Beständigkeit und Wandel

Einen Moment lang dachte sie an ihre alte, ehemalige Chefin zurück, während sie in ihrer kleinen Kammer Münzen zählte.
Sie konnte die rauchige, dunkle Stimme beinahe hören.


„Mir ist egal, wie du dich da draußen benimmst. Stänker Leute an oder prügle dich mit Straßenvolk, mir ist es völlig gleich.
Aber in diesem Haus möchte ich keine deiner Eskapaden miterleben, hast du das verstanden?!“


Diarmai hielt mit dem Zählen inne und dachte an die unerwarteten und plötzlichen Regeln, an die Notwendigkeit der Unterdrückung all dessen, das sie zuvor so frei
ausgelebt hatte. Sie dachte an die unzählbar häufigen Augenblicke, in denen sie alles hatte hinschmeißen wollen, in denen sie einfach weg wollte und frei sein.
Sie dachte an all die Verwünschungen, die sie gegen die Wirtin ausgestoßen hatte, an die Randale, die sie im Schankraum veranstaltet hatte.


Nein, sie hatte sich nicht wohl gefühlt, dort, in dem kleinen Gasthaus im Dorf.
Sie hatte sich eingesperrt, unterdrückt, schikaniert gefühlt. Und nicht zuletzt wert- und hilflos.


„Irgendwann wirst du feststellen, das dieser Ort hier das Beste ist, das dir überhaupt je passieren konnte.
Was du hier verdienst sind keine Münzen, sondern die Fähigkeit auf ehrliche Art für dich selbst zu sorgen, was auch immer geschehen mag.“


Sie sah auf die Münzen in ihren Händen und lächelte. Es war genug, um die Woche irgendwie über die Runden zu kommen.
„Mögest du deinen Frieden gefunden haben, dort hinter den Nebeln, alte Frau“ murmelte sie vor sich hin und verstaute die Münzen unter ihrem Bett.
Dann zog sie ihren Rucksack zu sich und kramte darin herum, bis sie den vergilbten alten Zettel gefunden hatte, der Ziel ihrer Suche gewesen war. Die Zeilen,
die dort zu lesen waren, hatte sie dutzende Male aufschreiben müssen und noch viel öfter lautstark rezitieren.
Sie hatte es gehasst. Oh, wie sie es gehasst hatte.




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