Da es um (unschuldiges) nächtliches Nacktbaden geht, setze ich es mal vorsichtshalber in den Spoiler!
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Der Strand wirkte verlassen und selbst der nahe Hafen, auf dem sonst so viel Trubel herrschte, war völlig menschenleer, schlief unter dem großen, tief stehendem Mond. Wer an diesem Abend die Sterne zählen wollte, musste viel Zeit und Geduld mitbringen. Tausende von ihnen glimmten hoch oben, spiegelten sich im Meer, warfen durch ihr flackerndes Ebenbild im Wasser, das Licht zurück zum tiefblauen Himmel. Trotz der voranschreitenden Nacht und der Dunkelheit, die der ein oder andere Felsen am Ufer warf, sah man ausreichend – selbst in die Ferne. Geschuldet dem runden Vollmond in all seiner Pracht. Nur seichte Wellen trafen auf den sandigen Untergrund des Strandes. Aber irgendwie waren die Geräusche des Meeres – das anhaltende und rhythmische Rauschen – unheimlich laut. Sie hatte zumindest das Gefühl, dass es ohrenbetäubend war. Nicht einmal die vom Windzug erwischten raschelnden Palmenblätte, schienen so laut zu sein wie der Ruf des Wassers.
Im nassen Sand hinterließ sie Fußspuren und bald schon kitzelte die erste Welle an ihrem großen Zeh. Minna erwischte sich dabei, wie sie sich auf die Unterlippe biss. Sie war sich sicher allein zu sein. Alle anderen waren gut mehrere Hundert Schritt im eingerichteten Lager und es war ein anstrengender Tag gewesen. Dinge wurden besprochen, erledigt und auf den Punkt gebracht. Nur zwei Knoten musste sie lösen, um ihrer Haut die Freiheit zu schenken, die sie verdient hatte. Danach verlangte jede Zelle ihres Körpers seit der Ankunft in der Hafenstadt. Heute war es endlich soweit. Ihr Körper hatte nun einige Reisen mitgemacht, die makellose Haut zierten noch mehr Sommersprossen als früher und mit jedem Sonnenbad kamen neue hinzu. Sie hatte schon immer breitere Hüften gehabt, mittlerweile jedoch hatte sie die Polster drum herum verloren. Hier und da war sie schlanker, definierter als noch vor zwei Jahren. Die Narbe an ihrer Schulter war zwar verheilt, würde ihre Haut aber bis in alle Ewigkeit zieren. Genauso wie die kürzeren ehemaligen Verletzungen an ihrem Rücken – mehrere gleich, jedoch alle nicht weit weg von einander und viel blasser als die große Narbe.
Sie streckte sich nach den Sternen im Himmel und verharrte einen Augenblick in dieser Position. Trotz ihrer Sicherheit, dass dort niemand war, der sie beobachten könnte, schwenkte sie den Blick nach hinten. Ganz kurz nur. Das blasse Flieder flog über den Strand und selbst wenn dort jemand gewesen wäre, ihn hätte vermutlich nur ein weiches und mildes Lächeln getroffen. Jenes prophezeite Lächeln und ihre Aufmerksamkeit wanderten kurze Zeit später wieder nach vorn, hin zum Horizont des Wassers, den man nur schwach erahnen konnte.
Ein Schritt in die richtige Richtung folgte, denn der Ruf des Meeres wurde lauter und das kühlende Nass schwappte an ihrem Oberschenkel hinauf. Das blonde Haar, viel länger als früher, zog sich am Rücken hinauf als sie deswegen hinabblickte. Winzige Glitzerperlen hinterließ das Wasser auf ihrer Haut. Dazu gesellte sich, nach weiteren Schritten, wohlige Gänsehaut und zog sich über ihren ganzen Körper. Ein weiterer Biss auf die Unterlippe folgte.
Langsam nur ließ sie sich auf die Vereinigung mit dem Wasser ein, ließ ihren Körper vollständig vom kühlendem Nass umschließen. Sie zelebrierte den Augenblick und sicherlich auch die ganze Nacht in der sie das Meer ganz allein für sich hatte. Enthüllt und in all seiner Schlichtheit – bis hin zum Augenblick, in dem sie sich atemlos am Ufer wiederfand und es Zeit wurde sich wieder anzuziehen und den anderen das Frühstück zu machen.
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