"Verstehst du? Ich meine, niemand will irgendwas mit ihm zu tun haben. Autsch! Pass doch auf." Sie war zusammengezuckt und starrte Alesha jetzt vorwurfsvoll entgegen, dessen Bemühungen die zähe Salbe auf ihrer Schulter zu verteilen ihrer Meinung nach nicht behutsam genug waren. Doch wandte sie sich gleich darauf wieder dem eigentlichen Thema zu. "Eigentlich gehen ihm irgendwie alle aus dem Weg. Der ist doch nicht blöd. Das merkt der doch." Der Iorga lächelte über ihre ehrliche Verständnislosigkeit und hatte die Stimme selbst zu einem entspannten Brummen gesenkt. "Warum verbringst du dann nicht einen schönen Nachmittag mit ihm?" schlug er gleichmütig und mit mildem Spott vor, als spräche er von Stunden voll Wärme und Harmonie, seine Finger abermals in den Tiegel mit dem scharf riechenden Tierfett tauchend. Sie kräuselte die Nase. "Er guckt mich an, als wäre ich ein giftiges Insekt." gab sie missmutig zu und erntete dafür ein amüsiertes Schnauben. "Ich meine, er ist doch kein zweiter Nicolae." sprach sie weiter, nur um gleich darauf selbst über ihre Worte zu stolpern und seinen Blick abermals zu suchen. "Ist er ein zweiter Nicolae?" - "Halt still." laute seine Antwort, die sie unbefriedigt zurück ließ und sein Unwille näher auf den gegenwärtigen Besuch einzugehen brachte sie immerhin für ein paar Augenblicke zum Schweigen.
"Ich möchte nicht, dass du..." brach er die entstandene Stille dann und suchte nur kurz nach einer gefälligen Formulierung "...dich weiter so intensiv mit ihm beschäftigst." Der Blonde machte sich nicht die Mühe für diese Worte von ihrer Schulter aufzublicken, auf der immernoch bedächtig seine Finger kreisten. Das war auch nicht nötig. Er brauchte seiner jungen Frau nicht ins Gesicht zu sehen um zu wissen, dass ihr der beherrschte Unterton in seiner Stimme nicht entgangen war. Er musste sich auch nicht vergewissern, dass sie verstanden hatte, dass er nicht von Eugen-Paul sprach. Und er kannte sie gut genug um zu wissen, dass sie ein beschwichtigendes Lächeln aufgesetzt hatte, als er sie zu einer Antwort ansetzen hörte, die er mit einem festen Griff um das lädierte Schultergelenk zu verweigern wusste, bevor sie ihre Lippen überhaupt verlassen konnte. Das schmerzerfüllte Zischen, das er stattdessen zu hören bekam, versicherte ihm, dass er die nachdrückliche Entschlossenheit seines Anliegens deutlich gemacht hatte. "Hast du mich verstanden, Lynn?" fragte er trotzdem ruhig, wobei seine Finger ihre Arbeit behutsam wieder aufnahmen und den letzten Rest der Salbe in die Haut einmassierten: "Das hat ein Ende." Wieder innehaltend sah er nun doch auf und ihr dabei zu gedanklich ihren Verhandlungsspielraum abzuschätzen, bis sie schließlich bedächtig nickte.
"Es hat ein Ende." bestätigte sie ihm leiser und wurde für diese neue, bessere Antwort mit einem Kuss auf die Schläfe belohnt. Dann wandte er sich ab um den Tiegel zu verschließen. Sie zog die Bluse über ihre Schulter und knöpfte sie zu. Als sie sich danach beide fertig machten um zum Frühstück nach unten zu gehen, geschah dies still, weil für den Augenblick keiner von ihnen bereit war einen Schritt auf den anderen zuzugehen. Solange zumindest nicht, bis er sie plötzlich leise auflachen hörte. "Eugen-Paul ist ein bescheuerter Name, findest du nicht?" platzte sie heiter heraus und rieb sich gleich darauf den Hinterkopf, auf den sie für diese Worte einen mahnenden, aber sanften Klaps bekommen hatte, der es nicht vermochte ihre Laune zu trüben.
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