
Gerade noch hatte sich das loyale prachtexemplar eines elonischen Raptors hinter der Viper aufgebaut, um dem Köter zu begegnen, der gerade mit geballter Faus auf sie zustürmte, da ging plötzlich alles so schnell. Dieser Bauer. Dieser verdammte, scheiß Bauer. Er hätte, nachdem er von den beiden maskierten Männern grün und blau geprügelt wurde, einfach liegenbleiben sollen. Hätte sich totstellen sollen. Aber nein. Nein er musste, kaum dass er wieder bei Bewusstsein war, losrennen und voll Todesangst nach den Wachen rufen.
Und sie? Was ging sie das überhaupt an, wohin dieser Zeuge rannte. Es war nicht ihr Bier. Sie war es nicht, die ihm die Zähne aus dem Maul geprügelt hatte. Und doch, sprunghaft und wenig pragmatisch wie sie war, hatte sie den Raptor auf dieses arme Schwein gehetzt. Wer konnte denn auch ahnen, dass die drei Gossen-Gestalten beschattet wurden? Das jemand die Drei vom Dach der Scheune aus beobachtete.
Dieses Kreischen. Wochen und Monate waren vergangen und noch immer ließ die schmerzhafte Erinnerung an dieses Kreischen sie Nachts nicht schlafen. Dieses Kreischen traf sie ins Herz, wie eine Klinge. Auch heute lag sie wach, starrte aus müden, eisig blauen Augen an die Stalldecke und schlanke Finger strichen über den sandigen Boden, wo jüngst noch ihr Raptor lag.
Der Raptor war damals auf ihren Befehl hin in wenigen Schritten um die Scheune gesprintet, hatte seine rasiermesserscharfen Zähne in die fleischige Schulter des Bauern gegraben. Ob der Mann diese Schulter je wieder benutzen konnte? Und dann, Rhaego war kaum aus ihrem Sichtfeld verschwunden, erklang dieses echsige Kreischen, fuhr ihr ins Knochenmark und ließ ihr Blut erstarren. Noch heute verknotete sich bei dem Gedanken daran ihr Magen. Ein Schauer durchfuhr sie, lief ihr kalt den Rücken hinab, als glitte ihr etwas Totes über die Haut.
Eine fünfte Person mischte mit. Gehüllt in protziger Rüstung, vermummt und saß gerade so auf ihrem Raptor, hatte jenem einen auffällig gravierten Dolch in den Hals gejagt. Götter, das war kein gewöhnlicher Dolch, wenn er es durch den Schuppenpanzer eines Raptors schaffte. Die Klinge glitt wie Butter durch das schimmernde Schuppenkleid und den Halsmuskel des wehrhaften Tiers. Nein, die Schneide dieses Dolches besaß den gefährlichen Glanz eines Stahls, den man täglich Stunde um Stunde geschliffen hatte, bis er zu scharf war, als das man ihn hätte ungestraft berühren können.
Und Rhaego? Er kreischte und kreischte und kreischte. Biss wild um sich, wie das Raubtier, das er war und warf sich zu guter Letzt zu Boden, um den fremden Reiter loszuwerden.
Unter herzzerreißenden Raptorschreien, Rhaego war mit voller Wucht gegen die Holzwand der Scheune gebrettert und hatte sie halb eingerissen, fasste sie in einer Millisekunde den Entschluss, dass der Angreifer sterben musste. Leiden musste. Sie warf mit explosiven Glaskugeln nach ihm, fluchte sich die Seele aus dem Leib. Sie würde ihm die Gedärme aus dem Leibe reißen, dabei nicht zulassen, dass er stirbt, ihn mit seinem eigenen Darm strangulieren. Ihn quälen, bis sie das letzte Quäntchen Leid aus ihm gepresst hätte. Götter, ihre Worte waren kalt, wie der Tod.
Doch wie aus Zauberhand löste der Mann sich in Schall und Rauch auf. Übrig blieben nur der Dolch und ihre Rachegelüste. Den Raptor konnte sie verarzten und dennoch plagte sie die Erinnerung an seinen panischen Blick, als er vor ihr zusammenbrach.
Jetzt war er weg. Wo? Das wollte man ihr nicht verraten. Er sei in Sicherheit. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis jemand nach ihm suchen würde. Das Loch, welches die Abwesenheit ihres treusten Begleiters hinterließ, schien endlos tief.
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