1 Eckdaten
Geburtstag: 5. Tag des Phönix 1301 (04.04.1301)
Herkunft: Löwenstein
Rasse: Charr
Glaube: Lehre der Sechs
gel. Beruf: Köchin
2 Aussehen
Defektes Bild entfernt im Zuge der Wiki.-Kontrolle
- sehr flauschiges schwarzweiß getigertes Fell, das immer dezent nach Rosen duftet
- bernsteinfarbene Augen mit hauptsächlich runden Pupillen
- die Hörner auf dem Kopf gehen glatt als Geweih durch. An dem rechten Horn ist eine Spitze etwa 5cm lang abgebrochen
- hat fast immer wenn man sie draußen sieht einen klingenbewehrten Bogen mit einer Drahtsehne in ihrer linken Pfote
- trägt einen walnussgroßen grünen Kristall an einem Lederband um den Hals ( erst seit 28.1.1328 )
3 Charakter
- Sheera liebt Fisch, hat aber panische Angst vor Haien (wenn sie nicht zubereitet auf dem Teller liegen)
- sie lässt sich nicht gern bevormunden
- sie empfindet eine tiefe Abscheu gegenüber den Charr-Legionen (nicht den einzelnen Charr selbst gegenüber), weil sie die Lebensweise der Legionen für ihr Schicksal kurz nach der Geburt verantwortlich macht
4 Familie
- Gefährte: Thwei Winterklinge
- Vater: unbekannt
- Mutter: unbekannt
- Geschwister: unbekannt
- Zieh-Mutter: Estonia Nieck (gestorben: 15.11.1326)
- Tochter: Narima
5 Geschichte - kurz
- 4.4.1301 - Geburt
- 5.4.1301 - Wird von Estonia gefunden und von der Frau wie eine Tochter aufgenommen und groß gezogen
- 17.8.1309 - Stürzt sich in die Mystische Schmiede, weil sie ein Menschenmädchen sein will (natürlich ohne Erfolg)
- 2.10.1309 - Beginnt als Putzhilfe in dem Löwensteiner Fischrestaurant "Blauer Hai"
- 17.8.1314 - Nimmt die Arbeit als Beiköchin (Nachtschicht) im Restaurant "Blauer Hai" auf
- Ende 1314 - Admiral (der Kater) stirbt
- 1.1.1320 - Wird zur Hauptköchin der Nachtschicht ernannt
- 15.11.1326 - Ihre "Nana" Estonia stirbt
- 16.11.1326 - Sie wacht nach durchzechter Nacht auf Celarias Schiff in Richtung Südmeer auf
- 20.1.1327 - Rückkehr nach Löwenstein, die Taschen voller Geld
- 30.1.1327 - Sheera hat ihre Nana in ein ordentliches Grab umbetten lassen
- 01.3.1327 - die Kajüte in der sie aufgewachsen war wird hat sie gekauft und bezieht sie wieder (ein großer Batzen ihres Gewinnanteils ist ausgegeben, aber sie hat etwas Eigenes)
- 17.3.1327 - Mit dem Tagebuch ihrer Nana sucht sie Arvel Nieck in Götterfels. Wenige Stunden später ist das Portal für den Rückweg verschlossen, weil Scarlett Dornstrauch Löwenstein bombardierte.
- 18.3.1327 - Einen Tag nach Beziehen eines Gasthauses in Shaemoor ist Thwei nüchtern genug, dass sie den Grund seines desolaten Zustands erfährt
- Ende 3´1327 - Eintritt in den Silberfang Orden (Arbeit als Soldatin), da sie in Löwenstein nicht mehr arbeiten kann
- bis 4´1327 - Zwischen Thwei Winterklinge und ihr entwickelt sich eine Beziehung
- Mitte 1327 - Thwei und sie beziehen ein Haus in den Feldern von Shaemoor
- Spätsommer 1327 - Vereidigung bei den Windklingen
- Mitte 1´1328 - Nimmt eine Stelle als "Betreuerin" der blinden Ex-Seraphin Chloé Laveau an, da sie wegen der Schwangerschaft nicht mehr zu Einsätzen bei dem Orden oder den Klingen gehen soll. Thwei ist besorgt um ihr Wohlergehen.
- 05.02.1328 - Geburt ihrer Tochter Narima
6 Geschichte - lang
Es war ein ungewöhnlich bitterkalter Frühlingsmorgen in Löwenstein als Estonia Nieck, damals bereits 44 Jahre alt, in einen dicken Mantel gehüllt sich mit einem Korb in der Hand auf den Weg zum Fischmarkt machte. Mit ihr zusammen huschte auch ihr Kater, der auf den Namen Admiral hörte ins Kalte hinaus. Seit über zwanzig Jahren lebte sie nun schon in der Freistadt in einem kleinen Zimmer, das eigentlich die Kajüte eines Schiffes ist, welches wie viele andere Schiffe auch schon lange kein Wasser mehr unter dem Kiel hatte. Dafür hatte sie ein Leben in Götterfels aufgegeben bei dem sie durchaus in jungen Jahren exzellente Chancen auf einen guten Ehemann gehabt hätte. Doch damals war es ihr Cousin Arvel dem ihr Herz gehörte, doch Schüchternheit oder Angst vor Ablehnung hatten ihr nie erlaubt sich ihm zu offenbaren. Schließlich war sie fortgegangen, als sie das Gefühl hatte ihr Herz würde daran zerbrechen.
Diese gottesfürchtige Frau nun hatte zwei eher schlecht als recht gehendes Gewerbe. Sie häkelte was die Kunden zu kaufen bereit waren, egal ob es kleine Figuren oder sogar ganze Tagesdecken waren. Außerdem verdingte sie sich als Amme und hatte schon manchen Säuglingen durch die durstigen ersten Wochen ausgeholfen wenn die Mutter ihnen aus mancherlei Gründen keine Milch geben konnte. Von dem bißchen was sie dabei einnahm und dem guten Willen eines Freundes, Hogmar Tiefgräber, der Beikoch im Blauen Hai war, lebte sie also hier in Löwenstein und brachte sich von einem Tag in den nächsten.
