Die folgenden Ereignisse fanden am Ende des Jahres 1328 N.E. statt und sind Bestandteil der persönlichen Geschichte der Abtei-Exploratorin Ferinnja und des Abtei-Magisters Trigal. Zudem sind sie Grundlage eines Gemäldes:
Die aus grauen und kalten Granittreppenstufen führen jeden Besucher der großen Hallen der Abtei Durmand durch die in strenger Symmetrie in den Felsen gehauenen Gänge. Diese werden durch das schummrige Licht der vielen Kerzen, Fackeln und Öllampen an den Wänden und der Decke beleuchtet. Hier unten zeigen maximal Uhren eine abstrakte Annahme einer Tageszeit an, doch ist der Raum so tief im Herzen eines Berges von den meisten Einflüssen der Außenwelt isoliert. Die Luft ist im Verhältnis auf den Ebenen Krytas recht stickig. Trotz der eisigen Winde nur einige Meter hinter dem tonnenschweren Felsen, ist das Innere der Abteigänge relativ warm, auch wenn sich so manch ein Besucher aus Löwenstein schon einen Schnupfen eingefangen hat und sich durchaus an der kühlen Luft stören kann. Duzende schwere aus dunklem Holz gefertigte Türen säumen die langen unterirdischen Gänge in welchen noch nie ein Tageslicht gefallen ist. Schwache Augen müssen sich erst einmal daran gewöhnen, dass ihnen das Licht des Tages hier verwehrt bleibt, auch wenn der Lornas Pass viele Tage im Jahr eine dicke Wolkendecke am Himmel trägt. Lästerliche Stimmen behaupten, dass so manch ein in blauen Roben gehüllte Gelehrter der Abtei Durmand noch nie die Sonne gesehen habe und sich an unter dem freien Himmel durch die bleiche Haut sogleich einen Sonnenbrand zuziehen würde.
Tatsächlich sind diese Gänge gewöhnungsbedürftig. Doch hinter den verschlossenen Türen verbirgt sich der größte Schatz Tyrias. Denn jeder der hier anwesenden ist sich bewusst, dass er mit seinem Wirken vor Ort Teil einer großen Maschenerie ist, welche das Wissen von Jahrtausenden sammelt und für die Nachwelt erhält. Die Abtei Durmand ist berühmt für ihr Archiv, für die unzähligen Bücher und Artefakte die in diesen düsteren verworrenen Gängen versteckt sind. Doch was kaum jemand weiß ist , dass sich hinter den düsteren Tunneln und den unzähligen schweren Türen gewaltige Hallen befinden, die jegliche Phantasie über die mysteriösen Gelehrten und ihrer Bibliothek in den Schatten werfen. Sie sind gewaltig, duzende Meter hoch und viele hunderte Meter spannen eine riesige Grundfläche. Und zu finden ist hier alles, dass die Vorstellungskraft eines denkenden Wesens erzeugen kann, und darüber hinaus. Denn vieles was geborgen wurde und hier im geheimen aufbewahrt wird scheint nicht von dieser Welt zu stammen. Gegenstände, ja nicht einmal dies wirklich in ihrer Form, von unvorstellbarer Macht durch das Wissen, welches sie in sich tragen, lassen nicht einmal in den Grundzügen erahnen wie bedeutend die Sammlung der emsigen Arbeiter des Abteigefüges sein kann.
Doch eines ist jedem Archivar, jedem Gelehrten und Träger der blauen Robe vollkommen klar: Nicht alle Geheimnisse dieser Welt können in Büchern, auf Schrifttafeln oder in magischen Konstruktionen gesammelt werden. Dies gilt insbesondere für Erfahrungen und persönliche Gefühle. Nur die freien Künste, wie Musik, Malerei, Bildhauerei oder das geschriebene Wort, verklärt und gekünstelt in geschwollenen Worten, sind rudimentär dazu befähigt einen Teil dieser Transzendenz zu bewerkstelligen und die Emotionen und das Wissen des Schöpfers auf den Betrachter zu übertragen. Es ist zum einen natürlicher als alles andere in den Hallen des Berges, aber zugleich für die meisten Gelehrten so mysteriös und abstrakt, dass sie es kaum fassbar erklären können. Manche versuchen es gar nicht einmal. So ist es die Ironie der Gelehrten das einige von ihnen, welche sich hinter Büchertürmen verstecken um im Geheimen das Licht der Erkenntnis zu empfangen so viel im Leben verpassen und ein Straßenkind, oder zwei Kameraden im Felde vielleicht viel näher an diesem Licht stehen.
