Das gestohlene Amulett - Besänftigungsritual zu Rekkins Rast

Dies ist das Ritual, wie es sich zugetragen hat, aufgezeichnet von der Häsin, der stillen Beobachterin der Norn, geliefert an den Rabenschrein zu Hoelbrak.
Als Vorgeschichte sei erzählt, dass einst ein Moa ein Amulett aus Neugier pickte und die Besitzerin des Moas das Amulett mitnahm. Vor kurzem gelangte es auf Umwegen in die Hände einer Schamanin, die sogleich eine Bedeutung erahnte, und die Geister befragte. Diese Geister trugen nun Karkarrak, genannt Kralle, auf, das Amulett würdig an seinen Platz zurückkehren zu lassen.


Karkarrak ist eine recht kleine, junge Norn, und gilt seit wenigen Monaten erst als Schamanin. Sie ist dunkel von Hautfarbe, mit gelben Tätowierungen überall am Körper, auch im Gesicht. Statt einer Haarpracht ziert sie eine stets frisch rasierte Glatze, die jedoch heute nicht zu sehen ist. Denn Gesicht und Glatze verschwinden hinter
einem dunklen, großen Vogelhelm, dessen Schwingen weit ausladen. Zum Kämpfen unpraktisch, und wohl eher für Rituale geschmiedet. Karkarrak ist heute selbst für eine Norn knapp bekleidet. Ihr Oberteil ist dunkel, mit Behängen aus Knochenstücken und Federn, und lässt viele Blicke auf die leuchtend gelben Tätowierungen frei.


Ferner trägt sie einen ledernen Waffenrock, der mit Metall verstärkt ist, so dass er bei ihren Bewegungen metallen klimpert, und mit etwas Übung einen Rhythmus ergeben kann. Ähnlichen Zweck haben wohl auch die Messingringe an den nackten Beinen. Die Unterarme zieren Armreifen mit den Symbolen von Rabe, Wolf und Skelk.


Teil 1: Erklärung und Vorbereitung
Karkarrak trägt einen Rucksack mit sich und einen großen zweihändigen, altertümlichen Hammer. Den Rucksack packt sie zunächst aus und drapiert die Dinge um sich herum:

  • kleine Säckchen mit Pulver
  • ein Handfeger aus schwarzen Rabenfedern
  • eine kleine Handschaufel aus Kirschenholz
  • ein Messer aus Stein mit Knochenschaft
  • verschieden gefärbte Vogelknochen in blau, rot und gelb
  • weiße, gerundete Kieselsteine aus dem fernen Süden
  • ein eng beschriebenes Pergamentpapier
  • Kräuterbündel
  • Stückchen Birkenholz, Kirschbaumholz, trocken und leicht brennbar
  • ein Meißel aus Stahl
  • ein kleiner Hammer
  • vier eiserne Nägel
  • ein Trinkschlauch
  • Phiolen mit leicht brennbarer Flüssigkeit
  • ein Säckchen mit getrockneten Baumharzen, die wohlriechend duften
  • eine Feuerschale aus Bronze, frisch poliert.

Die Feuerschale wird dem Hausherrn gereicht, mit der Aufforderung, diese mit Herdfeuer aus dem Haus zu füllen. Als das Herdfeuer ankommt, wird es zunächst vorsichtig zur Seite gestellt, und sich an die Anwesenden gerichtet.


„Willkommen, Versammelte und Gäste der Rast. Den Geistern ist ein kleines Unrecht widerfahren, und wir sind hier, um dieses zu reinigen. Besänftigen wollen wir jene, die sich schützend über uns legen, doch auch zürnen, wenn ihnen nicht gerecht wird. Der Zorn kommt in verschiedenster Art, als Krankheit, Schwäche, Hunger, Tod und Leid.
Den Geistern wurde Unbill zu Teil an dieser Stätte, und ich bin hier, um diese Unbill ungeschehen zu machen.
Ich ziehe zunächst einen Ritualkreis, den ich reinige, und den niemand betreten soll außer mir und wen ich dazu bestimme. Und das ist Thrym. Dabei sind keine Stiefel erlaubt, nur nackte Füße.“
„Dann werde ich die Geister herbeirufen, und ich möchte, dass auch ihr die Präsenz mit eurem Glauben und eurer Hoffnung stärkt.
Dann werde ich den Geistern die Tat vortragen, und Tribunal halten über den Schuldigen, der in unsere, Kreis sein wird.
Dann werden wir gemeinsam über eine Strafe entscheiden. Die Tat ist gering, deshalb wird wohl kein Blut fließen, doch ist sie wichtig genug, um zu entscheiden. Ist diese Tat gesühnt, werden wir den Geistern danken, und sie wieder ihrer Wege schicken, denn zu nahe Präsenz ist ungut für uns alle. Ich werde vielleicht durch den Hof schreiten und
Dinge markieren. Bis zum Ende des Rituals sind diese Markierungen heilig, und Zorn soll über jene kommen, die sie entfernen oder verwischen. Das Ritual ist beendet, wenn ich die Geister heim geschickt habe und den Ritualkreis entferne. Fragen?“


