Stille Nacht, heilige Nacht
Vom Feuerschein der Zentaurenfackeln erleuchtet hängen sie da. Die Körper gebrochen, die Chöre verstummt , die Augen flehend zum Himmel gerichtet. Die barbarischen Zentauren vermochten es nicht, Fränkles guten Geist zu Brechen. Fest im Glauben, lebendiges Feuer in den Augen, hängt der Hirte zwischen seinen Schäfchen. Von denen, die im Leid nicht seine Größe besitzen, soll nicht gesprochen werden.
Am späten Abend des 30. Tag des Phoenix im Jahre 1328 geschah es. Ob aus reiner Mordlust oder schlicht der Tatsache, dass die Zentauren die geballte Wucht der geplanten Rettungsaktion der Seraphen fürchteten, darüber mögen sich die Chronisten mit den Federkielen pieksen. Den bereits losgezogenen Seraphen blieb nichts anderes übrig, als unverrichteter Dinge wieder abzuziehen, nachdem sie noch weit entfernt vom Ort des Geschehens in heftige Abwehrgefechte verwickelt worden waren.
Die wachenden Seraphen rufen das Kriegsvolk zusammen, mit Kind und Kegel eilen die Anwohner des Wächtersees ans Ufer. Fränkle hebt ein letztes Mal das Haupt zum Himmel, bevor die Zentauren ihm die Spieße in den Leib stoßen. Sechs Stöße hätten sie gebraucht, um den Gottesmann in Grenths Schoß zu schicken, wird man sicher später erzählen. Unter dem Klagen und Zetern der Weiber, dem Heulen der Kinder, der stillen Trauer des Mannes richtet ein einzelner Seraph die Muskete zum Himmel, um ihm in seinem letzten Augenblick Salut zu schießen.
Nacheinander schlachten die Zentaurenbarbaren die Brüder und Schwestern Pilger ab. Mit Hieb und Stich, ohne Gnade, jeden einzelnen. Auch die Kinder. Es hilft nichts, ihnen kann nicht geholfen werden. Hilflose Gebete, markerschütterndes Gebrüll richten die vergeblich ausgerückten Seraphen an Balthasar, er möge doch vom Himmel herabsteigen und das vergossene Menschenblut rächen. Die Gefechte, die sie im Hinterland führten, werden dem Dunkel der Geschichte anheimfallen.
Dann schließlich Stille. Fassungslose Trauer. Und als die Vöglein am Morgen zwitschern, fällt der erste Sonnenschein auf die Leichen der Märtyrer.
Wer kann davon gehört haben?
- Reisende in den Landen nordwestlich Götterfels'
- Seraphen
- nach und nach auch Bürger in anderen Sektoren des Königreiches Kryta, insbesondere Götterfels
- ganz Kryta.