„Du bist also Morgen den ganzen Tag und die ganze Nacht bei Lynn?“ erkundigt sich Lucas so nebenbei, welcher den Blick aus dem Buch hebt, in welchem er gerade liest. Sophie, intensiv am Tuscheln mit der Mutter, sie sitzen beide eingekuschelt auf einem Zweisitzer, schaut herüber und nickt grinsend. „Ich werde sogar mit der Kutsche geholt, stell dir das mal vor. Kurz hatte ich Panik das ich nicht weiß was ich packen soll.“ Die Lippen spitzt sie ein wenig, sein Grinsen verrät die kommenden Worte. „Ah ja, du hast sicher nichts anzuziehen, richtig?“ Sophie schnipst deswegen. „Genau das!“ Was zumindest für ein heiteres gemeinsames Lachen, unterbrochen von Hüstereien Sophies, auch die Mutter steigt mit ein, sorgt.
„Sophie?“ Lucas Stimme, er war aufmerksamer als die beiden Damen.
„Ja, Lucas?“ Sophie blinzelt herüber zu ihm.
„Er schnüffelt.“
„Was?“ Einen Moment ist sie mit der alleinigen Information überfordert.
Tatsächlich will sie schon wieder zu ihrer Mutter und dem Schal schauen, den jene gerade strickt, als es ihr einfällt. Von der Couch springt sie, hustet kurz heftig, flitzt auf den schnüffelnden Welpen zu, schnappt ihn sich und stolpert in Galoschen, nur um dann mit ihm draußen in der bitteren Kälte zu stehen. Ihn kümmert das weniger, aber sie hat nicht mal an eine Jacke gedacht und das bei der Erkältung! Sammy schnüffelt ein paar Schritte weiter, dann entleert er sich in den vorher weißen und jetzt gelben, hartgefrorenen Schnee. „Hah!“ Es klingt ein bisschen triumphal und der Welpe wird geschnappt und geflauscht. „Ganz artig, Sammy!“ murmelt sie in das Kraulen hinein. Sie friert heftig, auch deswegen geht es rascher wieder hinein.
„Schatz, du könntest doch das hier anziehen?“ Sophies Mutter hält ihr eine Bluse hinauf. „Das ist deine Mum, ich kann unmöglich deine Sachen anziehen. Ehrlich. Außerdem, wir gehen Eislaufen, da kann ich nicht so Schick aufschlagen.“ Der Schweißfilm auf ihrer Stirn und dem Nacken erzählt von ein wenig Temperatur, dazu friert sie teils, weswegen sie noch ein bisschen ungnädiger ist, was die Kleidung angeht. Aber und das hat sie sich fest vorgenommen, sie will sich den Tag mit Lynn nicht durch so etwas Weltliches wie eine Erkältung nehmen lassen.
Dennoch landet ein Kleid in der Tasche, die sie für eine Übernachtung gepackt hat und ansonsten geht es in Hose und Mantel eher sportlicher zu. Aufregend ist die Kutschfahrt und sie sitzt dicht am Fenster um auch alles zu sehen, vor allem aber auch ein bisschen gesehen zu werden. Erst vor der Stadt kommt etwas Ruhe in sie und sie genießt die restliche Fahrt zum Anwesen eher zurückgelehnt und mit den Gliederschmerzen hadernd.
Lachend, hustend und ein bisschen mit glasigen Augen, wird Lynn begrüßt und direkt umarmt. „Ihr habt es so schön hier!“ Auf der Tasche, die der Kutscher herausholt, liegen auch ihre Schlittschuhe und nach einem Begrüßungstee, welcher auch etwas gegen das Fieber tut, geht es mit der Freundin aufs Eis. Ihr fehlt ein bisschen die Übung, aber sie stellt sich nach einer Weile nicht mehr ungeschickt an und zieht so neben Lynn ihre Bahnen. „Das ist so fantastisch und ewig her, keine Ahnung warum ich solange nicht gelaufen bin!“ meint sie mit einem breiten Grinsen, wobei sie den einen oder anderen Wettlauf gegen Lynn verliert. Was ein Tier!
Nebst gutem Essen, einer gemütlichen Stube, etwas Ruhe, gönnen sie sich am Abend ein langes Bad und im Anschluss eine Maniküre und Pediküre. Dazu hätte Sophie gerne Wein getrunken, aber sie bleibt bei dem guten Tee den Lynn anbietet, denn der hält sie einigermaßen über Wasser. „Das ist schon ziemlich dekadent, Lynn..“ murmelt Sophie verlegen, schaut rüber zur Freundin und ihre Augenbrauen wippen ein wenig. „Lenk mich davon ab, die Kutschfahrt war schon total verrückt! Erzähl ein bisschen von deinem Studium! Lucas meinte schon das es dich ganz schön schlaucht zu allem anderen was du eh um die Ohren hast.“
Es ist eine freundliche, liebevolle Nachfrage, die nur etwas Sorge trägt. Denn in ihren Augen muss Lynn dadurch, sonst würde sie es sich auch nicht zumuten.
Tipps hat Sophie allerdings keine, denn ihr Studium konnte sie wirklich entspannt angehen, ohne andere Verpflichtungen nebenbei und so auch erfolgreich abschließen, auch deswegen, das betont sie gerne, zieht sie vor Lynn den Hut. Und sie ist sich sicher, dass sie ihren Weg, wie auch immer er ausfällt, gehen wird.
Später, eingekuschelt auf dem Sofa, tratschen sie über alles was ihnen in den Sinn kommt, wobei Sophie das Thema Männer bewusst ausklammert, außer sie reden über Alesha, denn den findet sie im Allgemeinen (!) und für Lynn besonders toll. Allerdings und das ist der Erkältung geschuldet, flammt das Fieber wieder ein wenig auf, so dass sie doch und das ist für Lynn vielleicht auch nicht das Schlechteste, zeitig ins Bett kommen!
Am nächsten Tag lässt sie sich mit mehr Husten und ein bisschen mehr Fieber von der Kutsche nach Hause bringen, aber nicht ohne das Versprechen, das sie so einen Tag ganz Bald wiederholen.
„Du hast dich völlig überanstrengt, Sophie.“ Tadelnd klingt der Bruder, der auch ihr Arzt ist. Sophie liegt dick eingekuschelt unter einer Decke, der Tee dampft frisch, die Wärmflasche zu ihren Füßen hilft den Fieberanstieg zu überleben. Ihr Bruder ist nicht wirklich besorgt, er weiß das es nur eine Erkältung ist, dennoch kann er nicht ganz aus seiner Haut. Das Thermometer nimmt er aus ihrem Mund und schüttelt den Kopf, als er die Zahl abliest von der Skala.
„Hat es sich denn wenigstens gelohnt, hrm?“ hakt er liebevoll nach.
Das Grinsen seiner Schwester wäre schon Antwort genug.
„Absolut und es war nötig!“
Dann hustet sie wieder.
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