Für Asuraaugen sind die recht düsteren Hallen keine große Problematik. Ganz im Gegenteil, ist das schummrige Licht, welches zum Teil durch die eine oder andere erloschene Kerze nebelverhangen ist, sogar sehr verträglich für die großen Sehfenster der Asura. Sie stammen aus dem Inneren Tyrias und so fühlen sie sich mehr als die Menschen, Charr oder Norn wohl in der Sicherheit des Berges. Was letztere als unerträgliche erdrückende Bedrängnis seitens des Felsens empfinden, ist es für das Volk aus den Tiefen der Welt die wohlige Umarmung der Erinnerung an ihre Heimat, obgleich kein Asura der heute lebt diese wirklich selbst gesehen hat.
Man schreibt den Asura generell keine großen Emotionen und Gefühle zu, es sei denn sie bezeichnen Größenwahnsinn, Arroganz und Hektik. Doch dies ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Anders als viele glauben sind doch gerade dieses kleine Volk emotional äußerst lebendig. Nur zeigen sie es den Außenstehenden nicht immer, und noch seltener verstehen jene, die nicht viel mit ihnen zu tun haben, ihre Art und Weise wie sie mit ihren Gefühlen umgehen. Auch wenn sie sich in vielen Fällen im Zaum halten und ihre emotionalen Bewegungen gut hinter einer neutralen Maske aus brutaler Logik verbergen können, so durchstoßen meist besonders starke Gefühlsregung diesen Schleier des steinernen Herzens. Vor allem wird es anderen offenbart wenn sie sich einmal ärgern und in einem Akt des Wutausbruchs ihren Zorn in Worten, Taten und manchmal auch Magie wie ein ausbrechender Vulkan über alles und jeden entladen der in ihrer Nähe steht. Auf ihrer Art und Weise sind sie jedoch den Norn und Menschen wesentlich ähnlicher als es Charr sind, auch wenn letztere wesentlich gefühlvoller wahrgenommen werden als die kleinen Logikmaschinen. Doch das kommt ihnen recht. So zweifelt kaum jemand an ihren Motiven, an ihrer Objektivität und ihrer Integrität. Die meisten hüllen sich in einen dichten Schleier aus strenger Gefühlsdisziplin durch die kein Außenstehender, ja nicht einmal ein anderer Asura, zu dringen mag. Für manche ist der Schleier irgendwann tatsächlich ein Charakterzug geworden, die Illusion zur Verkörperung der Realität und das steinharte Gebaren keine Fassade mehr, sondern das Fundament ihres Denkens und Handelns.