Nun befand sie sich also auf dem Weg zum Wochenmarkt und der Atem schlug winzige Wolken vor ihrem Gesicht als sie ein klägliches Maunzen vernahm. Erst glaubte sie sich verhört zu haben und wollte eilig weiter, doch da war es wieder! Ein winziges Stimmchen das sich kaum von den Umgebungsgeräuschen abhob, sondern eher darin unterzugehen drohte, war in einem Haufen Unrat zu vernehmen. Sie rätselte, ob es wirklich die Jahreszeit für neugeborene Katzen sein mochte und die Katzenliebhaberin in ihr wollte das kleine Wunder das dort jämmerlich nach seiner Katzenmutter rief gern sehen.
Kopfschüttelnd stapfte ein Mann an ihr vorbei, weil sie einfach stehen geblieben war und ihren Blick über den Müllhaufen schweifen ließ. Man musste sie wirklich schon für furchtbar seltsam halten, ging ihr durch den Kopf und sie wollte schon aufgeben, als ihr Blick auf etwas fiel womit sie überhaupt nicht gerechnet hatte: bitterlich zitternd lag das ein noch blutverschmiertes Charr-Junges zwischen allerlei Seetang und anderen Dingen die man nicht aussprechen mag.
"Bei den Sechsen!", entfuhr es ihr und sie drehte sich in alle Richtungen. "Hallo? Ist die Mutter hier?", rief sie obwohl ihr schon klar war, dass ihr keine Antwort zuteil wurde. Das junge Kätzchen klagte in der Zeit leise weiter und es zerriß Estonia förmlich das Herz, bis sie eine folgenschwere Entscheidung traf. Sie bückte sich und hob das zitternde stinkende Fellhäufchen auf, wickelte es in ihren Schal und legte es in ihren Korb. Zum Fischmarkt kam sie an diesem Morgen nicht mehr, denn sie suchte ihren Freund Hogmar auf der sie für verrückt erklärte, dass sie dieses Charr-Junges an sich genommen hatte.
Nach vielen Erklärungen darüber, dass sie es doch nicht hätte liegen und sterben lassen können, gab er schließlich klein bei und riet ihr doch zumindest irgendjemanden aufzusuchen, der sich mit so einem kleinen Würmchen auskennen mochte. Außerdem gehörte sie zu einer Charr. Estonia sollte bloß nicht auf die Idee kommen sich zu sehr mit dem flauschigen Fellbüschel anzufreunden, denn wenn ihre Mutter erst mal wieder auftauchte oder sich eine andere Charr fand, würde die Kleine sowieso bald dorthin kommen wo sie hingehörte.
Letztlich fiel Estonia nur ein als einen Heiler aufzusuchen, der sie in einer warmen Umgebung empfing und deutlich mehr Verständnis für ihre Nächstenliebe entgegebrachte als ihr um sie besorgter Freund. Er untersuchte das mutterlose Kätzchen und Sorgenfalten durchfurchten seine Stirn. Mit einem ernsten Blick erklärte er Estonia, dass er für die Kleine nicht viel tun könne. Sie wäre schwer unterkühlt und innerlich fast schon ausgetrocknet. Wenn sich die Mutter nicht schnellstmöglichst fände, gäbe er dem kleinen Wesen kaum mehr als noch einen weiteren Tag. Gegen die Auswirkungen der Unterkühlung hatte er angehen können und wenn man das Kleine warm hielte würde es nicht auskühlen, aber gegen den Hunger könnte er nichts tun. Es täte ihm leid, dass er nicht mehr tun könne, erklärte er und wie vor den Kopf geschlagen verließ Estonia ihn wieder.
Das Charrkätzchen legte sie nicht wieder in den Korb, sondern hielt es auf dem Weg nach Hause warm unter ihrem Mantel. Daheim setzte sie einen Kessel heißen Wasser auf und mischte es mit kaltem Wasser in ihrer Waschschüssel zusammen, so dass es gerade genug war um das stinkende Bündelchen zu waschen. Wenn es schon vor Grenth treten müsse, so sollte es wenigstens sauber sein, dachte sie sich.
"Außerdem brauchst du einen Namen", redete sie mit dem vor Hunger dauermaunzendem Kätzchen während der Admiral eifersüchtig mit seinem Kopf gegen ihre Waden stupste. "Heute nicht, Admiral. Jetzt ist das Kätzchen dran, denn morgen wird es wohl nicht mehr bei uns sein, die arme Kleine". Während sie betroffen von dem jungen Schicksal salzige Tränen in das Badewasser mengte wollte ihr einfach kein Name einfallen. Erster Maat, Smutje oder sogar Kitti huschten ihr durch den Kopf, aber alles sagte ihr nicht zu. Also endete das Bad weiterhin namenlos, aber dafür war Estonia nicht minder nass als das Fellbüschel in ihren händen. Baden schien der Kleinen wohl nicht sonderlich gefallen zu haben.
"Sch... Sch... Ist gut...", versuchte sie beim Einwickeln in in trockenes Tuch Trost zu spenden, aber das Jammern hörte einfach nicht auf. Estonia legte das Kleine in den Korb und begann sich selbst etwas trockenes anziehen zu wollen. Dabei fiel ihr Blick auf die fast blinde Kupferfläche die ihr Spiegel war. "Bei Kormir, warum bin ich nicht gleich darauf gekommen!", rief sie ihrem Spiegelbild entgegen und ließ ihr nasses Hemd einfach zu Boden fallen. Regelrecht entsetzt über das was sie jetzt tun wollte starrte sie ihr Spiegelbild an. "Kann Dwayna das gutheißen?", fragte sie ihre Gegenüber und erntete nur einen fragenden Blick von sich selbst. "Es geht doch um ein Leben", versuchte sie sich Mut zu machen, denn das war widernatürlich. Oder?