Während Thrym sich die Stiefel auszieht und zur Überraschung aller tadellos saubere Füße präsentiert, werden die anderen angewiesen, am Besten beim Feuer zu bleiben, wenn auch ihnen freisteht, sich in der Hütte zu versorgen. Nur der Kreis ist heilig.


Dann packt sich Karkarrak ihren großen Zweihandhammer. Mit einem knappen „Zur Seite“ gen Thrym konzentriert sie sich und schwingt den Hammer im Kreis. Blaues, magisches Feuer erglimmt an der Hammerspitze, und ein etwa fünf Meter großer Kreis bildet sich um Karkarrak. Geübt ist dieser Kreis, wie es scheint, denn selbst ein Asura würde keine Delle oder Ecke an diesem Kreis erblicken können, so rund gelingt er. Die Schamanin und ihre Utensilien befinden sich nun innerhalb des Kreises, alle
anderen sind außerhalb. Der Hammer fliegt , lässig geworfen, ebenfalls nach draußen und landet mit kurzem Gepolter harmlos in einer Ecke, wo sich niemand befindet.


„Dies ist der Kreis der Geister. Nur jene sollen ihn barfuß betreten, die Gaben bringen, und nur jene sollen ihn verlassen, welche von dieser Welt sind. Nun brauche ich eine Schale sauberen Wassers, zwei Krüge Korbsbryggd, und ich werde den Kreis derweil erst einmal reinigen.“


Während das Bestellte geholt wird, kniet sich Karkarrak hin und schnappt sich die kleine Schaufel und den Handfeger aus Rabenfedern. Der Kreis wird von Geäst, Unkraut und kleineren Verunreinigungen gereinigt, und danach schön sauber gefegt. Dies geschieht immer im Uhrzeigersinn und von innen nach außen. Am Ende befindet sich Kralle in einem sauberen, fast völlig von ihren Fußspuren freien Kreis, dessen Außenränder noch leicht bläulich glimmen.


Nachdem sie die Biere und das Wasser entgegengenommen hat, platziert sie sich im Süden des Kreises, da wo die Wand in ihrem Rücken ist, und sortiert ihre Utensilien in einem Halbkreis um sich, alles in griffbereiter Entfernung. Die Schale mit dem Herdfeuer wird in der Mitte des Kreises platziert.


„Nun sammeln wir die Gaben für die Geister. Zu meiner Linken wird die Bärin sein. Bring mir die Gaben für die Bärin“. Auf einen Kommentar aus dem Publikum erwähnt sie noch: „Wer noch Gaben hat, darf sie Thrym übergeben“.
Thrym bringt nun zwei große Lachse, die in der Hütte auf dem Tisch lagen. „Vom besten Fischer diesseits des Flusses für die Bärin gefangen“, kommentiert Karkarrak.
Die Fische werden im Kreis platziert, in westlicher Richtung, mit den Köpfen nach Norden.


„Neben der Bärin wird der Wolf Platz nehmen. Ich gab Jagdbeute in Auftrag. Was hat der Jäger gebracht?“
Thrym schleppt nun einen stattlichen, frisch gejagten Hirsch heran. Groß und kräftig ist das Tier. Das Haupt ist gekrönt von einem beeindruckendem Geweih, zwölf Enden zäht man an jedem Horn. „'r Jäg'r bringt 'nen Hirsch für Brud'r Wolf. 'rlegt im Rud'l.“, komt es von Thrym. Er überlässt das Tier Karkarrak und neigt das Haupt etwas. Diese
nickt , nimmt das Tier mit einem leichten Ächzen und schleppt es zu seinem Platz, Gesicht wieder nach Norden gelegt. „Ein schönes Tier. Der Wolf wird dem Ritual wohlgesonnen sein.“ sagt sie anerkennend.


