Als er am Abend diente, nicht nur die hohe Herrschaft der Varathor, sondern auch deren Besuch bewirtete, konnte er kaum begreifen, wie es kam, dass alles fort war. Devin dachte, er würde unverwundbar sein. Er fühlte in sich, dass er es nicht mehr sein konnte. Plötzlich dämmerte es seiner Seele, was das alles bedeutete. Diese Erkenntnis war nicht herrlich für ihn. Es bestürzte den absolut ergebenen Mann. Der Butler hörte sie lachen und er lächelte. Er erduldete jede Demütigung und er lächelte. Er vernahm, wie wertlos, welch Mensch minderer Klasse er war und zeigte auch dazu ein Lächeln. Nicht einmal körperliche Züchtigung konnte ihn bisher zerstören. Es war absurd. Er empfand dieses tiefe Bedürfnis treu und mit aller Leidenschaft zu dienen, als wäre es eine höhere Mission, die über seinen eigenen Belangen stand. Doch dieses Gefühl verblasste allmählich und machte anderen Dingen Platz. Ichbezogenen Dingen. Devin war es nicht gewohnt, solche egoistischen Wünsche in sich zu haben und doch fühlte er sie seit einigen Tagen immer wieder an die Oberfläche seines Seins dringen. Würde er das nicht zulassen, bliebe bereits in kürzester Zeit nichts mehr von seinem Wesen übrig. In diesem Haus verlor er sich selbst, wurde zu einem Leibeigenen. Er wollte niemals frei sein, aber er wollte niemals das Menschsein verlieren. Was würde bleiben, wenn er sein Lächeln verlor? Daran durfte er nicht denken.
Als er die Augen schloss, sah er sich wieder am Boden. Über ihm lag die massige Gestalt eines Mannes, dessen Antlitz er sich nicht mehr vorstellen konnte. Devin wollte ihn auf diese Art nicht sehen. Wieder hatte man ihm keine Wahl gelassen. Sein Wille, praktisch kaum noch vorhanden, brach schier in zwei. Der im Gedächtnis nur noch bruchstückhaft vorhandene Abend, als ihn jener Mann zu einem, nein, seinem Opfer degradierte, ließ ein tiefschwarzes, leeres Loch in ihm zurück. Dies war der letzte fehlende Tropfen, welcher seine schützende Trutzburg nieder riss. Der eine Tropfen, welcher aus den Tränen des Butlers bestand, da er sich nicht gegen den Übergriff behaupten konnte. Schlichte und umso schrecklichere Demütigung. Wohl mag das salzige Nass die ersehnte Rettung gewesen sein, doch blieb kaum Stolz, kaum noch Würde in ihm zurück.
Er musste seinen Zustand überspielen, daher richtete er die Augen auf das hübsche Gesicht des Varathor und lächelte. Devin zeigte aufrichtig, was er empfand, denn in diesem Antlitz fand er Zuflucht. Dieser eine Mann gab ihm mit seiner Wärme, die kaum ein anderer Mensch zu sehen vermochte, Kraft. Er konnte dienen, nicht mehr vollkommen selbstlos, allerdings mit einem neuen, ichbezogenen Ziel vor Augen und entrichtete: „Wie mein Herr wünschen.“
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