Widerstrebend wanderte ihr Blick auf das klangende Bündel. Ihre Finger zitterten vor Sorge, ob sie jetzt eine Grenze überschritt die sie völlig ins Abseits führen würde. Aber wenn es funktionierte, dann hätte das Kleine zumindest eine Nacht überstanden und sie könnten morgen nach der richtigen Mutter suchen. Könnte es überhaupt funktionieren? Wie fütterten Charr ihre Kinder überhaupt? Dann kam das gewohnte schmerzliche Ziehen an ihrer Brust, als sie das Kleine anlegte und es begierig trank was für Anna, Celeste, Jolana und Kolim in jüngstier Vergangenheit Leben bedeutet hatte.
Estonia war von sich selbst schockiert. Sie hatte doch tatsächlich das zitternde Charrkätzchen an ihre Brust genommen und säugte es. Es kam ihr zugleich falsch wie notwendig vor. Würde die Kleine ihre Milch überhaupt vertragen? Wenn, dann hätten die Götter es so gewollt, sagte sie sich. Was sie sich noch nicht eingestehen wollte war, dass sie das Kätzchen nicht mehr hergeben wollte. Sie log sich vor die Mutter der Kleinen finden zu wollen. Sie pflegte ihre Lüge mit der Ausrede, dass die Kleine sowieso den nächsten Tag nicht überstehen würde. Sie vertuschte, dass sie mit dem Namen der ihr am nächsten Tag einfiel ihr Schicksal besiegelt hatte. Die kleine Sheera wuchs ab heute bei Estonia auf, denn die Frau hatte nicht einfach ein verlorenes kleines Kätzchen sondern eine Tochter in ihr Haus aufgenommen.
* * *
Im Laufe der nächsten Jahre schaute sich die kleine Sheera ein paar Eigenheiten von Estonias Kater Admiral ab. So putzte sich sich ihr Fell ebenso wie der Kater einfach mit Zunge und Spucke, und als Estonia ihr das schließlich austreiben wollte, war es schon viel zu tief in Sheera verwurzelt. Vor ihrer Nana, wie Sheera Estonia nannte, hatte sie ordentlichen Respekt, obwohl sie ihr charrtypisch schon innerhalb kurzer Zeit körperlich überlegen war. Wenn "Nana" ein Machtwort sprach, dann verkroch sich Sheera unter die Decke und hoffte das Schimpfen würde aufhören.
Allerdings schimpfte Estonia nicht ständig mit ihr. Vielmehr schenkte sie der jungen Charr ein warmes Heim und viel mütterliche Liebe. Sie erzählte Sheera viele Geschichten über ihre alte Heimat, über die Götter und brachte ihr so viel Anstand bei, wie es sich für eine junge Dame gehörte, nur dass diese junge Dame wohl das vielfache einer echten Dame wog und von einem flauschigen dichten Pelz bedeckt war und ihre Hörner immer stärker wuchsen, so dass Nana es später sogar manchmal Geweih nannte.
Doch noch war da kein "Geweih" auf ihrem Kopf der kleinen jungen Charr, die mit anderen Kindern draußen herumtollte und sich hier und da mit den ihnen stritt. Das waren die Gelegenheiten nach denen Sheera ihre Nana wütend erlebte, obowhl sie sich doch keiner Schuld bewusst war. Sie hatte sich doch nur gewehrt. Was konnte sie denn dafür, dass sie Krallen hatte und die anderen nicht?
Diese Momente hinterließen aber Narben auf ihrem inneren Pelz und mehr und mehr wünschte sich das Mädchen ein richtiges Mädchen, ein Mensch, zu sein. Sie wollte nicht "die Charr" bei ihren Freunden sein und sie wollte Kleider tragen können ohne ausgelacht zu werden. Außerdem wollte sie nicht so groß sein, dass sie und Nana Platzprobleme hatten, wenn sie in der Kajüte waren.
So steht nun diese Achtjährige vor der Mystischen Schmiede, hat ihre wertvollsten Dinge in der Hand: ein Schnitzmesser, eine gehäkelte Puppe und den leckeren Kuchen den sie gestern Nachmittag extra nicht gegessen hatte. Sie hatte die Geschichten um den Dschinn Zommoros gehört und geliebt, einem fast schon göttlichem Überwesen. Es hieß er könne Wünsche erfüllen und Alles in alles Andere verwandeln. Jetzt träumte sie davon, dass er ihr den größten Wunsch erfüllen sollte: sie wollte ein Mensch sein.
Den Aufschrei der Frau die sah was sie tat hörte Sheera nicht. Als sie in den Brunnen sprang umfing sie ein Strudel, der alle Geräusche um sie herum fort trug. Keine einzige Stimme des stetigen Gemurmels auf dem Platz war hier zu hören. Keine Schwere lastete auf ihr. Sie schwebte wie eine Feder über einem sanften Sommerwind.
Ein erschrecktes Maunzen entfuhr ihrer Kehle, als plötzlich Zommoros vor ihr erschien, so als hätte er sich aus dem Nichts materialisiert. Belustigt betrachtete er das Charrmädchen, dass nun schreckliche Angst litt. "Was haben wir denn da?", umfing sie eine uralte Stimme. "Ich bin Sheera", piepste sie und presste ihre Puppe an sich. "Warum bist du hier unten statt bei den Deinen?", rollte seine Stimme erneut über sie weg. "Ich hab´ dir Kuchen mitgebracht... und mein Schnitzmesser... und... meine Selia. Ich möchte ein echtes Mädchen sein, weil ich für Nana da sein möchte", fiepste sie verängstigt. Fast schon trotzig schob sie nach: "Jetzt musst dich mich verwandeln."