„Mein Gegenüber wird der Rabe sein. Ihm wird ein Gedicht gewidmet, denn er wünscht keine weltlichen Gaben.“ Karkarrak deutet auf den leeren Platz im Norden, und dann daneben, Richtung Nordosten.


„Die Häsin, oft verlacht, und dennoch ein Geist, den wir ehren sollten. Ich habe ihr Futter gebracht“. Sie holt aus ihrem Rucksack ein großes Bündel Grünzeug, stellt die Schale Wasser dort hin, und auch ein paar Karrotten werden bei der Häsin platziert. Hierbei zeigen die Spitzen nach Norden, da eine Karotte nun mal kein Gesicht hat.


„Ihr zur Rechten die Schneeleopardin. Einen jungen Eber habe ich aus seiner Rotte heraus gestohlen, und mit dem Hammer erschlagen. Bring ihn mir.“ Thrym holt den Eber. „Für'e Schneeleopard'n“.
Währenddessen nähern sich auch einige verspätete Gäste und platzieren sich etwas abseits. Karkarrak steht nun in einem Kreis, der geputzt ist und gefüllt mit nach Norden blickenden Gaben. Nur ihr eigener Abschnitt ist angefüllt mit kleinen Utensilien, zwei Reisighaufen. In der Mitte die Feuerschale mit dem Herdfeuer.


„Und noch einen Gast erwarte ich, doch für dessen Gaben ist gesorgt“. Karkarrak lächelt verschmitzt, was wohl hinter dem Helm ziemlich untergeht. Sie setzt sich wieder an „ihren“ Platz und fegt ihre eigenen Fußspuren beiseite.

Teil 2: Herbeirufung der Geister


Sie zündet nun die Reisigstapel an. Es raucht ziemlich, doch scheint dieses beabsichtigt zu sein. Sie gibt schnell von den Pulvern und Harzen zu den Feuern hinzu, und der Rauch wird süßlich, wohlriechend. Da dies unter freiem Himmel geschieht, ist der Effekt wohl etwas geschwächt, doch dürfte sie selbst in der Mitte da eine ordentliche Dröhnung Rauch abbekommen. „Setz dich ruhig,Thrym, ich brauche dich erst einmal nicht mehr. Ich erwarte nun die Präsenz der Geister.“


Nun summt Karkarrak etwa drei Minuten vor sich hin, immer wieder die beiden Feuer zu ihren Seiten anfachend.


ICH BIN KARKARRAK, KRALLE GENANNT“, ruft sie dann unvermittelt in den Nebel hinein.
„Ich ziehe unter den Schwingen des Raben. Mit dem Skelk im ewigen, freundschaftlichen Wettstreit, und mit dem Wolf im Bunde. Traurig sehne ich die Eule herbei, deren Rufe im Norden unter dem Gebrüll des Drachen verstummte“. Und auch dem Ochsen schenke ich eine Träne, und Dankbarkeit.


Doch heute lade ich in meinen Kreis sechs der großen Geister.


Ich lade dich ein, Bärin, zu meiner Linken“. Sie deutet auf den Bärenplatz.
„Gebracht haben wir dir frischen Fisch, vom besten Fischer der Region!“


„Ich lade dich ein, Wolf, mir schräg gegenüber! Jagdbeute suchst du, und ich habe dir folgendes mitgebracht: Einen prächtigen Hirsch, gefangen von deinem Anhänger, Thrym Blakkarson und seinem Rudel.“


„Ich lade Dich ein, Rabe, mir gegenüber im Norden, wo wir und direkt in die Augen blicken. Du suchst keine Gaben, doch ein Gedicht wird dich erfreuen. Auch habe ich etwas vorbereitet, was deine Schläue vor Freude tanzen lassen wird.“
Sie beginnt nun ein Gedicht für den Raben zu rezitieren.

