Warnung: Gewalt/Vergewaltigung
Explizite Lesewarnung
Ein bisschen Kampf, ein bisschen Blut, angedeuteter Rape
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~ Maguuma-Dschungel, Sommer 1316 ~
"Was willst du damit sagen, er hat sie verloren?"
Der schwarze Panther tapste ziellos zwischen den Dornsträuchern umher, und Yvara tobte vor Wut. Eine ungnädige Sonne hämmerte auf ihre Köpfe nieder, und der sandige Boden war schon wieder so trocken und rissig, als hätte es nie gewittert. Schinkenwurst stand neben ihr und zuckte mit den Schultern.
"Ist kein Wunder.", sagte er. "Der Regen hat die Fährte verwaschen."
"Das IST MIR AUCH KLAR! Warum hast du mich nicht vorgewarnt, du nutzloses Stück Bullenscheiße?!"
Er glotzte sie an wie ein unbedarftes Kleinkind und blinzelte irritiert. "Du hast nicht gefragt."
Yvara presste die Lippen scharf aufeinander. Es war alles was sie tun konnte, nicht weiter zu schreien. Ich sollte ihn exekutieren, hier und jetzt. Allein schon weil er mich duzt. Nur dass sie die Fährte dann nicht wiederfinden würde. Mit einem Schlag waren all ihre Ängste wieder da. Keine Ängste, sagte sie sich, bloße Unannehmlichkeiten. Oder doch nicht? Sie konnte nicht länger vorgeben, sich ihrer Sache sicher zu sein. Unfähigkeit war eine häufige Begründung für das Todesurteil. Was wird Zevron tun, wenn die Sklaven in diesen Schluchten verloren gehen? Sie kannte die Antwort bereits. Es war nicht Schinkenwursts Kopf, der rollen würde. "Man verschleudert das Eigentum des Weißen Mantels nicht leichtfertig." Zevrons letzte Worte an sie, bevor er sie losgeschickt hatte um die zugeteilten Männer zu instruieren. Und jetzt standen sie hier. Die drei Banditen blickten sie argwöhnisch an. Erst dadurch fiel ihr auf, wie lange sie geschwiegen hatte. Sie spüren meine Furcht. Diese Vorstellung ängstigte Yvara mehr als alles andere. Sie würde keine Schwäche erdulden. Ihre eigene am allerwenigsten. Sie würde diese Schmarotzer eher allesamt tot sehen, als in Schande zurückzukehren.
"Weiter.", zischte sie unterdrückt. "Finde sie."
Die Suche nahm zwei weitere Stunden in Anspruch, bevor ihr endlich ein Stein vom Herzen fiel. Die unfruchtbare Felslandschaft der Einöden war genauso höllisch wie der Urwald, und trocken. Hinter den meisten Ecken lauerte ein gähnender Abgrund, jeder tiefer als der vorige, die einheimischen Insekten schienen nur noch riesiger zu werden, und Yvara hatte bald das Gefühl dass sie im Kreis liefen. Ihre Lippen waren spröde, ihr Unterhemd nass durchgeschwitzt, und Pickelfresse jammerte im Stundentakt nach einer Rast. Sie wollte Nichts davon hören. Es gab immer noch einen Schritt zu setzen. Und noch einen. Und einen weiteren. Sie fing an die Hautflocken zu zählen, die sich von Schinkenwursts sonnenverbranntem Stiernacken pellten. Sie war bei Vierunddreißig angekommen, als sie sich mit der Vorstellung zu arrangieren begann, dass die Sklaven inzwischen das Futter eines Riesenkäfers waren.
Und dann sah sie ihr Lager. Kurz glaubte sie in der Hitze zu halluzinieren, aber da war es. Yvaras Instinkte waren zu gut gestählt, als dass sie sich einen Laut der Erleichterung gestattet hätte, bevor sie den Männern das Zeichen gab in Deckung zu gehen.
"Leichte Beute.", raunte Pickelfresse belustigt, doch eine Handgeste brachte ihn zum Schweigen.
Er hat recht, realisierte sie. Keinerlei frische Spuren führten hin oder fort von der kläglichen Geröllnische, in der die Sklaven ihr Nachtlager aufgeschlagen hatten. Der Unterschlupf hatte sogar Platz für ein mickriges Lagerfeuer aus trockenen Zweigen geboten, das inzwischen erloschen war. Es sprach Bände, dass die Ungläubigen ein solches Risiko bereits in Kauf nahmen. Yvara hatte korrekt vorhergesagt, dass die beiden am Ende ihrer Kräfte waren. So wie sie aussahen, hätten sie die Nacht ohne ein bisschen Wärme kaum überstanden, und waren auch jetzt zu erschöpft um ihre Flucht ins Ungewisse fortzusetzen. Die Frau lag schlafend im Schatten ausgestreckt, kraftlos und durchgeschwitzt, ihre blonden Locken ungepflegt verknotet. Für den Mann war dort kein Platz mehr, und so saß er zusammengesunken im Dreck, mit dem Rücken nach außen und der Kapuze seines zerrissenen Mantels tief ins Gesicht gezogen, um sich gegen die mörderische Sonne zu schützen.