Sheera mochte nicht beschwören ob sie damals ein Lachen oder ein Donnergrollen gehört hatte. "Du gehörst nach oben", hörte sie noch und schon spuckte sie der Brunnen auf den Platz zurück. Ihre Puppe, ihr Messer und ihr Kuchen waren fort, aber sie war immer noch wie vorher. Zumindest glaubte sie das, denn ihr Besuch in dem Brunnen hatte tatsächlich etwas an ihr verändert, denn seither brach niemals wieder eine ihrer Krallen ab. Sheera ist sich sicher, dass Zommoros Magie dies damals getan hatte, doch damals war sie nur enttäuscht und traurig. Sie rannte nach Hause und schluchzte, weil sie kein Mädchen geworden war und auch noch ihre Sachen an den Dschinn verloren hatte.
Als Nana es nach Stunden geduldigen Nachfragens geschafft hatte herauszufinden warum Sheera denn so traurig war, war sie zum einen böse um die Gefahr in die sich ihre Tochter gebracht hatte und zum anderen heilfroh, dass ihr nichts Schlimmes passiert war. Estonia häkelte Sheera eine neue Puppe und nach ein paar Tagen gutem Zureden war die Welt wieder in Ordnung. Estonia beteuerte sicher dutzende Male, dass sie Sheera genau richtig fand, so wie sie ist. Sheera fand sich also damit ab anders zu sein. Der blöde Dschinn war ja auch nicht in der Lage gewesen ihr zu helfen, brummelte sie trotzdem.
* * *
Mittlereweile war Estonia über das Alter hinaus in dem sie noch als Amme tätig sein konnte und die wenigen Annehmlichkeiten die sie sich leisten konnten wurden noch weniger. Sheera setzte sich in den Kopf ihrer Nana unter die Arme zu greifen, also trieb sie sich häufiger an den Anlegestellen herum. Manchmal schaffte sie es sogar beim Löschen oder Beladen eines Kahns, Schiffes oder Bootes mithelfen zu dürfen. Doch als sie ihrer Nana dann stolz ihren Verdienst von mehreren Tagen präsentierte, brauste diese förmlich auf. Sheera verstand die Welt nicht mehr. Was hatte sie denn nun wieder falsch gemacht. Für die Argumente, dass sie auf Messers Schneide wandelte sich plötzlich für Monate oder gar Jahre auf einem Schiff wiederzufinden, waren ihre Ohren jedenfalls taub.
Estonia suchte Hogmar am Blauen Hai auf und redete auf ihn ein bis er sich bereit erklärte mit dem Tageskoch zu sprechen, dass dieser mit dem Eigentümer sprechen sollte. Immerhin würden doch immer irgendwelche Arbeiten anfallen für die der Junge von Schusters gerufen würde auf den Hogmar immer schimpfen würde er sei so unzuverlässig. Mit Beharrlichkeit boxte Estonia schließlich durch, dass Sheera dies Stelle als allerletztes Glied erhielt: die morgendliche Säuberung des Ladens, wenn alle Gäste nach Hause gegangen waren.
Also stand Sheera damals bereits um 4 Uhr Morgens auf, um spätestens um halb fünf Wischmob bei Fuß bereit zu stehen um den Dreck des Vortages und vor allem der vergangenen Nacht zu beseitigen. Das war keine dankbare Aufgabe, obwohl es in dem Blauen Hai durchaus gesitteter als direkt an irgendwelchen Hafenkneipen zuging. Allein die gehobeneren Preise hielten manch einen Randalierer davon ab dieses Restaurant zu besuchen, doch auch der durchschnittliche Gast hinterließ genug Schmutz den es zu beseitigen galt.
* * *
Diese Aushilfsarbeiten führte Sheera viele Monate durch, wobei ihre Tätigkeiten nach und nach an Verantwortung zunahmen, ihre Schichten aber immer häufiger in die Nacht rückten. Als sie irgendwann in der Küche die Teller spülen durfte, glaube sie es schon fast geschafft zu haben, doch das war nichts gegen das Gefühl als Tolokar, der Hauptkoch der Nachtküche, ihr genau fünf Jahre nach dem Sprung in die Mystische Schmiede die Kochschürze in die Hand drückte und sagte: "Unser Beikoch ist gestern besoffen vom Kai gefallen. Du musst heute in der Küche mit anpacken".
Sie warf alles was ihr Hogmar und Estonia beigebracht hatten in die Waagschale. Das war die große Chance zu zeigen was sie konnte! Sie schälte, schnibbelte, bruschierte, brutzelte, schmorte, dünstete und kochte als ginge es um ihr Leben. Am kommenden Nachmittag wurde sie vom Eigentümer ins Restaurant bestellt. Erst dachte Sheera sie hätte sich etwas Zuschulden kommen gelassen, denn das letzte Mal als sie von ihm herzitiert wurde, das hatte sie versehentlich eine Soßenschüssel mit dem Schweif erwischt und in ein Porzellanpuzzle verwandelt.
Entsprechend nervös kniete sie nun vor dem wuchtigen Schreibtisch des ergrauten Mannes, der sie aus eisblauen Augen musterte. Sheeras Ohren zuckten und ihr Schweif peitschte hin und her. Wieso sagte er nichts? Wo blieb das Donnerwetter für das was sie getan haben musste?
"Tolokar braucht für die nächsten Wochen bis Jesofim wieder auf den Beinen ist Jemanden. Du wirst pünktlich eine Stunde vor Mitternacht am Herd stehen und ihm helfen", beschließt er kühl und Sheeras Maul klappt auf. Die Augen des Alten verengen sich. "Aye", röchelt Sheera völlig baff. Sie war gerade zur Beiköchin befördert worden, wenn auch nur auf vermeintlich kurze Zeit.
