, Holz, Fässer, Leiber, alles akurat aufgereiht. Ob lebendig oder nicht, es war alles bloß Treibgut.
Das Rauschen verschwand allmählich aus seinen Ohren, als er sich nun ganz aufrichtete, taumelnd, ob nun des weichen Untergrundes wegen, oder des Verlustes des Gleichgewichtes, ein naher Fels diente als Stütze.
Ihr lebt noch. Sprach eine helle Stimme einige Meter von ihm entfernt. Er blickte auf, mehr als einen Schemen konnte er nicht ausmachen, ehe er wieder zusammenbrach.
Salziger Geschmack lag ihm auf der Zunge. Schwärze vor den Augen. Trockener Sand unter den Fingerkuppen.
Um ihn herum wieder das Rauschen in den Ohren, welches sich langsamst in, halbwegs klare, Worte wandelte.
Wilkommen in der Blutstromküste.