Später erwachte ich allein in unserem gemeinsamen Bett. Ich schaute mich verschlafen um und bemerkte, dass Jefrem nicht an meiner Seite war. Neugierig machte ich mich auf den Weg nach unten und fand ihn auf der Couch im Wohnzimmer sitzend, den Blick starr auf die fernen Berge gerichtet. Er saß regungslos da, wie eine Statue, und sah in dem Mondlicht beinahe wie ein Kunstwerk aus. Sein dunkles, langes Haar schien im sanften Licht heller zu leuchten, während die silbernen Strahlen seinen muskulösen Oberkörper betonten. Seine blauen Augen lagen im Schatten seiner dunklen Brauen, und als er mich im Augenwinkel in der Tür stehen sah, wandte er den Kopf und ließ seine markanten Wangenknochen noch edler erscheinen.
"Guten Abend", begrüßte ich ihn leise, meinen Bademantel enger um mich ziehend, als ich seine Anspannung spürte. "Ist alles in Ordnung?"
"Alles gut, meine Liebe. Ich bin nur ein wenig nervös", antwortete Jefrem lächelnd.
"Du bist normalerweise nie nervös." Ich setzte mich neben ihn und fragte: "Was ist los?"
Jefrem lächelte weiter. "Ich habe etwas für dich. Ich weiß jedoch nicht, ob du es annehmen möchtest."
"Warum sollte ich es nicht wollen?", fragte ich verwirrt.
Er stand auf und kniete vor mir nieder, ein kleines schwarzes Samtkästchen in der Hand. Als ich es sah, wurde mir schon klar, was er vorhatte.
"Marie", begann er, und allein bei der Erwähnung meines vollen Namens wusste ich, was kommen würde. "Marie Kathleen Deshayes, willst du mich heiraten?"
Erst jetzt merkte ich, wie sehr ich mir gewünscht hatte, dass Jefrem mich das fragen würde. Dieser Antrag war so gar nicht das, was ich mir als kleines Mädchen unter einer Verlobung vorgestellt hatte. Außerdem glaubte ich, hatte Jefrem es getan, um einen handfesten Krieg zwischen seiner Sippe und der meines Erzeugers lan zu verhindern, der ebenfalls glaubte, Anspruch auf mich zu haben. Nicht auf die romantischste Art und weise, selbstredend. Als ich Jefrem nun aber ansah, verblassten all meine kindischen Träumereien. Er war kein Märchenprinz, sondern ein einfacher Mann ohne großen Rang, ein ehemaliger Gigolo und ein Spielsüchtuger der zu viel Gold verzockte, doch nun, da er, der Mann, den ich glaubte so abgöttisch liebte, auf Knien um meine Hand anhielt, hätte keine Märchenheldin bewegter sein können als ich. Im negativen Sinne. Die Frage war nötig gewesen für meine eigene Gewissheit und dennoch schnürte mir die Aufregung die Kehle zu. Ich hatte die Erkenntnis das ich ihn nicht wollte:
"Nein."
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