"Holzkopf, Schinkenwurst, nehmt die Mitte.", kommandierte Yvara. "Pickelfresse, Kleiderständer, linke Flanke, ich nehme die rechte. Meinen Bogen."
Der Lehrling reichte ihr Bogen und Köcher. Sie bespannte ihre Waffe, nockte den ersten Pfeil auf und setzte sich in Bewegung. Ohne ein weiteres Wort schwärmten die Männer aus, um die Sklaven zu umzingeln. Es gab keinen Fluchtweg außer dem über das Geröll. Wenn die Narren versuchen sollten zu klettern, würde Yvara ihnen Federn sprießen lassen. Schmunzelnd hielt sie ihren verlässlichen Jagdbogen im Anschlag, noch ohne die Sehne auszuziehen.
Schritt für Schritt rückten sie näher. Der sandige Boden knirschte unter ihren Stiefeln, während die Schlinge sich unausweichlich zuzog. Die Jagd hatte ein Ende gefunden. Holzkopf und Schinkenwurst stapften direkt auf die Felsnische zu, der Krieger mit der Axt in der Faust, der Waldläufer mit seinem Panther zur Seite. Die entkräfteten Sklaven hörten sie nicht einmal kommen, obwohl Niemand sich in Anbetracht der Tatsachen noch bemühte zu schleichen.
"Schluss jetzt mit den Scherzen.", brummte Holzkopf, der sich hinter dem sitzenden Mann aufbaute. "Wir haben euch umstellt, Ketzer. Steh' auf."
Er erhielt keine Antwort.
"Aufstehen, hab' ich gesagt."
Eine sanfte Brise strich durch den löchrigen Mantel, doch darunter regte sich Nichts. Yvara spürte sofort dass etwas faul war, doch Holzkopfs Züge härteten sich nur ärgerlich. Mit einem groben Ruck zog er die Kapuze des flüchtigen Sklaven zurück. Darunter fielen nur ein paar Zweige und Steine in sich zusammen.
Pickelfresse, Schinkenwurst und Yvara machten alle drei gleichzeitig den Mund auf. Aber bevor auch nur irgendjemand etwas rufen konnte, ertönte ein fleischiger Schlag, und plötzlich ragte ein kruder Speerschaft aus der Flanke des schwarzen Panthers. Die Raubkatze des Ascaloniers stieß ein tosendes Brüllen aus und ging durch. Während der Panther davon schnellte, sprang die schwitzende Frau plötzlich mit einem Aufschrei aus den Schatten, zog einen dicken morschen Ast zwischen dem Geröll hervor und erwischte den überrumpelten Holzkopf satt am namensgebenden Körperteil.
Die Sucherin sah einen dunklen Schemen im Augenwinkel und fuhr herum, den Bogen in die Richtung hebend aus der der Wurfspeer gekommen war. Sie hatte kaum halb gespannt, als es einen derben Stoß tat und ihr Pfeil eiernd ins Nichts zischte. Die Welt drehte sich ruckartig, und im nächsten Moment fand Yvara sich auf dem Rücken wieder. Als sie benommen umher tastete, konnte sie ihren Jagdbogen nicht mehr finden. Ihr Kopf schwamm, und ein seltsames Rauschen lag ihr in den Ohren. Dann erst kam der Schmerz. Zunächst pochend und dumpf, dann stechend. Sie führte die Hand rechts an ihren Hals und hielt sie sich blutig wieder vor Augen. Verdammt. Stöhnend und blinzelnd zog sie sich an einem Felsen hoch, sank jedoch direkt wieder nach unten. Mit wildem Blick sah sie sich um.
Holzkopf war auf dem Boden und schützte seinen Schädel mit den Armen, während die Frau kreischend auf ihn einprügelte. Ihr improvisierter Knüppel hatte bereits mehrere hässliche Platzwunden geschlagen. Schinkenwurst kämpfte mit einem Monster. Gerade schlug es mit einen langen Stock nach ihm, an dessen Ende Stoffstreifen und Steinsplitter baumelten, und fegte dem Ascalonier sein rostiges Kurzschwert aus der Hand. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie, dass das Monster ein Mann war - der Sklave hatte sich von Kopf bis Fuß mit Schlamm eingerieben, und die Risse im sonnengetrockneten Dreck ließen ihn aussehen wie einen steingewordenen Rächer der Elemente.
"Hilfe", krächzte Yvara, aber Niemand hörte zu.
