Leben

Arlassia betrachtete sich im Spiegel. Sie war allein im Schlafzimmer des gemeinsamen Heims, welches sie so bald hinter sich lassen würden. Die Vorhänge hatte sie alle zugezogen und schützte sich so vor neugierigen Blicken von außen. Das zarte, aber sehr schlichte Nachthemdchen verhüllte ihren Körper und fiel in lockeren Falten hinab. Sie schürzte die Lippen und engte den Blick, ehe sie es vom Leib striff und fallen ließ.


Die blauen Augen betrachteten ihr Spiegelbild kritisch und musterten jede Unebenheit des unbekleideten Körpers. Die nicht mehr ganz makellosen Brüste, welche die Zeichen ihrer Schwangerschaft mit Rosalie trugen wurden ebenso mit den Augen abgetastet wie der Bauch, auf dessen Haut sich das kleine Töchterlein verewigt hatte. Verblasst waren die Linien, die Streifen die entstanden waren obwohl sie ihre Haut stets gepflegt hatte. Dennoch konnte sie der Belastung nicht standhalten.


Arlassia lächelte sacht, neigte den Kopf ein wenig und stellte sich seitlich zum Spiegel. Sie liebte jede einzelne Spur des Kindes, welches sie geboren hatte. Warum auch nicht, denn es zeigte nur, dass sie ein Leben geschenkt hatte. Ein sehr wundervolles Leben noch dazu.


Sie betrachtete ihr Seitenprofil und grinste. Es war albern und dennoch tat sie genau das, was sie eben gerade tat. Sie kontrollierte, ob man schon etwas sehen konnte. Man sah nichts, denn es war zu früh. Und dennoch ertappte sie sich dabei, wie sie sich jetzt schon darauf freute zu sehen wie das Leben in ihr heranwuchs. Ob auch dieses zweite KInd seine Spuren auf ihrem Körper hinterlassen würde? Sie streichelte den noch flachen Bauch zart und lachte leise. Sie war glücklich.


Sie musste kichern, als sie an das Gesicht ihres Mannes dachte. Es hatte einige Augenblicke gedauert, bis er verstanden hatte was sie ihm da gerade gesagt hatte. Einen Moment des Unglaubens hatte es gekostet und dann setzte die unbändige Freude ein. Sie beide hatten zusammen den Grundstein zu etwas Großartigen erschaffen.


Ein neues, unschuldiges Leben.

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