* * *
Jesofim hatte nach seinem Sturz einen regelrechten Höhenflug, der wohl auch an einer gehörigen Portion Portweins gelegen haben mag. Zehn Tage später war er mit einem Schiff zur Bucht hinaus gefahren, weil er die Meerjungfrauen im Westlichen Südmeer finden und eine für sich mit nach Hause nehmen wollte. Dies war das Letzte was man von ihm hörte.
So schrecklich sein Schicksal auch geendet haben mag so gut meinten es die Götter mit Sheera. In der Zeit als Beiköchin der Nachtschicht verdiente sie deutlich besser als während ihrer Aushilfstage und das Leben wurde für die Beiden trotz der harten Arbeit unbeschwerter.
Ein schlimmer Wermutstropfen holte sie zum Jahresende ein, als der rundum ergraute Admiral sein siebtes Katzenleben aushauchte. Immerhin war der stolze Kater über zwanzig Jahre alt geworden, doch das machte den Abschied auch nicht leichter. Das Tier hatte einfach zur Familie dazu gehört und hinterließ eine schmerzliche Lücke im Herzen der beiden Frauen, die sich noch Tage danach Anekdoten aus dem Leben des Katers erzählten bis der Verlust die Stimmung nicht mehr drückte.
Loguhom Lomlunsson, ein Norn und gewissermaßen Freund seit Kindestagen, tauchte in dieser Zeit immer zufällig dann ohne den Rest der kleinen Bande auf die sie als Kinder mal waren, wenn Sheera mal allein Besorgungen für Nana in der stadt erledigte. Dies musste sie nämlich mittlerweile häufiger erledigen, weil Estonia nicht mehr immer gut zu Fuß war. Dieser stattliche Norn mit dem ersten Flaum im Gesicht erzählte Sheera von Dingen die sie vorher noch nie gehört hatte. Diese Erzählungen hätten ihrer Nana entweder die Schamesröte oder die Zorneswut ins Gesicht getrieben.
Vielleicht war Sheera zu der Zeit einfach noch etwas zu naiv, oder er erwischte sie in einer Zeit in der sie selbst spürte, dass da eine Hitze exististierte die nicht von der Sonne kam. Jedenfalls ließ sie sich von Loguhom regelrecht bequatschen und in einer Grotte unter der Haiflossenhöhle verlor sie ihre Unschuld. Das wiederholten sie am folgenden Tag und am Tag danch bis Estonia das veränderte Verhalten ihrer Sheera auffiel. Die Charr konnte ihrer Nana nichts vormachen, also beichtete sie was sie getan hatte.
Das war das erste richtige Donnerwetter, dass Sheera bei Estonia erlebte! Das war auch das erste und einzige Mal in dem sich ihre Nana bei Sheeras sturem Verhalten ihr gegenüber vergaß und den Kochlöffel schwang um die viel größere Charr damit zu schlagen. Sheera duckte sich unter den Schlägen und nahm sie entgegen ohne sich zu wehren. Am Ende kauerte Sheera maunzend zusammengerollt auf dem Boden und Estonia warf den Kochlöffel beiseite. Sie hatte überreagiert und ihre Wut war verraucht. "Es tut mir leid, Sheera. Das hätte ich nicht tun sollen", weinte Estonia und wusste nicht recht was sie tun sollte. Sheera kauerte noch immer vor ihr und winselte. Sicher hatte sie schon manch einen Klaps erhalten, aber sie war noch nie von ihrer Nana richtig geschlagen worden. "Bitte, ich mache mir doch nur Sorgen um dich", erklärte sie dem Häufchen Elend vor ihr und zuckte erschrocken zusammen, als Sheera sich mit einer blitzartigen Bewegung herumdrehte und wütend anfunkelte.
Zum allerersten Mal hatte Estonia Angst vor Sheera.
Erschrocken stellte Sheera diese nackte Angst in den Augen ihrer Nana fest. "Nana", maunzte sie und drückte ihren Kopf an Estonias Bauch. Die Arme umschlangen die viel kleinere Frau. "Mein Flauschi", sagte diese liebevoll und wuselte ihrer Sheera durch das Fell und hielt sie ebenfalls fest. Viel mehr Worte brauchten die Beiden erst einmal nicht um sich wieder zu vertragen. Natürlich blieb es in den folgenden Jahren nicht völlig spannungsfrei, aber Sheera stand ihrer Nana immer zur Seite wenn sie wirklich gebraucht wurde. Niemand durfte ihre Nana auch nur ein bißchen schief von der Seite angucken.
Die Sache mit Loguhom blieb schließlich eine Einmalige und Sheera entwickelte eine regelrecht Abscheu gegen andere Charr, weil sie zu oft Zeuge von Raufbolden und Trinkern wurde. Für die Guten unter ihrer Art wurde sie regelrecht blind. Außerdem war ihre Nana auch ohne Mann alt geworden.
* * *
Wirklich alt wurde Estonia aber erst in den nun kommenden Jahren. Ihre Augen ließen sie immer mehr im Stich, die Knochen wurden von Gicht befallen und es gab Tage an denen sie keinen Fuß aus der Kajüte hinaus gehen wollte. Die Erkältungen mehrten sich und es war wieder eine Woche in der Estonia bettlägerig war. Sheera war losgegangen um ihrer Nana lindernde Kräuter bei der Kräuterfrau zu besorgen und hatte gerade schon den Rückweg angetreten, als sie von einer anderen Charr beinahe über den Haufen gerannt wurde. In den Streit mischte sich noch ein anderer Charr ein bis Sheera schließlich genervt von dannen wollte.
