Die schwunghaften Bewegungen wollten nicht enden. Immer wieder traf die geballte Faust den leblosen Körper vor sich. Er hatte sich neben ihn gekniet. Danach kontrollierte er, ob noch eine Atmung vorhanden war oder der letzte Funken an Leben aus dem Leib gekrochen war. Zweites war der Fall. Er erhob sich nicht, um davon zu gehen, nachdem die Erkenntnis ihm eiskalt ins Gesicht lachte. Stocksteif kniete er neben dem Kerl, den er zuvor nicht oft sah und noch weniger kannte. Er wusste lediglich seinen Namen. Bob. Je länger der Blick auf dem allmählich steif werdenden Körper haftete, umso stärker schlug die Macht an Aggression um sich. Es knackte. Das Schlüsselbein brach unter der rohen Behandlung. Plötzlich tauchten Arme auf, rissen ihn unsanft hinfort, sodass er mit großer Mühe auf die Beine kam und dabei schwankte als wäre er sturzbetrunken. Mit gehaltvoller Rüge im Blick sah er sich um und entdeckte schlussendlich jemand. Sein noch lebender Begleiter. Gonzo. Er war nicht so muskulös wie Bob, aber er stand ihm in nichts nach. Seine Haut war über und über von schwarzer Farbe zerstochen. Er hatte den Schädel kahl rasiert und sogar darauf sind Hautbilder.
"Verpiss dich, Gonzo." mit der Hand, die vorhin noch auf den verlorenen Gefährten einschlug, stößt er gegen Gonzo. Dieser wich zurück und widmete ihm einen entgeisterten Blick. Die Luft in der Kalksteinhöhle beinhält Spannung. Sie waren erst wenige Minuten weg. Wenige Minuten reichten aus, um hier eine Hetzjagd an angestauter Aggression und Wellen der Frustration loszuschicken. Die Männer standen sich gegenüber, sahen sich an, während sich Bob seinem elendigen Dasein als Toter hingab.
"Beruhig dich, Cionar. Dafür ist jetzt keine Zeit. Es werden sich Andere darum kümmern. Wir müssen seh..." Gonzo konnte seinen Satz nicht zu Ende bringen denn er erhielt einen weiteren Stoß. Dieses Mal erwischte es die rechte Schulter und dabei stolperte er einen halbherzigen Schritt nach hinten. Lustlos zuckten die Mundwinkel seitlich. "Halt den Mund!" fährt Cionar ihm über die Lippen als wäre Gonzo der Übeltäter der jetzigen Situation "Warum fasst dieser Berg von stinkender Dolyakscheiße nach seiner Waffe!?" der entgeisterte Ruf, welcher kaum Verzweiflung, sondern mehr Unverständnis signalisierte, wird Gonzo ungehalten entgegen geschleudert. Ein lautloses Stöhnen konnte der Befragte dabei nicht unterdrücken. Warum er nach seiner Waffe griff? Weil Bob ab und zu ein Vollidiot war. Heute ging es zum ersten Mal nicht gut aus. Wortlos beschaute er die Leiche, bevor sich sein Augenmerk wieder dem wutentbrannten Mann zuwandte "Er ist tot. Er bleibt tot. Wir sollten hier verschwinden."
Ein animalisches Knurrgeräusch gab Cionar zur Antwort eher er sich noch mal dem Nichtsnutz von Bob zuwandte, um mit dem rechten Fuß auszuholen. Drei Mal trat er ihn. Drei Mal an verschiedenen Stellen. Die Hüfte. Die Rippen. Die Schulter. Zu guter Letzt sammelte er Speichel im Mundraum und spuckte den toten Körper an. Der Speichel landete Bob im Gesicht. Er floss von der Stirn über die Nase hinab, umschmiegte die Sommersprossen und glitt durch die leichte Öffnung der Lippen hinab zum Kinn. Die schiefen Zähne und der braune Bart passten nicht zu den roten Haaren an seinem Schädel. Je länger Cionar den Mann angaffte, über den er gebeugt stand, umso mehr schlich sich die Vermutung in sein Inneres, das man Bob einen Gefallen tat. Vielleicht tat der Blonde das Richtige. Bob handelte unüberlegt. In naher Zukunft hätte es ihm vielleicht den eigenen Arsch kosten können. Sein Verstand schien sich zu klären. Nur die Atmung war noch stummer Zeuge der angespannten Muskeln im Körper.
