Die Glaubensfrage
Die blonde Köchin musterte die illustre Runde, in der sie saß. „Jetzt ehrlich… wir eignen uns doch gar nicht für diese Göttersache. Zu gemischt, zu bunt… einige nicht einmal gottesfürchtig.“ spricht sie nachdenklich, dass sie an die Götter glaubte, war allseits bekannt. „Vielleicht eignen wir uns gerade deswegen. Es geht hier nicht nur darum den Verbleib der Götter zu klären, sondern auch, den eigenen Weg zu bedenken. Und einige Skeptiker sind auch nicht verkehrt. Die gehen logischer zu Werke.“ wirft die ehemalige Seraphin mit dem kurzem, roten Haar ein. Helma fand immer die richtigen Worte. „Hmm.“ Sarina nickt sachte und überlegt vermutlich laut: „Aber sie brauchten Kämpfer… und das seit ihr doch! Also, naja – zumindest die der Odyssee.“ Ein leises Minna-Brummen bekam sie zur Antwort: „Kämpfer. So oder so ähnlich.“ Die erfahrenste Kriegerin und Kämpferin der Runde meldete sich zu Wort – eine der vielen Rothaarigen. Andras Stimme klang bitter: „Dieses Mal haben wir richtige Auftraggeber und wir sind ihre _Söldner_.“ An diesen Gedanken konnte sich Minna nicht gewöhnen. „Irgendwie folgt ein Großteil den anderen. Wenn Leza fragt, egal was es ist, folgen ihrem Ruf immer ein paar von uns. Und diesen Paar folgt dann eben der Rest. Wir sind ein klein wenig wie eine Horde Dolyaks. Eh, dabei’s doch egal, wo’s hingeht.“ Ob es denn wirklich egal war, konnte sich die Blondine gerade nicht beantworten und auch den Vergleich mit den Yaks fand sie unpassend: „Im Zweifel hat jeder hier einen freien Willen, Heliar. Wenn du möchtest, steht es dir frei die Reise für dich abzubrechen. Ihr habt keinen Eid geleistet.“ Es klingt pampiger als es sollte. „Hab ich nich, aye. Ich wollts nie und wurde auch nie gefragt. Aber – ich wird trotzdem meine Freunde nicht im Stich lassen und davon sind hier’n paar!“ - „So geht es hier einigen.“ murmelte Minna und die Andras Einwurf erklärte woran es lag – ruhig aber fest perlte es von ihren Lippen: „Loyalität.“
Der blass violette Blick wanderte nach vorn zu den Priestern und Novizen, längst sprachen sie wieder um das wesentliche Thema, welches sie sicherlich am meisten beschäftigte. „Was meint ihr eigentlich – Haben die Götter uns verlassen?“ Vorsichtig stellte sie die Frage, versuchte ihre Stimme möglichst neutral klingen zu lassen, während der Blick Leza und Nazir fixiert. „Vor ein paar Tagen sprachen wir darüber. Der Konsenz? Falls es wirklich so sein sollte, werden wir kaum einen Abschiedsbrief in Schönschrift finden. So bleibt für mich alles beim Alten. Und wenn wir etwas finden, dann wohl eher einen Beweis für ihre Gegenwart, was mich nur mehr bestärken würde.“ Helmas Meinung konnte die Köchin und ehemalige Bäuerin nachvollziehen. „Es interessiert mich gar nicht ob sie fort sind. Wir haben immer nur nach ihren Lehren gelebt, wie nach einem Kodex. Aber… für DIE scheint es wichtig.“ Andras Kopfnicken deutete zu der Priesterrunde – auch sie versuchte sowohl die Diskussionen beider Runden zu verfolgen. „Mir ist es egal.“ Klangen Sarinas ernüchternde Worte und auch Heliar stimmte da ein: „Mein Glaube’s eh anders. Es ändert sich nichts, ob se weg sind oder noch da.“ Minna zog die Beine an und legte ihren Kopf auf die eigenen Knie, langsam strich sie den Sand von der Rückseite ihrer Waden. „Ich habe auch das Gefühl, dass es den Priestern wichtig ist. Aber die Lehren, das Wissen und auch mögliche Wunder … all das bleibt doch. Auch das Gleichgewicht. Für mich würde sich mit der Erkenntnis, dass sie uns verlassen haben¸ nichts ändern.“
Khepri und Yvvin schlossen sich dem Sitzkreis am Felsen an – sie sprachen über Rochen und die Eltern der Dunklen. „Leza ist es wichtig.“ murmelte Andra und irgendwie war Minna nicht klar ob sie den Rest ihrer Worte vernommen hatte, sie schien sehr konzentriert. „Man lebt nach den Lehren und nicht, weil die Götter eben da sind.“ mufft Heliar und schüttelt den Kopf. „S kann doch kaum jemand behhauptet haben sie gsehn zu haben und vermutlich wird’s auch niemanden geben ders je sieht.“ „Die Warte der Priester ist trotzdem verständlich, Heliar. Schließlich predigen sie, lehren und befolgen Götterlehre – glauben, dass sie stets in der Nähe sind und plötzlich… kann es sein, dass sie allein sind mit ihren Lehren und dem Wissen um die Götter.“ Minna hebt die Arme und lässt sie einfach wieder fallen. „Plötzlich könnte es sein, dass sie einfach fort sind. Verschwunden.“ Es ist wieder die Kriegerin die Minna dazu bringt die Nase zu kräuseln: „Würde man ihnen böses unterstellen wollen, könnte man auch sagen, dass es Heuchler sind. Heuchler, die sich nun um ihre Existenz fürchten und bangen.“ Es folgte eine kurze Pause und die Blonde plusterte sich längst auf, doch Andra fuhr fort: „Nicht, dass ich das denke. Aber es gibt ausreichend Menschen, die ein Domizil aus Lügen erschaffen. Menschen in Angst versetzen, falls sie den Lügen nicht folgen und so mächtig werden. Wehe dieses Kartenhaus bricht ein.“
Nicht nur Minna lauschte diesen Worten, auch Helma war noch bei der Sache: „Es mag etwas pathetisch klingen: Glauben heißt, wider aller Vernunft etwas als wahr anzunehmen, für das es keine wirklichen Beweise gibt. In dem Fall ist die Abwesenheit der Götter nur eine Prüfung des Glaubens, die es meiner Meinung nach zu bestehen gilt. Selbst wenn sie jetzt nicht mehr da sein sollten, so waren sie es doch und haben uns etwas hinterlassen. Es liegt an uns, was wir damit machen, ob wir mit diesem Wissen erstarken oder aber uns in aller Angst zurückziehen.“ „Ich wage zu bezweifeln ob es unter unseren Priestern und Novizen wirklich Heuchler gibt, Andra. Kein Heuchler würde die Gefahren der Reise auf sich nehmen und …“ Sahrela unterbrach die Gedanken und auch das Gerede der Blonden: „Also eigentlich heißt Glauben nur etwas anzunehmen, für das es keine ausreichenden Beweise gibt um es zu be- oder widerlegen.“ Ein nüchternes Gemurmel. „Das wollte ich auch damit ausdrücken – hab das nur etwas ausschweifender gemacht.“ Sie grinsten sich an, Ela schüttelte aber den Kopf: „Ich stimme nur nicht zu, dass es wider der Vernunft sein muss. Das ist nämlich nur dann der Fall, wenn jemand bescheuert ist – nicht aber, wenn er an etwas glaubt.“
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