Die Beiden, die sich offensichtlich kannten, holten Sheera ein und überredeten sie ihr zu sagen wo sie sich in Löwenstein denn am besten Was angucken sollten und wo man denn gut Essen gehen könnte. Sheera erklärte den Beiden wo sich der Blaue Hai befand, schwieg sich aber darüber aus, dass sie selbst zu den Mitarbeitern gehörte. Als Hauptköchin der Nachtschicht, die sie mittlerweile war, hatte sie noch ein paar Stunden Zeit bis dahin und ehe sie es sich versah, hatten die Beiden sie überredet und eingeladen mit ihr zu essen.
Es wurde ein angenehmer und lustiger Abend für Sheera mit Laska und Zerriss bis sie nach Hause kam.
Dort angekommen brach ihre Welt zusammen. Ihre Nana lag still und starr auf der Matte und war an Grenths Seite getreten. Sie gab sie die Schuld daran nicht da gewesen zu sein und ihr nicht geholfen zu haben statt sich einen schönen Abend zu machen. Hals über Kopf stürzte sie aus der Kajüte heraus. Sie wollte nicht so starr angesehen werden. Sie wollte nicht glauben, dass ihr Zentrum des Lebens tot war. Sie wollte das alles aus ihrem Kopf haben und landete in einer der billigen Spelunken um sich die Gedanken mit fürchterlich schmeckendem Fusel aus dem Kopf zu schwemmen.
Als sie am nächsten Tag erwachte, schwankte die Welt und der Kopf fühlte sich an, als hätte den Jemand mit Drahtwolle gefüllt. Jede Bewegung und jeder Lichtstrahl schmerzte. Wo in aller Welt war sie hier? Vor ihren Augen tanzten weiße Punkte und dann wurde es wieder schwarz um sie.
Beim nächsten Erwachen gegen Nachmittag schaukelte der Boden immer noch hin und her und die Seile um die Kisten knarrten verdächtig. Mit schwer pochendem Schädel stemmte sie sich in die Höhe und stellte fest, dass sie hier eingesperrt war. Das war der Frachtraum eines Schiffes und was sie da draußen hörte waren der Wind, der in der Takelage pfiff und das Meer das die Balken knarren ließ. Sie war auf hoher See!
Was lag da denn neben ihr? Verwundert hob Sheera das umhäkelte Kissen vom Boden auf. Nanas Lieblingskissen. Wann hatte sie das von Zuhause geholt? Sie konnte sich nicht mehr erinnern, aber sofort war das Bild der gebrochenen Augen wieder in ihrem Kopf. Liebevoll drückte sie das Kissen an ihre Brust und maunzte jämmerlich. Einen solchen Schmerz hatte sie im ganzen Leben noch nie erlebt und sie würde diesen Schmerz noch einige Zeit länger mit sich tragen.
Plötzlich wurde der Schlüssel in dem Gitter herumgedreht. Panisch versteckte sich Sheera zwischen den Kisten und hoffte nicht entdeckt zu werden. Nach ein paar Minuten verließ die Person den Frachtraum wieder und verschloss ihn sorgfältig. Sheera scholt sich wegen ihrer Dummhein, nein es war doch schon eine ausgewachsene Dämlichkeit, dass sie sich nicht bemerkbar gemacht hatte. Doch was wenn man sie entdeckte und einfach von Bord warf? Ein Zittern ging durch ihren Körper. Hatten die Götter sich etwa so sehr gegen sie verschworen, weil sie Nana die Medizin nicht rechtzeitig gebracht hatte und ihre Nana deswegen sterben musste?
Stunden des Selbstmitgleids später mischte sich ein höchst weltlicher Schmerz in ihr Inneres: Hunger. Ohne jeden weiteren Gedanken an die Folgen ihres Handelns beschnupperte sie die Fracht und machte die Vorräte ausfindig. Trotz des Schwindelgefühls im Kopf begnügte sie sich mit dem Diebstahl einer Portion die selbst Nana kaum gesättigt hätte.
So ging es für mehrere Tage weiter, denn sie traute sich nicht sich bemerkbar zu machen. Dennoch kam es, wie es kommen musste: sie wurde schließlich entdeckt. Iolanthe hieß die Frau mit dem Schlüssel, die tagtäglich hier herunter kam um Vorräte für die Mannschaft herauf zu holen. Doch statt gleich Alarm zu schlagen hörte sich Iolanthe die Geschichte von Sheera an und kam mit ihr überein, dass sie erst einmal hier unten bleiben solle, da sie nicht für die Reaktionen der Anderen ihre Hände ins Feuer legen könnte. Einzig die andere Frau, Chryssi, die hier herunter ging wurde mit eingeweiht und ein Plan ausgeheckt wie Sheera das Schiff verlassen könnte ohne aufzufallen. Iolanthe wollte für eine Ablenkung sorgen, damit Sheera an Land gehen kontte um dort die Schiffbrüchige zu mimen.
* * *
Die Schiff ankerte an der Nordküste einer Insel im Südmeer und die Ablenkung wurde eingefädelt. Chryssi war allerdings wenig begeistert wie diese Ablenkung tatsächlich aussah, denn Iolanthe drückte Chryssi beim Besteigen des Beiboots einen ziemlich fetten Kuss auf die Lippen, dass den Seeleuten Hören und Sehen verging. Sheera schlich sich aus dem aufgeschlossenen Frachtraum und ließ sich auf der anderen Seite des Schiffes ins Wasser hinabgleiten. Das umhäkelte Kissen hielt sie dabei über ihrem Kopf, damit es nicht vom Salzwasser zerfressen würde. Immerhin könnte das wohl ihre einzige Erinnerung an Nana sein, die sie hatte retten können. Sicher würde die Kajüte in der sie aufwuchs längst geräumt worden sein.
Sheera war schließlich auf halbem Wege vom Shiff zum Strand als sie doch entdeckt wurde. Poolugg, ein Quaggan der zur Mannschaft gehörte, bemerkte das seltsame Kissen über dem Wasser und schwamm dort hin. Sheera wäre vor Schreck beinahe untergegangen, hatte sie doch für einen Moment gedacht es würde sich um einen Hai handeln der da vor ihr auftauchte.