Er wich immer noch nicht von Bob hinfort, sondern entschied sich zu sprechen "Wie viel Prozent?" die Frage ging in einem Raunen unter und das Augenpaar engt sich unscheinbar sanft. Während Cionar dem eigenen Speichelfaden mit dem Blick folgte, fand Gonzo, neben ihm stehend, Zeit für eine Antwort "Fünf." "Fünf? Damit werden sie nicht zufrieden sein." "Doch, Cionar. Niemand hätte gedacht, dass wir Adrian überhaupt zu etwas bringen können. Es ist ein Wunder, dass wir hier lebend hinausspazieren." Gonzo bemühte sich, dem Mann gut zu zureden. Cionar sah ihren Erfolg nicht. Noch nicht. Gut, Bob war ein Verlust, aber dieser Verlust war tragbar. Schlimmer wäre es für sie ausgegangen wäre dem Mädchen oder Adrian etwas passiert. Aber daran wollte er nicht denken.
Nach einigen trägen Sekunden gab Gonzo nach und wandte sich von Cionar ab "Komm. Sammeln wir die Sachen auf." die Stimme besaß keinen animierenden Unterton, sondern tröstete nur noch voller Unlust. Als der erste mürrisch anmutende Ausdruck auf Gonzos Gesicht entstand, beschloss er die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Die zwei Wolldecken wurden zu einem Bündel zusammengerollt und mit einer robusten Leinenschnur fixiert. Danach verstaute er eine Fackel, Streichhölzer, etliche Seile und nahm einen leeren Eimer zur Hand. Ein letzter überprüfender Blick traf die leblose Umgebung. Da wurde ihm das dröhnende Rauschen des Wasserfalls bewusst. Dort verschwanden sie "Hei ... Cionar?" die Stimme des Mannes, der vollgepackt wie ein Dolyak, am Ufer stand, erzeugte einen Hall in der Höhle. Mit Sicherheit hatte er sich gerade drei Mal selbst sprechen gehört. Irgendetwas belustigte ihn daran. Die Mundwinkel zuckten glorreich als würde sie jemand nach oben drücken wollen "Deine Brille."
Die Fliegerbrille lag allein und verlassen. Mit einem einzigen Tritt könnte man sie ins kalte Nass befördern. Gonzo sah die Szene noch gut vor sich. Die Verhandlung war durch. Cionar wollte sich gerade an Adrian vorbei schieben, nachdem er ihm das Mädchen ins Boot setzte und mit einem Mal holte der Iorga aus. Der Krach, wie die Faust auf die Brille traf, hatte ihn vor Schreck aufsehen lassen. Er befürchtete das Schlimmste. Doch er wurde, zum Glück aller, enttäuscht. Als die Brille zu Boden fiel, das Glas in unzählige Splitter zersprang, erfolgte kein weiterer Schlag. Weder vonseiten Adrians noch von Cionar. Es war für einige Atemzüge ruhig. Dass Bob so töricht war und seine Waffe zu Hand nahm, war sein eigenes Verschulden und damit auch sein Todesurteil. Niemand hätte ihn retten können. Außer Adrian. Aber er entschied sich dafür, Henker zu spielen und die Vergebung zuhause zu lassen.
Das rechte Bein machte sich lang und stupste die Fassung der Fliegerbrille an um sie im Endeffekt doch ins Wasser rollen zu lassen. Je weniger hier zurück blieb umso besser. Gonzo räumte gewissenhaft auf. Wenn man so lange in diesem Geschäft tätigt ist, dann lernt man, ob nun auf der harten oder weichen Tour, wie es geht. Er würde mit Cionar zurück zum Anwesen gehen, um dort Bescheid zu sagen. Andere werden sich dann um die Entsorgung von Bob kümmern. Daran möchte er sich nicht die Finger schmutzig machen. Immerhin war Bob kein Unbekannter für ihn. Er mochte den Kerl.
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