„Nach Orr bin ich gelaufen, dort ist es still und stumm
Nur ein paar Norn, die saufen, meistens jedoch Rum.
Ansonsten keimt es täglich in jener toten Stille
Blüten zart und kläglich - das ist der Geister Wille
Nur hundert Jahr noch gehen bis alles voller Leben
Bis wieder Winde wehen und wieder Herzen beben.
Zhaitans Kadaver suchen, das war mein Verlangen
Doch gab es dort nur Fluchen, Tote und viel Bangen.
Nun kehr ich heim im Ganzen, Geruch noch in der Nase
Ein wenig Gold im Ranzen , das Herz voller Extase.
Ein Diadem als Gabe hab ich dir mitgebracht
denn in dem großen Grabe hab nur an dich gedacht.“

Dazu packt sie ein kleines Päckchen aus, welches sie am Waffenrock verstaut hatte. Ein kleines, orrianisches Amulett, welches sie an den ansonsten leeren Platz des Raben legt.


„Nun lade ich dich ein, Häsin, neben dem Raben. Du bist genügsam, schnell und vorsichtig. Darum stelle ich dir Wasser und gutes Futter, und versichere dir sicheres Geleit. Für drei Tage soll niemand aus unserer Runde Kaninchen jagen. Du bist eine sichere Zeugin, beobachtest schnell und voll Achtsamkeit, darum habe ich dich erwählt“.


„Ich lade dich ein, mir zur Rechten, Schneeleopardin. Wild aus der Tarnung heraus. Still und lautlos. Voll List habe ich einen Eber aus der Mitte seiner Rotte erschlagen. Er soll Dein sein.“


Dann wird ihre Stimme seltsam weich. „Und auch dich lade ich ein, Moa.“


Sie holt den kleinen Sack hervor und kramt scheinbar abwesend darin herum, die Ringe an ihren Händen klackern gegen Metall.
„Umschmeicheln soll man dich, oh Geist zwischen Geistern, zu Unrecht verschmäht und verlacht? Und bronzene Amulette sind das, was dich interessiert?“
Sie schaut in den Sack. „Oh, schön, was ich hier habe! Ein schönes, altes Amulett, handtellergroß. Wenn ich es besehe, sind da viele Verzierungen drauf, so alt, so alt, und sie sind wunderbar anzuschauen.“ Sie hat nun eine zuckersüße Stimme, mit der sie das Moa anredet. „Ich sehe, dein Interesse ist geweckt?, Moa. Setz dich, nimm dir einen Keks! Mach es dir schön bequem. Mir direkt zur Seite, auf einem Ehrenplatz!“


Sie setzt sich nun wieder gerade hin und nimmt ein Bier zur Hand. „Ho, ihr Anwesenden von dieser Welt. Erheben wir unsere Krüge auf die Geister und aufeinander, und begrüßen wir uns mit einem kräftigen „Ho!“
Das Publikum tut wie geheißen, mal mit mehr, mal mit weniger Elan. Karkarrak hebt ebenfalls den Krug und trinkt ihn in einem Zug leer. Der leere Krug wird dann wieder zu den Utensilien gestellt.


Nachdem die Begrüßung vorbei ist, schließt sie die Augen und fragt, relativ leise. „Sind die Geister präsent? Kann man sie hören? Sie sind leise, und dennoch nicht verstummt.“
Blaues Feuer erhebt sich nun von Karkarraks Händen, eindeutig magischen Ursprungs, und sie selbst scheint halb in der Wandlung in ein Totemtier festzustecken, nach der alten Art der Norn, sich zu wandeln.
„Ich spüre die Geister, und auch wenn ihre Präsenz früher deutlicher war, so sind sie dennoch mit uns. Bärin! Moa!“ Leopardin! Wolf!“ Häsin!Rabe! Sie sind mit mir im Kreis.“

Teil 3: Die Befragung

Die Schamanin schließt nun wieder die Augen und wiegt den Kopf, leicht summend, sich konzentrierend inmitten des rauchigen Nebels.


„Gut, beginnen wir. Ich bin Karkarrak, Streiterin zwischen Nebel und der Hiesigwelt. Wünsche ich dem Hof etwas Böses?“


„Sie bewirten mich gut, ich tausche dagegen. Sie halfen der Kolonie in der Not gegen die Rattenplage, und wir helfen gegen die Unbill und gegen Krankheit. Der Tausch bleibt gewahrt, die Freundschaft ist gewahrt, die Ehre ist gewahrt. Nein, ich will dem Hof nichts Böses.“
„Erhebe ich Anspruch auf das Objekt der Begierde?“


Mit einem Ruck präsentiert Kralle nun das besagte Amulett, indem sie es aus dem Sack zieht und hoch hält, so dass es jeder sehen kann. Die Scheibe
ist frisch poliert und glänzt im Widerschein des Feuers, und Gier scheint in den Augen der Schamanin zu glänzen. Es ist eine alte, glänzende Bronzescheibe, etwa handtellergroß, mit alten Mustern, die unbekannten Ursprungs zu sein schienen.