Ein Pistolenschuss knallte, doch die Kugel schien Nichts zu treffen. Der morsche Ast der Sklavin splitterte an Holzkopfs knorrigen Unterarmen, doch das hielt sie nicht davon ab wieder und wieder zuzuschlagen. Derweil stocherte der defekte Speer des verdreckten Angreifers wiederholt und hart auf Schinkenwursts bullige weiße Muskeln ein. Der Ascalonier schnaufte nur trübselig, während er aus vielen kleinen Wunden blutete und zurückgetrieben wurde wie ein bedrängtes Rindvieh. Dann plötzlich schoss seine gesunde Hand nach oben, bekam den Speerschaft zu fassen und entriss seinem Peiniger die behelfsmäßige Waffe mit einem starken Ruck. Der männliche Sklave stolperte, während Schinkenwurst das Stück Holz fortwarf, und die Frau riss den Blick panisch von Holzkopf los, der zerprügelt im Dreck lag. Sie eilte ihrem Kameraden zuhilfe, doch noch während sie mit dem Knüppel ausholte, fuhr der massige Ascalonier beinahe katzengleich auf dem Absatz herum und drosch ihr seine barbarische Hakenfaust mitten ins Gesicht. Der robuste Stahl zertrümmerte ihre Nase mit einem blutspritzenden Krachen, und sie flog von den Füßen, gliederschlackernd wie eine fallengelassene Handpuppe. Eh der andere Sklave sich auf den Waldläufer stürzen konnte, erfasste ihn aus dem Nichts eine schwarzgrüne Wolke. Dunkle Schlieren griffen nach ihm, und surrende schwarze Punkte schwirrten darin umher. Er schrie, und es stank erbärmlich, und im nächsten Moment hatte das Blatt sich vollends gewendet.
Der eine Sklave floh Hals über Kopf, die andere lag darnieder und hielt sich wimmernd ihr Gesicht. Holzkopf war erstaunlicherweise schon wieder auf den Beinen und sah ziemlich fertig aus.
"Ihm nach..", stöhnte er und wankte dem Flüchtigen hinterher. Ausnahmsweise hatte er keinen frommen Satz auf den Lippen. Pickelfresse zögerte nicht lange dem Krieger vorauszueilen; sein modriger Stab pulsierte vor Verderbnis.
Schinkenwurst schenkte der Verfolgungsjagd ebenso wenig Beachtung wie der Tatsache, dass sein Tiergefährte wahrscheinlich irgendwo zwischen den Felsen verblutete. Yvara hatte noch nie einen Mann gesehen, der seinen Hosenstall so schnell mit nur einer Hand öffen konnte. Die blonde Sklavin kreischte panisch, als er sie an den Haaren packte und zurück in die Schatten zerrte. Es half ihr nicht viel. Er legte sich über sie, grunzend.
"Hilfe", krächzte Yvara, und diesmal hörte Jemand zu.
Kleiderständer ließ seine Pistole fallen, wuchtete den Rucksack auf den Boden und begann darin zügig zu kramen, während er ihr wiederholt absichernde Blicke zuwarf.
"Wie schlimm ist es?", hauchte sie zu ihm hinauf. Ihre Stimme war schwach, und sie fühlte sich schwindlig. Ihr Oberkörper war nass. Der Geruch nach Eisen stach ihr in die Nase.
"Es blutet ziemlich stark." Er sprach zum ersten Mal seit ihrem gemeinsamen Aufbruch, wie ihr auffiel. Die Stimme des Lehrlings war ebenso schön wie er selbst, samtig und beruhigend, aber ernst nichtsdestotrotz. "Die Steinspitze ist beim Stoß abgebrochen und steckt noch drin.", stellte er fest, nachdem er sich für einen genaueren Blick über sie gebeugt hatte.
"Kannst du.. die Blutung stoppen?" Im Hintergrund klatschte es feucht und rhythmisch, sehr beharrlich. Die Sklavin heulte.
"Ich denke das könnte ich.", sagte er. Yvara war zu müde, um Erleichterung zu empfinden. Müde.. so müde. Könnte, realisierte sie. Und ihr fiel auf, dass er kein Verbandsmaterial aus dem Rucksack gezogen hatte, sondern ein Messer.
Ihre Augen weiteten sich, und plötzlich fühlte sie sich bedeutend weniger müde. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, doch auch ihr Blut schien nur umso dicker zu fließen. "Nein-", hauchte sie, "Nein..."
Er schwieg, vermummt wie er war. Seine Augen waren strahlend blau, und sie trauerten, und fürchteten, und hassten.
"Wenn du mich abstichst-", stammelte sie, "werden alle.. alle wissen dass du Verrat begangen hast."
Darüber schien er einen Moment lang nachzudenken. "Du hast recht.", gab er zu, und legte das Messer beiseite.
"D-Dein Name ist.. Humphrey, richtig?" Yvara biss die Zähne zusammen und kämpfte sich auf die Ellbogen hoch. Bei allen Göttern, es tat so weh. Die umliegenden Felsen hallten wider mit Schinkenwursts Beckenstößen. "Wer auch immer dich schickt, Humphrey, ich.. ich überbiete ihn."
"Mein Name ist Godfrey.", sagte er. "Und du stehst meiner Karriere im Weg."
Kleiderständer Godfrey drückte die Speerspitze tiefer in ihren Hals, und Yvara ertrank in ihrem eigenen Blut.
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