Tränen einer Mutter - Kapitel III

(III)
Erbstücke


Der Opal - Symbol der Diebe, sagenumwobene Heilwirkungen oder doch nur ein hübsch anzusehender Stein? Dieser eine war sicher mehr als alles, was man diesen Edelsteinen nachsagte. Faustgroß und so perfekt geschliffen, dass selbst die Meister ihres Faches vor neid erblassen würden. Die durchgängig weiße, wie eine Träne geformte Oberfläche irisiert jede noch so kleine Lichtquelle in tausenden bunten tanzenden Farben. Man sehe das, was man sich am meisten wünscht, wenn man ihn halte und hinein blicke, so heißt es in den Legenden über die Träne der Lyssa. "Ein passender Name," huscht es der rothaarigen Frau über die Lippen als sie den Edelstein mit ihren dünnen Lederhandschuhen anfasst. Sie sieht nicht hin. Selbst wenn es nur ein Gerücht war, wollte sie nichts riskieren. Mit geschickten Händen bettet sie ihn in dem weichen Inneren des Patienten. Sie tastet nach den Innereien, die über den Tisch verteilt neben dem ehemaligen Besitzer liegen und stopft sie wieder in ihn hinein. Erst jetzt, als sie den Stein nicht mehr spürt, senkt sie ihren Blick. Sie nimmt Nadel und Faden und beginnt den Rücken des Teddybären wieder zusammenzunähen. Ein skeptischer Blick huscht über ihre Arbeit. Sie tastet den unterarmgroßen Teddy ab, drückt recht feste und nickt zufrieden. Ein weinerliches Schreien unterbricht die Mutter in ihrem kurzen Moment des Triumphs. Sie wendet sich herum zu der kleinen Wiege, in der das schreiende Kind liegt. Sachte bewegt sie die Wiege hin und her, platziert den Teddy neben das Kind. "Shhh, alles ist gut, mein Engelchen. Guck mal, wen ich hier für dich habe. Das ist Fen. Er wird auf dich aufpassen und du auf ihn." Sie lächelt sachte. "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Shi." Das Mädchen betrachtet den Teddy und scheint in dem Moment zu vergessen, dass sie gerade noch am Schreien war. Sie greift mit ihren kleinen Händen nach dem neuen Weggefährten. Die zierlichen Lippen formen ein fröhliches Lächeln unter den wohlwollenden Blicken der Mutter.