„Nein“, meint sie schließlich. „Denn ich selbst bin übervoll behangen mit Schmuck, und mein Zeichen ist nicht darauf zu erkennen. [[ooc: Screenshot-Lücke ]]


Dann streckt sie das Amulett Richtung Bärin.


„Wünscht die Bärin dem Hof etwas Böses? Gehört das Amulett der Bärin?“.
Sie wartet kurz eine Antwort ab und schüttelt dann den Kopf. „Die Bärin versorgt mit Wärme und Fellen, sowie Stärke und Kraft. Sie ist Behüterin dieses Hofes und will ihm nicht schaden, sondern schützen. Und es ist nicht die Bärin drauf zu erkennen.“


„Wünscht der Wolf dem Haus etwas Böses?“ wendet sich nun die Fragerunde an den Wolf. „Gehört das Amulett dem Wolf?“
„Nein, denn der Wolf jagt im Rudel, und Hinterlist in dieser Form ist ihm fremd. Wollte er dem Haus etwas Böses, so täte ers direkt, nicht über Amulette. Und
wer, fragt der Wolf, wer er sei, wenn nicht Teil des Rudels? Und auch sein Zeichen ist nicht auf dem Amulett. Er wird sich nehmen, was ihm zusteht, und das ist die Jagd nach dem Schuldigen.“


Die Rabenschamanin zögert nun kurz und wendet sich dann an ihr Gegenüber, den Raben.


„Wünscht der Rabe dem Hof etwas Böses? Gehört das Amulett dem Raben?“


Sie zögert diesmal etwas länger, und fragt dann nochmals nach. „Wünscht der Rabe dem Hof etwas Böses?“


Dann schüttelt sie erneut den Kopf. „Nein, denn der Rabe führt niemanden in die Irre. Er ist Beschützer, nicht Belästiger. Aas ist seine Beute, und kleine Tiere, aber niemals die Norn. Wer ich wohl sei, der dies in Frage stellt?“ „Ich bin Kralle, und ich frage jeden, auch solche, welche zunächst loyal erscheinen. Denn niemand ist frei von Verdacht. Ist dein Zeichen auf dem Amulett? Bist du erzürnt, weil dein Zeichen entfernt wurde aus dem Umkreis der Hütte?“


„Nein, das bist du nicht. Ein wenig verärgert bist du über die Frage. Doch das läuft zwischen Dir und mir, und wir werden es auf unserem Wege klären. Und auch Dein Zeichen ist nicht darauf zu finden.“ Sie nickt langsam. „Und du ziehst etwas heraus als Lohn, nämlich die Belustigung ob unserer kleinen Rätselrunde. Du ahnst es sicher schon, aber psst.“ Sie legt den Zeigefinger der freien Hand an den Mund.


Wünscht die Leopardin dem Haus etwas Böses? Gehört ihr das Amulett?“ Diesmal scheint die Antwort sofort zu erfolgen, denn das Zögern fällt aus.
„Blitzschnelle Verneinung, ich verstehe schon. Auch du jagst mit den Norn, wenn auch abseits der betretenen Pfade. Die häusliche Nähe ist dir meist zu viel, und dich zieht es, so bald es geht, wieder in die Wildnis. Nicht lang, und du wirst deinem Wunsch entsprochen sehen.“


Karkarrak dreht nun das Amulett um und betrachtet es erneut.
„Sprich, Amulett, wem du gehörst? Du gehörst dem Hof, dem Boden unter unseren Füßen. Hergestellt in altvorderer Zeit, als die Norn noch weit im Norden lagerten. Du dienst Geistern, die wir nicht benennen können. Sie kriechen an den Ecken der Wahrnehmung, und ihr Zorn richtet sich gegen wen? Wir werden es bald erfahren.“


„Wünscht die Häsin den Hof Böses?“ wird nun die nordöstliche Ecke befragt.
„Nein, nur Furcht und Annäherung zu gleichen Teilen, aufmerksam verfolgend, sich ernährend und dabei stets bereit zur Flucht statt zum Kampf. Sie ist so sanft,“, sie legt den Kopf schief, „so süß, keine Hinterlist fällt ihr ein, außer zur Flucht. Und auch ihr Zeichen ist nicht zu sehen, und sie ist froh, wenn sie ihre Belohnung bekommt. Und deutlich beobachtet sie alles, um zu erzählen.“