Nach einer hahnebüchenen Erklärung wieso sie vom Schiff weg schwomm, obwohl sie behauptete gerade vom Strang zu kommen, wurde sie von Poolugg auf das Schiff gebracht und von dem ranghöchsten Verbliebenen, einem finster wirkendem Charr namens Thwei Winterkling, akribisch ausgefragt. Sheera fühlte sich furchtbar in die Enge getrieben und log so gut sie nur konnte um bei der mit Iolanthe ausgebrüteten Geschichte zu bleiben. Ihr bettelnder Jungkätzchenblick brach wohl am ehesten das Eis, und bis heute weiß Sheera nicht ob Thwei ihr die gesamte Geschichte wirklich abgekauft hatte oder es einfach an ihr lag, dass er zugestimmt hatte sie bis zur Rückkehr der Kapitänin an Bord zu lassen.
Während der kommenden Nacht war Sheera auf das Deck gegangen und hatte nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet Thwei oben auf Deck Wache hielt. In ihr war eine Mischung aus Fluchreflex weil er ein männlicher Charr war und die notwendige Anbiederung um auf dem Schiff bleiben zu dürfen bis sie in einem richtigen Hafen einliefen. Es entstand ein ungewohnt ungezwungenes Gespräch zwischen den Beiden und sie war schließlich ruhiger, wenn sie ihm wieder über den Weg lief. Jetzt wo Iolanthe und Chryssi mit einigen Anderen an Land war und dort was auch immer tat, war dieser Charr die einzige Bezugsperson für Sheera. Dabei jagte sein Blick ihr immer wieder eine unbestimmbare Angst ein.
* * *
Was nun folgte war ein echtes Abenteuer während dessen sie Seite an Seite mit der Besatzung erkundet, gekämpft und sogar dazu gehört hatte. Am Ende hoben sie sogar einen Schatz von einer Größe, dass jeder auf dem Schiff sich für seinen Anteil beinahe ein richtiges Haus hätte kaufen können. Als sie also wenige Wochen später in Löwenstein einliefen fühlte sich Sheera reich. Nach einer ordentlichen Verabschiedung verteilte sie noch Versprechen mal zu Besuch zu kommen, und dann ging sie wieder ihres Weges.
Sie wollte wissen was mit Nanas sterblichen Überresten passiert war, und musste sich natürlich wieder eine Bleibe suchen. Wie gut tat es doch die Heimat wiederzusehen, auch wenn der Schmerz des Verlustes wieder frisch aufflammte als sie all die vertrauten Ecken sah an denen sie mit Nana gemeinsam gewesen war. Als sie den Blauen Hai betrat wurde sie förmlich vor Freude überrannt, hatte man sie doch auch für tot gehalten. Hogmar brach sogar in Tränen aus, als er aus der Küche nach vorn geholt wurde.
So erfuhr Sheera, dass ihre Nana ein sehr karges Begräbnis erhalten hatte. Die Sachen aus der Kajüte waren zum großen Teil verkauft worden. Nur ein paar Dinge ideellen Wertes gab es noch. Die hatte Hogmar gerettet wofür Sheera ihm sehr dankbar war. In den nächsten Tagen kam sie dann abwechselnd bei Freunden unter, die sich gegenseitig überschlugen ihr eine Nacht bei ihnen daheim anzubieten.
Nachts arbeitete sie bald schon wieder in der Küche und tagsüber kümmerte sie sich darum die alte Kajüte kaufen zu dürfen in der sie aufgewachsen war. Als ihr das schließlich gelang war sie unglaublich stolz auf die winzigen vier Wände die sie nun ihr eigen nennen durfte.
Nun hätte das Leben dort harmonisch weitergehen können. Sheera entdeckte sogar ein Tagebuch ihrer Nana unter einer Bodendiele und zögerte es tagelang heraus es zu öffnen, bevor der Drang so groß wurde, dass sie förmlich über den Inhalt her fiel. Aus dem Tagebuch erfuhr sie ein paar Dinge, welche sie von ihrer Nana gar nicht gewusst hatte. Sie erfuhr von einem Cousin in en sie unglücklich verliebt gewesen war: Arvel Nieck.
Die Entscheidung die sie drei Tage später fällte, rettete ihr das Leben. Sie nahm sich vor diesen Cousin davon zu unterrichten, dass seine Cousine begraben worden war. Besser er erfuhr es spät als niemals.
* * *
Staunend starrte Sheera zur Decke des Palastgartens von Götterfels hinauf. Sie kannte das Weltenmodell natürlich aus Erzählungen, aber es wirklich und wahrhaftig zu sehen war etwas völlig anderes. Schon wurde sie von dem Portal bedienenden Asura barsch angefahren, dass sie den Weg nicht versperren sollte und sie stapfte in die unbekannte Stadt hinein. Sie hatte sich darauf eingerichtet zur Not auch eine Nacht in der Stadt bleiben zu müssen, falls ihn zu finden mehr Zeit kostete. Ihre Pfote legte sich auf die Stelle ihres Hemdes unter der sie ihre Geldbörse geschnallt hatte. Herrje! Wieso hatte sie denn überhaupt alles Geld mit sich genommen? Das war ja paranoid.
Wie ein unerfahren junges Kätzchen kam sie sich vor als sie sich bis in das Ossaviertel hinein durchfragte. Ihr einziger Anhaltspunkt war die Nennung des Silberfang Ordens und den würde sie nun aufsuchen. Vielleicht konnte man ihr dort helfen, wo sie Herrn Nieck finden konnte. Immerhin würde sie auf die Art sogar ihr Versprechen einlösen die "Mannschaft" von damals zu besuchen, da diese neben den erfahrenen Seeleuten aus Ordensmitgliedern bestanden hatte.