Eine solche gefühlsmäßige Härte versprühte Trigal in seinem Herzen nicht mehr. Er hatte in der Vergangenheit mehr als einmal das Gleichgewicht im Balanceakt seiner Gefühle und der steinharten Maske verloren. Mehr als einmal war dabei nicht nur die emotionale Identität ein Opfer gewesen. Doch ganz war er nie in die dunkle Leere der Herzlosigkeit gefallen um auf einem trostlosen Boden aufzuschlagen, auf welchem die Emotionen nicht wachsen können und bereits als Keim vertrocknen. Immer wieder fand er rechtzeitig Halt und zog sich wieder hinauf um nicht dasselbe Schicksal seines Lehrmeister zu erleiden, welcher in dieser düsteren Einöde gefangen war und auf dessen schwarzen Herzen nur noch die Bosheit gedeihen konnte, welche die Früchte des Hasses, des Kummers und der Schmerzen trug. Stattdessen war er mit vielen Rückschlägen langsam wieder empor gestiegen um sich an einer Gefühlswelt zu erfreuen, welche für die meisten fühlenden Wesen Tyrias ein Grundbedürfnis ist. Trigal hatte es geschafft, aber nicht allein und nicht sofort. Es war ein langer Weg und viele hatten ihn geholfen, ohne das sie es wussten. Er war niemals zu einer gleichgültigen Marionette verkommen, doch stand er sich mehrmals selbst im Weg. Nach und nach wurde er aufgeschlossener. Dumme Sprüche der Norn oder Anzüglichkeiten der Menschen, welche ihn noch einige Jahre vorher ein Graus waren, ließen ihn dann und wann im Geheimen schmunzeln. Gar ertappte er sich des Öfteren selbst dabei wie er etwaige verbale Spitzen von sich ließ, die entweder niemand verstand oder aber für Erheiterung sorgten. Es war ein langer Weg und er hatte viel verloren bis dahin, welchem er noch immer nachtrauerte. Vor allem wenn er die roten Locken einer Kollegin vorbei huschen sah. Dies erschwerte sein Herz, doch immer abnehmender. Der nun von ihm beschrittene Pfad erschien ihm richtig. Besonders da er nun selbst an einem Beispiel sah wie er auf andere gewirkt haben musste. Und dies ließ Mitgefühls in ihm aufkeimen. Vielleicht war es genau diese Ähnlichkeit zu ihm gewesen, welche wie ein Magnet auf ihn gewirkt hatte und zugleich seinen Gefühlspol in eine ganz andere Richtung geprellt hatte.
In seiner Rechten hielt er die Hand einer anderen Asura, welche wie er vor dem Abgrund stand und des Öfteren ein Stück hinein gefallen war. Auch sie hatte sich hinaus gearbeitet nach vielen Rückschlägen, welche ihr Herz mehr als einmal verzweifeln ließ. Es waren Verluste die vielleicht nicht mit denen Trigals zu vergleichen sind. Doch wie bei ihm führten sie zu einem Verlust der eigenen emotionalen Identität. Nun hatte sie wieder mit dem Aufstieg aus dem dunklen Abgrund begonnen und am oberen Rand stand jemand, der ihr die Hand reichte um sie heraus zu ziehen. Er stand dort oben mit einem breiten Lächeln und ab dem Augenblick wo sich ihre Hände berührten, er sie einige Zentimeter zu sich hinauf zog, da begannen sich auch ihre Mundwinkel ein wenig zu heben. Und zeitgleich war sie das Gegengewicht für ihn, der sich selbst noch aus seiner eigenen Schlucht kämpfte, aber bereits die ersten Blicke auf die neuen Eindrücke erlebte.
Es ist gerade einmal ein Jahr her, als beide diesen stillschweigenden Entschluss gefasst hatten einander nicht nur zu vertrauen, sondern auch zu helfen. Vermutlich würden sie es sogar leugnen, würde man sie direkt darauf ansprechen. Schließlich waren sie sich ihrer Sache nicht sicher. Und manchmal wirkt es so, als wären sie es noch immer. Obgleich der Magister und die Exploratorin es verstanden, eine professionelle Fassade aufrecht zu erhalten und damit Außenstehenden fast mühelos zu täuschen, war es hingegen für viele Gelehrte in der Abteihalle und auch für viele die mit ihnen zusammenarbeiteten kein Geheimnis mehr, dass die beiden Asura sich einander sehr hingezogen fühlten und es bei vielen Gelegenheiten auch offen zeigten. So auch in dem Moment als Trigal die mit einem dunklen Muster auf weißem Grund geschmückte Hand Ferinnjas in seiner hielt und nach einem langen und anstrengenden Tag vorsichtig mit dem in grauen Leder des Handschuhs gehüllten Daumen streichelte. Lange Diskussionen und Gespräche hatten Nerven und Kräfte gezehrt. Doch sie waren nur die Vorbereitung für die wirklich kräfte-, ja vielleicht sogar lebensraubende Zeit die in Kürze bevorstand. Und getreu einem alten Kredo wollten beide den Moment nutzen und keine Zeit verschwenden.
