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Sie hatte wahrlich alles erwartet, als Cornerstone plötzlich unangekündigt in ihrem Wohnzimmer erschien und sie aufforderte sofort allemöglichen medizinischen Sachen zu packen, die sie für den Ghul brauchte. Den Ghul. Schnell realisierte sie dessen Rückkehr aus dem Dschungel und kam sogleich der überhaspelten Aufforderung des Mesmers nach. Ihr Herz hämmerte ihr in der Brust und um ihre Gedanken kreiste nur eine Frage: Wie schlimm ist es? Chester war schon einige Male draußen gewesen im Fort Marriner oder aber hatte glatt Besuch vom Priester Marktur erhalten, damit man gemeinsam plauschen konnte. Aus einem ihr unerfindlichem Grund war es ihm wichtig den Kontakt zu ihr zu halten und als sie mit Cornerstone in Löwenstein ankam, dämmerte ihr bereits weshalb. Sie hätte sich kaum mehr irren können. Die Anwesenheit eines Priesters der Dwayna war ihr bekannt und wären es jene derben Verletzungen gewesen, die sie erwartet hatte, ihre schlichte Unterstützung hätte vollkommen ausgereicht. So allerdings riss sie sich schnell vom Mesmer los und folgte dem lauten Brüllen dreier Stimmen - jene der beiden Priester und des alten Zaishen. Als sie ankam wusste sie nicht weiter. Die Tür stand weit offen und die zwei gestandenen Männer hatten ihre Probleme das tosende Scheusal auf dem Boden zu halten zwischen den Trümmern von Stühlen, Schränken und einem Tisch.
Die kühle Brise des Abendwindes strich ihr regelrecht auflockernd über die Schultern, während sie auf einem der Wälle des Forts stand und schweigend ihre Zigarette genoss. Ihr Tabakgebrauch war selten geworden, aber sie hatte einfach das Bedürfnis gehabt. Wie eine kleine Sehnsucht die sie aufrüttelte und dann doch besänftigte. Leicht und vorsichtig krümmte sie ihre Hand und spürte den stechenden Schmerz durch die geschwollenen Fingerglieder zucken. "Ihr könnt Euch ruhig hinlegen, Chester.", erklang die Stimme des Priesters hinter ihr, welcher sich ungefragt neben sie an die Brüstung stellte und mit hinaus über die Hafenstadt blickte. Die Sonne war schon längst untergegangen und tauchte einige noch stehende Wolken dennoch in orangene Farbe. "Ist Jace da?" "Nein, der-" Sie schnitt ihn schlicht mit einem bestätigenden Brummen ab und er ließ dies auch kommentarlos gewähren. "Heute ist der zweite Tag nach der Ankunft, oder?", erkundigte sie sich schließlich und drehte den Kopf ein Stück nach rechts, um den Soldaten von der Seite zu mustern. Wie immer stand er in aufrechter, strenger Haltung dort. Gerüstet und bewaffnet, immer für einen Kampf bereit. Die dunklen Schatten um seine Augen herum allerdings sprachen von der selben Übermüdung die auch die Ärztin im festen Griff hielt. "Ist es.", bestätigte er ihr und sie blickte mit einem leisen Schnauben in den Hafenbereich zurück, beobachtete das Andocken eines weiteren Handelsschiffes und lauschte einige Augenblicke lang nur den weit entfernten Rufen der Arbeiter an Deck, welche die ersten Tauwerke hinab warfen.
Mit einem strengen Heben der Schultern, riss sie sich selbst aus ihren abdriftenden Gedanken und sah hinauf zu den Wolken, die wie stehendes Feuer in der Luft saßen. "Es war gut, dass Ihr mich geholt habt." Marktur bestätigte diesen verzögerten Kommentar mit einem leichten Nicken. "Ich empfand es als wichtig, dass Ihr das mitbekommt." "War es auch.", antwortete sie ihm ziemlich schnell ohne dabei einen beipflichtenden Ton in die Stimme zu legen, die dadurch etwas lieblos erklang. Nun war er es, der den Seitenblick aufnahm und sie beobachtete, als sie weiter sprach. "Ich habe ihn schon mehrmals gehen und zurück kommen gesehen, so oft, dass ich nur wieder das selbe Bild erwartet hatte.. aber keinen Tobsüchtigen, der kurz davor ist ein ganzes Fort auseinander zu nehmen." Der Priester sah noch etwas länger zu ihr herüber, obwohl sie schon längst wieder schwieg. Dann erst wieder ein leichtes Nicken und der Fokus wurde von ihr genommen. "Sobald er stabil und natürlich wieder wach ist, werde ich ihn mit aus der Stadt nehmen." Chester gönnte sich den nächsten Zug von der Zigarette während seiner Worte und pustete den blauen Dunst gedehnt aus. "Das wäre sehr ratsam." "Eure Zustimmung überrascht mich.", entkam es ihm und veranlasste ihn dazu sich ihr nun ordentlich zuzuwenden. "Wie kommt es dazu?", hinterfragte er gleich und zog die Brauen dabei etwas zusammen. Die Ärztin furchte ihre Stirn und blickte ihm nun selbst perplex entgegen, was allerdings nur einen Moment lang hielt und sie dann schmunzelnd wieder auf die fremden Arbeiten am Schiff blicken ließ. "Ganz einfach.", meinte sie. "Ihr alle ohne Ausnahme, und selbst Ihr kennt ihn nur als Ausbilder und bestenfalls noch als Soldaten." Bei diesen Worten verengte der Mann die Augen konzentrierter Manier und brachte sie kurz dazu aufzulachen, bevor sie den Blick von ihm mit einem amüsierten Schmunzeln kreuzte. "Aber ich kenne ihn als das Monster das er ist."