Die Begrüßung zum Wiedersehen fiel herzlich aus, doch musste sie erfahren, dass ein Anderer die Kommandantur des Orden hatte. Federigo de Gallani war schon ein paar Jahre in dessen Amt und Arvel Nieck bestritt seinen Lebensabend in Ruhe. Genau, etwas Ruhe wollte sie sich auch gönnen. Außerdem war mittlerweile so viel Zeit vergangen, dass es unhöflich spät für einen solchen Besuch geworden war. Sheera ließ sich eine Adresse nennen bei der sie preiswert in dieser Nacht unterkommen könnte. In Shaemoor gäbe es eine Pension in der man auch als Charr problemlos und günstig nächtigen könnte, erfuhr sie. Außerdem würde sie dort einen alten Bekannten wiedertreffen.
Sie ahnte nicht, dass sie dort Thwei in einem Zustand der Volltrunkheit antreffen würde. Als der Pensionsbetreiber nämlich hörte, dass sie den Charr oben auf dem Zimmer kennen würde, bat er sie um Hilfe. Fast schon besinnungslos lag Thwei in der Ecke seines Zimmers. Um ihn herum herrschte ein regelrechter Saustall. Kurzentschlossen stürmte sie hinaus und mit einem Eimer kalten Brunnenwassers wieder hinauf. Zwei Mal musste Thwei solch eine eisige Dusche über sich ergehen lassen, aber selbst dann ließ sie nicht locker.
Aus der Wähnung eines gemütlichen Schwätzchens über die Fahrt und was sie so in den letzten Tagen erlebt hatten wurde Gewissheit eine harte Nacht vor sich zu haben in der sie Thwei gehörig den Kopf waschen musste. Immerhin blieb sie eisern genug, dass er am nächsten Morgen mit ihr redete. Was blieb ihm auch anderes übrig? Neu betrinken konnte er sich nicht, denn sie hatte sämtlichen Alkohol aus seinem Zimmer entfernt.
Er erzählte ihr die Geschichte seines Verlustes und sie gab ihm das Versprechen ein paar Tage länger zu bleiben bis er halbwegs auf dem Damm sei. Sie müsste nur heute noch mit Herrn Nieck sprechen und dann noch im Blauen Hai Bescheid geben, dass sie noch etwas brauchte. Für das Gespräch mit Herrn Nieck und ihre kurze Rückreise nach Löwenstein rang sie Thwei das Versprechen ab, dass er in der Zeit tunlichst unterlassen würde Alkohol anzurühren.
Als Sheera nach dem ebenfalls Kraft kostendem Gespräch zum Portal ging und erfuhr, dass dieses geschlossen sei und zwar weil Löwenstein bombardiert worden war bis die Verbindung hierher zusammen gebrochen war, hätte sie sich am liebsten selbst erneut betrunken. Stoisch kehrte sie zur Pension zurück und plötzlich war es Thwei der Sheera Trost zusprechen musste. Die beiden gaben sich schließlich ein Versprechen: sie würden eine Weile aufeinander aufpassen, damit keiner von Beiden jetzt plötzlich abrutschte.
Aus dem Versprechen aufeinander aufzupassen wuchs innerhalb von Tagen eine enge Vertrautheit heran und als Thwei Sheera überredete sich dem Orden anzuschließen war aus den Beiden schon ein regelrechtes Paar geworden. Dabei wussten die Beiden es selbst noch gar nicht.
Das fanden sie erst heraus als sie sich zum ersten Mal einen Kuss gaben. Thwei wurde überrascht von ihrer menschlichen Herangehensweise. Eine sanfte Berührung ihrer Schnauzenspitzen war sicher für ihn ungewohnt, so wie das Schlecken über die Lefze für sie etwas Neues war. Sie beschlossen ihre wachsende Zuneigung im Orden noch geheim zu halten, damit man ihr nicht vorhalten könnte, Thwei würde sie in irgendeiner Wiese bevorzugt behandeln. Davon konnte allerdings wirklich nicht die Rede sein. Sheera erfuhr eine Grundausbildung innerhalb kürzester Zeit, da beschlossen worden war ihr Wissen um Löwenstein sei von bedeutendem Nutzen für den Einsatz dort. Der Orden sollte nämlich wie viele andere gegen die Kraft antreten, die Löwenstein verwüstet hatte.
Gegen die Nutzung von Schusswaffen wehrte sich Sheera, also wurde sie im Bogenschießen trainiert. Dummerweise riß sie bei kaum mehr als einer handvoll Schüssen immer sie Sehne mit ihren Krallen durch. Daher hatte sie ein ganzes Bündel von Sehnen immer bei sich als sie schließlich im Lager östlich von Löwenstein postiert waren. Thwei ließ Sheera auch dort weiter trainieren, denn sie war noch weit davon entfernt eine gute Schützin zu sein.
Über die nächsten Tage weiß Sheera selbst kaum noch zu berichten was alles geschah. Sie kämpfen im Osten und im Süden. Vom Süden aus drangen sie sogar in die Stadt ein. Sie halfen mit den Truppennachschub zu behindern und schließlich war Löwenstein wieder frei. Erst da konnte Sheera wieder richtig realisieren was geschehen war. Die Stadt war nicht mehr wiederzuerkennen. Beinahe nichts von dem was sie kannte stand noch. Auch den Platz ihrer Kindheit hatte es erwischt. Jetzt war sie heimatlos. Jede Erinnerung an ihre Nana befand sich unter den Trümmern, die in die Bucht gestürzt waren.
Sie brauchte noch ein paar Tage um das zu verarbeiten, aber Thwei stand ihr zur Seite bis sie gemeinsam einen Entschluss fassten. Gemeinsam würden sie sich ein neues Leben aufbauen. Sie würden die Pension verlassen und sich ein Haus in Shaemoor mieten...
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