Ferinnja hielt Trigals rechte Hand gut mit ihrer Linken fest, begleitete ihn dicht an seiner Seite und hatte den Kopf leicht an seine rechte Schulter gelehnt. Die Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt, durch welche nur das helle Blau ihrer Iren unterbrochen durch die dunklen Pupillen schimmerte. Ihre Blicke waren auf den Mann an ihrer Seite gerichtet. Sie achtete kaum auf ihre Umgebung. So war es dem langsamen Schlendern zu verdanken, dass sie einigermaßen sicher jede einzelne Treppenstufe mit den Füßen betrat. Wallend fegte der Saum ihrer langen blauen Abteirobe über den grauen Stein, der durch emsige Putzarbeiten immer von Staub befreit war und manchmal zu glänzen wirkte. Trigal hingegen hatte, um nicht Gefahr zu laufen irgendwo anzustoßen, den Blick durchaus auf seine Umgebung gerichtet. Doch immer mehr schielte er zu der Asuradame an seiner Seite. Die Gedanken waren ohnehin zu einem Großteil bei ihr. Dies war wohl auch der hauptsächliche Grund, weshalb er sie fast in Zeitlupe die Treppe und im Anschluss durch einen der recht schwach beleuchteten Korridore führte. Obwohl die Abtei Durmand niemals wirklich schlief und Tageslicht hier unten kaum eine Rolle zu spielen schien, waren nur noch wenige Gelehrte anwesend. Aus der Küche hörte man das Klopfen und Hacken des Küchenpersonals, welches Rationen und Teigwaren für den nächsten Tag vorbereitete. Hier und da war ein Wachposten im Gang anzutreffen. Sie kümmerten sich nicht um das Paar das langsamen Schrittes durch die Gänge flanierte. Schließlich waren die beiden Asura nicht die einzigen, welche im Orden den Partner ihres Lebens gefunden hatten und für die der Dienst im Orden der Abtei Durmand nicht eine Arbeit, sondern ein ganzes Leben beinhaltete. Vor allem unter den Menschen war es nicht unüblich das der eine oder die andere jemanden vielsagende Blicke zuwarfen. Das Archiv war gar angefüllt mit unzähligen Briefen und Gedichten in welchen sich zwei liebende Seelen ihrer Zuneigung gestanden. Nur an diesem Tage um diese Zeit, waren die beiden Asura vermutlich die einzigen in den Hallen die so mit einander, Seite an Seite durch die Gänge schritten.
Schließlich erreichten sie die große Holztür eines Schlafsaals. Es gab einige von ihnen in den Hallen der Abtei. Sie waren nicht nur Nachtquartier, sondern auch Aufenthaltsraum. Für manche waren sie sogar das Zuhause. Für die große Versammlung des Pakts etwa eine Woche zuvor war ein Schlafsaal geräumt worden um Platz für die Gäste zu schaffen. Nun stand er leer. nicht aber weil die Gelehrten die ihn bewohnt hatten umgezogen waren, sondern weil es keinen mehr gab der sie hätte bewohnen können. In den letzten Wochen und Monaten waren viele Betten leer geblieben und ein Schlafsaal nach dem nächsten wurde geschlossen. Die Betten standen unbenutzt und bezogen in den Sälen, bereit jederzeit Besucher zu empfangen. Vor zwei Jahren waren sie prall mit Flüchtlingen aus Löwenstein gefüllt. An diesem Abend waren sie vereinsamt.
