Wer kryptische Fragen zu obskuren Eventualitäten oder vage formulierten Grundsätzen stellen muss, dem geht es meiner Meinung nach nur darum, mit seinem Charakter zu gewinnen.
Wie wäre es denn stattdessen mit ooc-Absprachen in sinnvollem Rahmen? Eine Rivalität macht so viel mehr Spaß, wenn man dem Gegenüber für einen guten Schachzug Komplimente machen kann und so miteinander spielt, dass beide Charaktere sich von ihrer besten und schlechtesten Seite zeigen können. Ein schnelles Heads-Up, ein freundliches Wort und (wenn nicht explizit gewünscht) nur wenig Geheimnistuerei schaffen ein angenehmeres Spielklima, Vertrauen in die Urteilsfähigkeit anderer Spieler und ein Miteinander, bei dem am Ende alle gewinnen, selbst wenn es im ic-Wettstreit keinen Sieger gibt.
Auf der anderen Hand führt ein ic-Zwist mit dem Charakter eines Spielers, zu dem kein Vertrauen herrscht oder von dem kein Vertrauen entgegen gebracht wird, nur selten zu einem für auch nur eine Seite zufriedenstellenden Ergebnis. Viel wahrscheinlicher ist es, dass man im Zorn auseinander geht und sich vielleicht sogar vor nimmt, nie wieder miteinander zu spielen. Und jemand, der sich auf Kosten anderer selbst darstellen will, verliert über kurz oder lang den Anschluss an die Community und erreicht höchstens, dass er nebenher auch noch vielen anderen den Spaß verdirbt.
Wenn es um Charaktertode geht, weiß man zumeist auch nicht, in welcher Situation sich der andere Spieler gerade befindet. Spielt er noch weitere Charaktere? Wer spielt alles mit ihm? Ist er Teil einer größeren Geschichte? Was ist zerstört, wenn er für meine Charakterkonsequenz sterben muss? Gleichzeitig muss man sich die Frage stellen, ob es hier wirklich um Charakterkonsequenz geht - ja, mein Charakter ist jetzt im Moment wütend und ich habe (durch meine Immersion) Teil an seinen Gefühlen. Aber wie denkt mein Charakter, wenn er sich beruhigt hat? Gibt es Möglichkeiten, mit er Situation umzugehen, ohne einen Mord zu begehen? Ich für meinen Teil (und meine Charaktere zum Großteil ebenso) habe größeren Respekt vor einem gut gespielten Iorga-Gangster (obwohl ich die habe mehr Kämpfe verlieren als gewinnen sehen) als vor jemandem, der bereit ist, für die kleinste Kränkung zu töten.
Ich halte es zumeist so:
Kenne ich meinen Gegenüber, vertraue ihm und weiß, dass er mir vertraut, gebe ich ihm bei wichtigen Dingen ein Heads-Up, damit sein Charakter angemessen reagieren kann oder damit er weiß, wo ich hin will. Das führt meist zu cooleren Szenen und Geschichten, weil wir nicht unwissentlich die Vorhaben des jeweils anderen ruinieren, sondern ihm vielmehr Möglichkeiten geben können, seine Stärken/Schwächen/Charakterentwicklung auszuspielen.
Kenne ich meinen Gegenüber nicht, dann kläre ich alles ab, was mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Missverständnissen führt oder von stärkerer Konfliktnatur geprägt ist. Ein schneller Whisper vermeidet oft ooc-Unmut und gibt dem Mitspieler Sicherheit. In einigen Fällen führt das dazu, dass die Spannung aus einer Situation entweicht, aber im Normalfall kommt sie zurück. Beschwerden habe ich über dieses Vorgehen noch keine gehört.
Generell halte ich es für keine gute Idee, Konflikte so weit zu eskalieren, dass ein Charakter einen anderen wirklich töten will - und sollte es doch mal zu potenziell tödlichen Situationen kommen, kann man dem Anderen die Wahl lassen, ob und wie er davon beeinträchtigt wird. Schüsse und Kampfzauber werden "in die Richtung" einer Person abgefeuert und im Zweifelsfall wird doch nochmal gedroht und dem anderen der Rückzug ermöglicht, obwohl der Charakter "eigentlich lieber direkt töten würde".
Noch etwas zum Thema Metawissen:
Es gibt Situationen, wo Metawissen sinnvoll verwendet werden kann. Die besten Beispiele dafür sind der Terminkalender und die Gerüchteküche dieses Forums, aber auch Ausschreibungen in den einzelnen Projekt- oder Gildenbereichen fallen darunter. Es handelt sich dabei um Wissen, das der Charakter plausibel erlangen kann. Mit meinen Asura-Charakteren nutze ich regelmäßig "Metawissen" in Form von Fachwörtern und wissenschaftlichen Thesen, die mir selbst kaum geläufig sind. Bisher habe ich einen recht guten Riecher dafür bewiesen, was noch plausibel und stimmig ist. Je mehr Vertrauen zwischen zwei Spielern herrscht, desto leichter lässt sich "sinnvolles" Metawissen einbringen - ist es stimmig, wird es meist gar nicht weiter hinterfragt.
Kritisch wird es für mich beim Verrat von Geheimnissen Dritter (oder an Dritte), bei Versuchen, Plots zu sprengen, dem Nutzen von Metawissen, um "zu gewinnen" und bei jeglicher Anwendung dieses Wissens, die in einer gespielten Situation oder für einen gespielten Charakter nicht stimmig ist. Die Faustregel sollte hier sein: "Im Zweifelsfall eher nein als ja". Wenn das Wissen nicht (für die Konfliktparteien) produktiv, (zwischen den Spielern) fair und (für alle Beteiligten) cool genutzt werden kann, dann sollte man es einfach lassen. Das Schlimmste, was man mit Metawissen leisten kann, ist, unangekündigt Spiel zu zerstören, ohne selbst etwas von Wert zu bieten.
Negative Erfahrungen habe ich genau damit gemacht: Metawissen wurde genutzt, um gegenüber Dritten Dinge zu beweisen, zu denen es im Rahmen des Spiels aber noch gar nicht gekommen war (also auf gewisse Weise, um zu "gewinnen"). Die Person, die das Wissen zur Anwendung brachte, löste damit eine kleine Lawine aus, deren Auswirkungen (obwohl illegitim) noch Monate danach spürbar waren und die einen Charakter, der mir sehr am Herzen liegt, quasi unspielbar gemacht hat. Immer wieder tauchten Leute auf, die "uns das Handwerk legen wollten", obwohl wir noch gar nicht dazu gekommen waren, etwas tatsächlich Kriminelles zu unternehmen. Diese Eskalation führte zu diversen, stundenlangen Klärungsgesprächen und hat in vielerlei Hinsicht verbrannte Erde hinterlassen.