Karkarrak putzt nun nochmals das Amulett theatralisch mit dem Handfeger und hält es dann versonnen mit der Linken hoch, mit dem rechten Arm sich ausgiebig und
theatralisch streckend.
„Wünscht das Moa dem Heim Böses? Gehört ihm das glänzende, bronzene Amulett, das so reich verziert ist, hier in meiner Hand? Komm, Moa, beschau es dir näher!“


Die Schamanin macht eine ausladende Geste, und mehrere Dinge geschehen gleichzeitig. Die beiden Feuer qualmen auf, blaue Flammen züngeln, und in dem Nebel
dazwischen kämpft statt der Norn ein drei Meter großer Rabe mit einem unsichtbaren Moa. Eine Tierwandlung, wie in alten Zeiten, und nur noch selten zu sehen. Weiße Federn stieben, man hört Gekreische, und nach dem kurzen, lauten Chaos steht Kralle wieder in Nornform da, das unsichtbare Moa fest an der Gurgel gepackt.


„HAB DICH, DIEB!“


„Denn wir wissen, dass du keine Bronze herstellst. Und dein Zeichen ist nicht auf dem Amulett.“
„Wir wissen, dass du nur dumm herum pickst und Eier legst. Dein Atem ist schlecht, dein Brüllen komisch, diene Federn bunt, aber schwach gegen Feinde. Und
deine Krallen machen mir keinen Respekt. Nicht einmal fliegen kannst du, Vogel! Du bist diebisch, diebisch wie der Skelk, und behauptest du, das Amulett sei deins, so bist du als Lügner entlarvt.“



Teil 4: Urteil und Strafe

„SCHAUT, IHR NORN, SCHAUT, IHR GEISTER! Ich habe den Schuldigen, der die namenlosen Geister kränkt! Die Tat ist klein, ein Diebstahl, nicht mehr! Wie ist die Strafe?“
Etwas leiser wendet sie sich nun an das Feuer mit dem Publikum. „Wie ist die Strafe für feigen Diebstahl in dieser Welt?“.


Zögerlich beraten sich die Norn, und man kommt überein, dass „Hand ab“ wohl eine Strafe wäre. „Eine harsche Strafe, aber eine Strafe“, kommentiert die Schamanin, das
unsichtbare Biest immer noch in der Hand haltend. „Oder bei nem Vogel, der kommt in die Pfanne“, brummt der Legendenkoch.
Dann wendet sich Karkarrak an die Geister. „Wie ist die Strafe für Diebstahl in der Geisterwelt? Ich weiß es nicht, denn ich ließ mich nie erwischen“. Sie setzt sich wieder, das sich wohl wehrende Vieh noch immer in der Hand.


„Ich denke, die Strafe wird sein: Den ungenannten Geistern aus altvorderer Zeit wird ein Opfer gebracht, ein passendes Opfer, und das Moa wird mit Spott davon gejagt.
Scher Dich davon, renne über die Berge nach Norden, und pick auf deiner Wiese, dis du dich beruhigt hast und bereust! Und ihr Norn, gebt acht auf die diebischen Kinder des Moa, die picken und glänzende Dinge stehlen wie sonst nur Skritt es tun! Und nun spotten wir über das Moa!
Mit einem Klaps lässt Karkarrak das imaginäre Moa nun los und steht dann auf zu einem kleinen Tanz, welcher wohl ein pickendes Moa komisch darstellt. „Moafleisch als Opfer für die Ungenannten Geister, das habe ich mit. Sollen sie sich es im Herdfeuer holen!“
Währenddessen sammelt sich Spott im Publikum.
„Moas haben komische Köpfe. So kahl und hässlich. Da kann der Rest noch so schön befiedert sein.“
„Moa hab'n kle'ne Flüg'l. Vög'l, die nich' flieg'n könn'n. Nix halb's un' nix ganz's“
„Und das Fleisch ist so furztrocken“ - (worauf sich allerdings eine Diskussion ergibt)
„Die Dings... die Beine sind so dünn! Schaut doch nur, so dünn!“
„Das Kreischen ein Gesang, gegen das Höggers Schnarchen eine wohlklingende Symphonie ist!“


Die Schamanin wirft nun ein: „Für die Geister des Amulettes eine Sühnestrafe, statt einer abhackten Hand.“ Sie gibt mehrere Streifen Moafleisch in die Flammenschale.