Die beiden Asura blieben vor der großen Tür stehen. Nachdenklich starrte Trigal die hölzerne Tür an. Er hatte seinen Blick für den Moment vollends von Ferinnja losreißen können. Sie sah ihn für einen Moment weiter verliebt an, ehe sie ebenso ihren Blick in Richtung der großen Tür lenkte. Ander als er, hob sie ihre rechte Hand und griff nach der Türklinke um sie hinunter zu drücken. Die Tür war nicht verschlossen und ließ sich einfach aufschieben. Es knarrte ein wenig und das Licht des Ganges drang in die recht kühle Finsternis des Raumes. Zu sehen waren einige Doppelstock-, aber auch Einzelbetten, welche so groß waren dass ein Norn bequem darauf Platz finden konnte. Einige Betten waren zerwühlt manche noch ordentlich zu Recht gemacht. Offenbar hatten einige andere die Möglichkeit genutzt einen Rückzugsort für ein Nickerchen oder für anderes zu nutzen. Über einen großen Lüftungsschlitz in der Decke des Saals drang das bläuliche Licht des Nachthimmels in den Raum und schenkte diesem im Zentrum einen Lichtkegel. Auch kam über ihn frische, aber kalte Luft in den Raum. Trotzdem waren die Temperaturen gut aufzuhalten. Besonders wenn man das raue Klima von Lornas Pass gewohnt war und man sich in eine warme Decke einhüllen konnte.
Mit vorsichtigen Schritten betraten die beiden den dunklen Raum, während sich ihre Augen auf die Finsternis einstellten. Hölzern knarrend fiel die große Tür hinter ihnen ins Schloss. Trigals linkes Ohr begann zu zucken und die Augen wanderten zu Ferinnja. Diese hatte den Blick zum Lüftungsschacht gewandt und sah ihn schweigsam an. In ihren blauen Augen war gerade einmal die leichte Lichtspiegelung zu erkennen. Ungewohnte Stille empfing die beiden in dieser Dunkelheit. Kein Scharren, kein Schnarchen, keine Geräusche außer das monotone Hallen des Windes welcher durch den Lüftungsschacht wehte. Langsam festigte sich Ferinnjas Griff nach Trigals Hand. Ihr Kopf hatte sich begradigt und die Augen sahen hinauf zur schwachen Lichtquelle. Schließlich übernahm sie die Führung und zog Trigal mit sich in den Lichtkegel um in diesem stehen zu bleiben und schweigsam hinauf zu sehen. Etwas Staub ließ das Licht in rauchartigen Silhouetten brechen, als wäre der Raum gefüllt mit Nebel. Die blauen Augen der Asura weiteten sich und fokussierten die Gestirne, welche mit ihrem Schein dann und wann durch die Wolkendecke brachen. Trigal folgte ihr und begann sie dabei zu betrachten. Er hatte sie hin und wieder beobachtet wenn sie auf der großen Terrasse der Abtei stand und in klaren Nächten hinauf zu den Sternen sah. Manchmal flossen ihr Tränen über die Wangen und ihre Gesichtszüge füllten sich mit Trauer und Schmerz. Er hatte lange nicht verstanden warum sie dies tat und warum ihr der Anblick der Gestirne so großen Kummer bereitete. Irgendwann begann er zu begreifen, dass es nicht der silbrige Schein des Nachthimmels war der sie mit Kummer erfüllte und schmerzende Erinnerungen hervorbrachte, sondern dieser lange Zeit eines der wenigen Dinge waren bei der sie ihren Kummer und Schmerz lindern konnte, welche sie unter ihrem Schleier verborgen hatte.
Auch an diesem Abend sah sie sehnsüchtig zum Himmel empor. Doch auch wenn ihr keine Tränen entkamen, wusste Trigal das dem nicht immer so ist. Manchmal hatte er sich zu ihr gesellt. Zu beginnt unterbrach sie ihre stille Einkehr immer wenn er erschien und wischte sich schnell die Tränen fort. Doch hin und wieder, wie an diesem Abend bezog Ferinnja ihren Liebsten mit ein und sie betrachteten gemeinsam die Gestirne, die für beide vollkommen unterschiedliche Bedeutungen hatten. Denn für Trigal waren sie auf eine andere Art und Weise inspirierend. Er liebte wie viele Asura schöne Dinge und nahm sie als solche gern und lange war. Sie hatten eine beruhigende Wirkung auf ihn. In Rata Sum wo der Himmel wesentlich klarer war und man die Gestirne besser beobachten konnte, hatte er oft viel Zeit allein oder in Gesellschaft damit verbracht diese zu betrachten. An Ferinnjas Seite war es jedoch etwas anders. Im schien es als wolle sie nicht nur das Leuchten der Lichter am Himmel erblicken und auf sich wirken lassen, sondern zu ihnen zurück funkeln - stets im Bewusstsein ihrer eigenen Vergänglichkeit und des unvollkommenen Lichts das sie ausstrahlen würde.
