Beiträge von Caylith

    57. des Phönix
    Er soll außer sich gewesen sein, der Brückeniorga. Nahezu jeder im Viertel erzählt davon und die Kunde macht nur allzu schnell die Runde durch den Rest der Stadt. Vieles jedoch bleibt im Dunkel, das Geflüster unterscheidet sich zu stark voneinander und so bleibt alles wage genug. Was an all dem wahr sein soll und was nur Gerede ist; man ist sich uneins.
    Fest steht jedoch, dass die Bediensteten unter den Farben der Familie Zazan sich vom Platz des Brückenlagers zurückgezogen haben, nicht aber ohne die Kisten einige Schritt weit mitzuschleppen, dann aufzubrechen und für jeden zugänglich offen auf der Straße stehen zu lassen. Auch wenn viele schimpften; ob über das Verhalten der Bediensteten; ob über das Gebahren des blonden Hünen; es dauerte nich lang und die Ware in den Kisten war teilweise vergriffen.

    57. des Phönix
    Schon zu frühesten Stunden des Tages, noch bevor die ersten Sonnenstrahlen das Land bedeckten, wurde angefangen die Stände am unteren Ring unter den Brückenstraßen Kormir's und Melandru's abzubauen. Noch vor Beginn des Tages war von jenen dort nichts mehr zu sehen. Jene Einwohner, die früher als die meisten auf den Straßen unterwegs sind, mögen noch Zeugen geworden sein dieses Umräumens. Dafür herrscht am Stand unter der Brückenstraße der Dwayna reges Treiben; dieser wird bis zu den Mittagsstunden hin unermüdlich erweitert und ausgebaut. Bei näherer Betrachtung kann es sich am Ende um die dreifache Größe handeln. Dorthin sind also die anderen Stände hin verschwunden.
    Auf Nachfragen Interessierter gibt es jedoch eine beunruhigende, manch einer möchte sagen, schier unglaubwürdige Antwort: "Die Priesterschaften der Kormir und Melandru drohten mit der Räumung durch die Seraphen; denen ist wohl ihr Geltungsbereich wichtiger als das Wohl der Einwohner. Sind wir halt jetzt auch hier." Ein anderer, der am Stand Waren ausgibt, meint: "Den Ashford's habt ihr's zu verdanken." und zeigt auf den Brief, welchen die Vertreterin der Kormir der beiden Schwestern am Vortag am Stand unter der Brückenstraße ihrer Göttin abgegeben hat. Der ist sauber gerahmt an einem Seitenpfosten des Standes angeschlagen, so kann ein jeder selbst nachlesen.


    Als die Sonne dann am höchsten stand über Götterfels, wissen Besucher des Parks zu berichten, wie abermals von Bediensteten unter dem Wappen der Zazan's Kisten durch das Löwensteiner Portal angeliefert wurden. Später wird sich herausstellen, dass, neben Lieferungen an die Stände, die meiste dieser Ware hin zum Brückenlager verfrachten worden sei. Dort sollen zwei eine Kiste aufgebrochen und Waren an wahllos Passierende verteilt haben. Gute Stoffe, haltbares Leder, einfache Kleider, sagt man. Aber auch wieder gepökeltes Fleisch, geräucherten Fisch, Käsestücke aus dem Laib, Brote. Und vor allem Arznei; Salben und Kräutermischungen.

    56. des Phönix
    Entgegen den Anstrengungen mancher, die Plakate zu entfernen, waren in der Nacht zum 56. des Phönix wieder einmal Noziven, aber auch nicht dem Klerus zuordenbare Personen gesehen worden, welche unbeirrt ebenjene Plakate wieder anbrachten. Kinder sollen darunter gewesen sein. Auch flüstern manche, die plakatierenden Leute wären eigentlich Bettler; arme Menschen, die man oftmals schon im Östlichen und Westlichen Marktviertel gesehen hätte, Passanten um Münzen anflehend. Jetzt jedoch tragen sie neue Kleider; sauber und von durchaus noch brauchbarer Qualität. Beobachtungen in den Morgenstunden des 56. des Phönix sollen dies bereits bestätigen, heißt es. Gewissheit mag mancher erlangt haben, als diese Männer und Frauen gegen Mittag freizügig Marken verteilten für die Stände unter den Farben des Dwaynaklerus.


