Zeitlupe

Warmer Wind fuhr sanft über die narbige Wange des Söldners; liebkoste seine sonnengegerbte Haut und spielte mit seinem langen, schwarzen Haar.
Hier zu stehen und die Sonne hinter den Baumkronen, langsam in einem roten Meer ertrinken zu sehen, flutete Caleb seit jeher mit einem Gefühl der Ruhe und des Friends, wie er es nur an diesem Ort kannte.

"Und, wer ist sie?"

Die Frage lässt Caleb leise schnauben und einen belustigten Blick zu dem kahlköpfigen, jungen Kerl zu seiner Rechten schweifen. "Wen meinst du?", fragt er mit gelupfter Braue, wobei der Glatzkopf leise schnaubt: "Du weißt genau, wen ich meine. Sag schon!"

"Ich weiß nicht, was du hören willst, Gent. Ich arbeite mit ihr und habe dabei ein wenig Spaß. So mache ich das immer", seufzt der Narbige kopfschüttelnd und verschränkt lose die Arme vor der Brust.

"Du verbringst viel Zeit mit ihr und das freiwillig. Arbeit hin oder her, das sieht dir nicht ähnlich.", grinst der Haarlose, Gent, brauenwippend und stößt Caleb seinen Ellbogen leicht in die Flanke.
"Du übertreibst", befindet Caleb da kopfschüttelnd "Ich sage es doch, so handhabe ich das schon immer."

"Wenn du mich schon belügen willst, Caleb, dann besuch doch zumindest mal wieder mein Grab."

Bei diesen Worten zuckte Caleb leicht zusammen. Der Wind kühlte ab.
"Scheiße...wie lange sitze ich schon in diesem Loch?", fragte er leise.

"Noch lange keine Woche, das ist sicher.", gluckste Gent amüsiert und schüttelte den Kopf leicht um ihn im Anschluss etwas zur Seite zur neigen "Darf ich noch anmerken, dass _sie_ da be-.."

Hoch mit dir!

Gent unterbrach sich stirnrunzelnd und wandte seinen Blick gen dem wolkenlosen Abendhimmel.

"Sieht aus, als war's das hier schon wieder, Cal'. Nächstes Mal erwarte ich Neuigkeiten", zwinkerte er Caleb zu.

Eh, du sollst aufstehen!

"Hm? Scheiß auf den Pisser, was will der schon machen?", knurrte der narbige und wandte sich seinem Freund damit ganz zu. Er wollte nicht, dass dieses Gespräch bereits vorbei war. Er wollte noch einen, nur noch einen kleinen Moment, hier sein.

"Glaub, das wirst du früher herausfinden, als dir lieber ist"

Noch einmal grinste Gent seinen Freund an, zwinkerte ihm zu.



"JETZT STEH ENDLICH AUF!"

Festes Rütteln an seinen Schultern riss Caleb unsanft aus seinem Schlaf und jagte einen stechenden Schmerz durch seine Rippen, welche seit der Festnahme verdächtig schmerzten.

"Ja, eh, aua, is' doch gut!", ächzte er leise und fuchtelte kurz abwehrend mit seinen Händen vor sich herum.

Langsam öffnete er die Augen, und erblickte die rundliche, gerüstete Gestalt des Kerkermeisters vor sich, erhellt durch den warmen Schein einer Fackel, welche der Seraph in seiner Rechten hält.

"Wird auch mal Zeit. Hoch und an die Wand mit dir, Zellenkontrolle", knurrte der Kerl und trat damit einen Schritt von der Zellenpritsche zurück.

"Z-..häwas...", murmelte Caleb schlaftrunken und bekam zur Antwort einen leichten Stoß in die schmerzende Flanke.

"Red' ich canthanisch oder was, schwing deinen Arsch!"

Erneut jagte dieser stechende Schmerz durch Calebs Seite und ließ ihn einmal gequält stöhnen. Wenigstens war er nun wach.

Caleb blinzelte, seufzte und drehte seinen Kopf langsam nach links, zur Zellenwand, wo er eine feinsäuberliche Strichliste über seine bisher abgesessenen Tage bestaunen konnte: Ein ganzer Strich.

Nicht mal vierundzwanzig Stunden, die ihm vorkamen wie Wochen.

Scheiße.

Kommentare 10

  • Auch ins Kittchen kommt n Arzt, niemand muss an seinen Wunden verenden!

    - Hab ich gehört.

    Alles Gute!

  • Träumen wird wohl auch nicht mehr erlaubt sein in den Seraphen-Gefängnissen! *wirft die Hände in die Luft*

  • Wenigstens hat er ein Dach über dem Kopf. :S

    Schön geschriebene Geschichte. :)

  • Schreib mehr Geschichten! *Auspeitsch*


    Ich finde wie immer, deine Geschichten super und extrem lebendig. :3

    • Ich geb mein Bestes, nur lässt die Muse gerne auf sich warten.


      Danke dir! :>

  • Aaah. Armer Caleb! ❤️ Da will man ihn sofort rausholen...