Leicht lehnt sie ihr Haupt wieder an Trigals Schulter und schloss die Augen, umso an seiner Seite zu verweilen. Er hob die linke Hand an um ihr vorsichtig über die rechte Wange zu streicheln. Mit den in Leder gehüllten Fingerspitzen fuhr er über die Konturen ihrer feinen Gesichtszüge, vorbei an ihren Mundwinkeln zu ihrem Kinn. Dabei entließ sie ein leises und wohliges Seufzen das in eine Art Schnurren überging. Die Ohrspitzen hoben sich leicht an und zeugten davon, dass sie nicht eingeschlafen war.
Einige Zeit standen sie so dicht an dicht, bis der Schein des Nachthimmels an ihnen vorbei gezogen war und sie wieder in Dunkelheit tauchte. Warm und feucht legten sich ihre Lippen auf die seinen, um sich mit ihm in einem Kuss zu vereinigen. Noch immer hatte sie die Augen geschlossen und Trgal tat es ihr gleich. Er erwiderte Ferinnjas zärtlichen Berührungen und verwob sich mit ihrem Mund zunächst ruhigen und sinnlichen, dann aber mehr und mehr in einer stürmisch werdenden Balz.
Warme nackte Haut und kühler Schweiß definierten die intime Umarmung zweier Liebender, die sich in den Laken eines Bettes rekelten. Das erschöpfte Keuchen das ihren Kehlen entsprang, schwängerte die kalte Luft des Saals mit inbrünstiger Leidenschaft. Mit der rechten Hand glitt er über ihre glatte und weiche Hautoberfläche, betastete die Konturen der feinen Muskelstränge und spürte jede noch so kleine Ungelegenheit mit den Fingerkuppen auf. Die Reise begann bei ihren zähen Narben am Unterarm, welche Zeugnis für den Blutzoll ihrer Magie sind. Rau und starr wirkten sie im Vergleich zur dunklen Fläche ihres Hautmusters. Und an dieser schrecklichen Entstellung ihrer körperlichen Perfektion vorbei, welche sie definierten wie Formeln mathematische Gesetze, glitten die Finger entlang ihres schlanken und geschmeidigen Oberkörpers, hinab bis zu ihren Schenkeln. Mit der linken hielt er sie fest an sich gedrückt um sie in dieser trauten Zweisamkeit bei sich zu wissen. Er war bestrebt sie zu halten wenn sie sich fallen gelassen hätte, oder mit ihr ins Bodenlose zu stürzen. Und wie ihre Schenkel und Arme einander umschlangen, sich die Leiber eng aneinander pressten, so hatten sich auch ihre Lippen eng in einem unaufhörlichen Kuss miteinander verwoben, durch die in der Extase der Gefühle nur selten den Klang ihrer Stimmen entfliehen konnte. Wie er sie hielt, so klammerte sich auch Ferinnja an Trigal, als wäre er der letzte Rettungsanker in einer heranziehenden Flut in einem Sturm der Gefühle. Ihre Gedanken waren bei ihm und die Hände wanderten über die Muskulatur des kräftigen Wurfarmes, in Richtung seines Nackens, wo die Finger die große Narbe am Ohransatz betasteten. Hier griff sie mit leichten aber bestimmten Druck nach seiner Ohrmuschel, während sich die ihren in Verzückung rhythmisch oben und wieder senkten. Wie viele andere vor ihnen begannen auch sie damit das Geheimnis der Liebe zu ergründen, im Bestreben es niemals zu entschlüsseln, aber es immer zu erfahren.