    Derweil schreitet der Aufbau jener am unteren Ring unter den Brückenstraßen Kormir's und Melandru's weiter voran, während die Abgabe von Nahrungspaketen nahe des Dwaynaschreins bereits zu frühen Stunden des Tages vollumfänglich angelaufen ist. Die Gerüsteten stehen, ebenso wie zum Vortage schon, an allen Ständen, dem Schrein der Sechs und der Dwayna. Entgegen so manchem Gerücht, das der eine oder andere gehört oder verbreitet haben mag, wissen wiederrum andere zu berichten, dass die Gerüsteten ihre Posten nicht verlassen hatten.

    53. des Phönix
    Besucher am Schrein des Balthasar und flanierende Einwohner sowie Gäste von Götterfels konnten am frühen Nachmittag Zeugen eines außergewöhnlichen Schauspieles werden, als es zu einer handfesten Auseinandersetzung zwischen dem ansässigen Priester Dronon und einer Vertreterin der Dwayna kam.
    Es wird berichtet, dass Priester Dronon, ohne jede Zurückhaltung, mit der bepanzerten Rechten zugelangt hat und die Priesterin mit der Wucht seinen Schlages mehrere Schritt weit über den Platz fegte. Nur der Priesterin Magie habe Schlimmeres verhindert, doch soll ihr Blut noch immer die Steine vor dem Antlitz des Balthasar zieren.
    Seraphen seien zur Stelle gewesen, doch soll deren Bestreben eher dem Beruhigen des roten Schlachtschiffes gegolten haben. Man flüstert sich, Priester Dronon hätte im Eifer seine Steinschlosspistole hervorgeholt. Wie ein wildes Tier soll er sich gebahrt haben, zürnend, er werde die Ketzerin selbst richten, an Ort und Stelle.
    Manch einer mag es absurd finden, als es da heißt, die Wachmänner hätten wohl die Priesterin niedergeschlagen und abgeführt. Einige wollen gesehen haben, wie sie ins Seraphenlazarett gebracht wurde.


    54. des Phönix
    Tatsächlich konnte man die Priesterin am nächsten Morgen beobachten, wie sie Götterfels zu früher Stunde nach Löwenstein hin verließ. Gegen Mittag durchschritt sie abermals das Portal, in ihrer Gefolgschaft zehn bewaffnete Männer und Frauen in den Farben ihrer Göttin. Schwere Infanterie, die Rüstungen ohne Prunk, so wissen manche zu berichten; die Schulterstücke jedoch verziert mit gesiegelten Bändern und dem Zeichen Dwaynas. Einige mutmaßen gar, es seien Ordenskrieger.
    Auch wurden unzählige Kisten mitgebracht, von einem Heer an Bediensteten getragen, auf denen Vertreter der gehobeneren Klassen wie Kenner der Heraldik das Wappen der Zazan's erkennen mochten; eine Familie im Besitz nicht unerheblichen Grundes und seit Generationen Patron einer nicht minder unerheblichen Zahl an Abteien und Klöstern. Mehrere Dutzend jener Kisten wurde direkt ins Hauptquartier der Seraphen geschafft. Gegen den Stunden des Abends wissen wohl alle Mitglieder der Wache um deren Inhalt; abgepackte Rationen und Verbandsmaterial, aufgeladene Siegelsteine zur Linderung von Schmerz und der Kühlung von Wunden; in ausreichendem Ausmaß, um gut einhundert Soldaten zu versorgen.
    Im Laufe des weiteren Tages errichteten die Novizen des Klerus unter der Brückenstraße Dwayna's auf dem unteren Ring der Stadt dann ihren Stand. Entsprechende Stände werden unter den Brückenstraßen Kormir's und Melandru's vorbereitet und aufgebaut. Der Dwaynaklerus verteilt, gegen Abgabe von Marken, welche ein Jeder, wie man an den einzelnen Ständen erfahren kann, vom Schreiber des Klerus erhält, frisches Brot, gepökeltes Fleisch und geräucherten Fisch sowie Päckchen mit Heilkräutern für den Alltagsgebrauch. Auch werben die Novizen dort um weitere Mithilfe, damit ebensolche Stände später an allen Brückenstraßen errichtet werden können. Ungewöhnlich ist, dass eben diese Horte der Nächstenliebe bewacht werden von je einem der Gerüsteten, welche zuvor erst die Stadt betraten. Jene Gerüsteten, welche nun auch die Zugänge zum Flügel des Dwayna-Klerus im Tempel und den Schrein der Dwayna an der Hochstraße bewachen, je zwei an der Zahl, so heißt es. Einige wollen gar die Priesterin gesehen haben im stetigen Geleit zwei weiterer.


    Derweil verteilten andere Novizen in der gesamten Stadt unermüdlich Plakate, sodaß schon in den späteren Abenstunden an nahezu jeder Ecke der Stadt das Abbild Dwayna's zu sehen ist.