„Ein Moa taugt nur auf dem Grill was“
„naja, das Fleisch ist launig. Einmal nicht hingeguckt und es ist staubig wie ein Dachboden“



Teil 5: Platzierung des Amulettes und Verabschiedung


Nach dem Spott spricht die Schamanin wieder in ruhigem Ton, mit dem Tanzen aufhörend.


„Nun denn, die Tat ist gesühnt. Nun entscheiden wir, an welchen Platz das Amulett kommen mag.“
Sie zählt nun die Optionen auf, die von den Geistern und vom Publikum eingeworfen werden.


  • Die Ungenannten Geister wünschen sich den Legendenbogen.
  • Im Abort, kichert die Häsin! Doch nein, nach dieser Tat zollen wir auch den Namenlosen ein wenig Respekt
  • Am Vorratshaus! Ruft es, und ich kann nicht ersehen, wo dieser Vorschlag herstammt. Wollen wir namenlose Geister bei der Nahrung?
  • Zerteilt es in alle Richtungen! Will der Wolf. Im Norden, Süden, Westen und Osten. Geteilte Kraft ist doppelte Kraft in diesem Fall, und ein Rudel voll namenloser Geister schützt besser als einer.
  • Die Bärin bietet die warmen Felle in der Hütte. Wollen wir den Hüttenboden aufgraben? Die Namenlosen werden wohl gesonnen sein, denn sie lieben die Wärme und die Träume der Norn. Sich an ihnen laben, ohne zu schaden. So säuseln sie zumindest!
  • Unterm Feuer auf dem Hof? Spricht der Rabe, denn dort ist ihnen ungeteilter Respekt gezollt, und zugleich sind sie dort niemandem im Weg. Graben wir im brennenden Feuer ein Loch, um das Amulett dort sicher zu versenken? Die Aufgabe ist schwierig, doch auch da wären die Geister zufrieden.
  • Und am Dachsims? wirft es aus dem Publikum ein.
  • Die Schneeleopardin flüstert mir einen anderen Plan zu, den ich nicht verraten werde, damit die Geister... doch auch das ist eine Option. Eine Option voll List und Zorn.


Nach der Aufzählung übergibt die Kralle das Wort an die Norn. „Die Entscheidung ist zu groß für mich alleine Mein Weg wäre der Schneeleopardin Option, aber entscheidet ihr. Nicht aus Loyalität zu einem der Geister, sondern aus eigenem Denken!“
Die Norn beraten nun, es geht hin und her, und am Ende entscheidet man sich für einen Platz am Legendenbogen, genau mittig.


„Gut, an den Legendenbogen.“ Karkarrak nimmt das Amulett, den Hammer und zwei Nägel, tritt damit an den Rand des Kreises und hält alles drei Thrym hin. „Nagel es gut fest, damit es nicht wieder gestohlen wird. Ich werde die Geister nun still verabschieden, und das Ritual beenden.“
Während sich nun zwei Norn daran machen, zum Legendenbogen hoch zu gelangen, beendet Kralle still das Ritual. Auf besonderen Wunsch eines der Anwesenden
sendet sie auch Grüße an die verschollene Eule. Sie setzt sich nochmals und lässt nochmals Rauchschwaden aufsteigen, murmelt in einem Singsang vor sich hin, leise, in sich gekehrt, bis Feuer und Bannkreis wie von selbst erlöschen.


Dann blickt sie auf und setzt den Helm ab. „Damit erkläre ich das Ritual für beendet. Die Gaben an die Geister bringen wir nachher zu den Schreinen, auf dass sich die entsprechenden Tiere daran laben können.“ Sie packt ihre Sachen zusammen, schnallt den Hammer auf dem Rücken fest und den Rucksack um. Sie zieht die Gaben an die Geister ein wenig aus dem Weg und genehmigt sich das zweite Bier.

Kommentare 3

  • Sehr schön und danke, dass Du alles nochmal aufgeschrieben hast. Ich wäre sehr gern dabei gewesen, aber vielleicht weiß Rona ja bescheid. ;) *krah*

  • Absolut großartig, Kralle.
    Es war mehr als nur wundervoll.

  • Phantastisch! <3