~DER GARDIST~
Widerwillig zuckte der Gardist, als eine Fliege ihm in den engen Schlitz seines Helms flog und dort umherschwirrte. Bemüht, unter den Blicken der fröhlichen Kinder, der jubelnden Masse, nicht aufzufallen hielt er still und einzelne Perlen an Schweiß flossen an des jungen Mannes angespannter Stirn herab, ehe das Insekt ihn endlich wieder in Ruhe ließ.
"Tritt' den Seraphen bei...", das waren die Worte die ihm tagtäglich durch den Kopf schwirrten.
"Unser kleiner Timmy wäre so unglaublich stolz auf dich!"
Seit Tagen stand er nun schon dort, einsam und verlassen, mit den Worten seiner Frau in den Gedanken und mit der seelischen Last der Schande, den quietschbunten Ballons, in seinen zittrigen Händen.
Und wenn es nicht gerade die späte Mittagssonne war, die ihm unter seiner schweren, polierten Rüstung den Schweiß aus sämtlichen Poren trieb, dann waren es die Blicke der Kinder die, für ihn unter dem Helm unverständlich, auf ihn zeigend Dinge quietschten.
Ein zaghaftes, falsches Lächeln schmückte des Gardisten schmerzzermürbtes Gesicht. Obgleich er nicht ein Wort verstand: Er wusste, was die Worte der Kinder waren.
Er wusste von all' dem Spott den sie für ihn übrig hatten.
Die Stunden verstrichen jeden Tag langsamer. Aus Sekunden wurden Minuten. Aus Minuten wurden Stunden. Aus Stunden Tage. Und doch hielt er stand.
Äußerlich anmutig, stark und edel.
Innerlich ein Schatten von dem, was er einst war. Ein Held.
Erst als die Sonne unlängst untergegangen war und der Mond im Zenit stand, trat er seinen Heimweg an. Begleitet vom nächtlichen Katzengejammer und dem lauschigen Klackern von aufeinandertreffenden Krügen aus jenen Tavernen in denen er schon längst nichtmehr willkommen war, machte er sich auf den Weg nach Hause.
Das leise, metallene Knarzen der Türscharniere weckte den kleinen Timmy aus dem Schoß seiner schlafenden Mutter auf. Eilig stolperte er in den Gang, wo sein Vater bereits erschöpft die Tür hinter sich schloss und seinen Mantel an die Garderobe hing.
"Papa, Papa! Erzählst du mir heute die Geschichte, wie du heute alleine die Zentauren im Königintal besiegt hast? Mama hat es mir versprochen!"
Ein bitteres Lächeln formte sich auf den Lippen des Gardisten, der sich zu seinem Sohn hinab in die Hocke begab und ihn eng an seine Brust drückte - Jedoch nur um die einsame Träne zu verstecken, die er zusammen mit seiner Würde verlor.
"Heute nicht, Timmy. Heute nicht."