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Stimmenwirrwar.
Massenansammlungen.
Dicht an dicht gedrängt, dass es nur noch wenige Flecken gab, an die man sich hätte durchdrängeln können zum Rand des Arenaringes, in dem er gerade stand.
Rufe drangen an sein Ohr, doch nicht durch die wirren Gänge seines Hirnes, dem eigenen Takt des Herzes, dass so laut in seinem Schädel wiederhallte, dass es fast alles andere überlagerte. Hier und da schnappte er nur mal seinen Namen auf und den seines Gegenübers.
Goldzahn.
Er war gewiss nicht nervös oder gar ängstlich, aber aufgeregt, das war er. Ja, aufgeregt über die Tatsache, dass er diesem Mann im Finale der dritten Tribute gegenüber stand. Sie hatten davor darüber gescherzt, dass sie sich genau hier begegnen werden, hatten sogar zum Ansporn eine persönliche Wette ausgehandelt, sich im Halbfinale noch die Fäuste gegeben mit den Worten 'Sehen uns im Finale' und nun... nun standen sie hier, als Kumpels, aber auch als Gegner, die beide nur eines wollten: Den Sieg und einen guten Kampf.
Eigentlich hatte Vaas sich am Anfang nur für die Tribute angemeldet, weil er schlichtweg angeben wollte, vor allem vor Kaydis. Wie man als Kerl halt so ist und gerne mal beeindrucken will. Zusätzlich hat er eine Leidenschaft für Brutalität und Kämpfe.
Aber dieser Mann schaffte es, dem Nekromanten nochmal einen besonderen Anreiz zu liefern, einen besonderen Grund sich mehr ins Zeug zu hängen als sich einfach nur hinzustellen und Spaß am Prügeln zu haben.
Er wollte um jeden Preis ins Finale.
Er wollte dort gegen ihn~ kämpfen, weil er sich sicher war, das Roscoe mehr als nur das Zeug dazu hatte, dort hin zu kommen. Vaas wusste nicht, wie der Pirat kämpft, hatte ihn nie dabei gesehen, aber irgendetwas in ihm sagte, dass der Kerl einiges auf dem Kasten hatte.
Die voran gegangenen Kämpfe hatten schon etwas an seiner Kondition gezerrt. Erst der Kampf mit dem riesigen Norn, der ihm die Rippen geprellt und den rechten Arm ausgekugelt hatte, nachdem er dessen Schild ungünstig an den Schädel bekam und teils benommen war, so, dass er sich schlichtweg nur noch auf Schnelligkeit und Präzision verlassen konnte – ebenso wie auf das Gift, welches sich auf seiner Waffe befand. Ein guter Treffer am Arm und Bein hatte ihm den Vorteil verschafft, der ihm, zusammen mit der Zeit, zum Sieg verhalf und hätte er sich nicht für die Glefe und einen Kampf auf Abstand entschieden, sondern für seine Dolche, er hätte nach dem Schildschlag diesen verloren, dessen war er sich bewusst, denn der Feignorn – wie die anderen ihn nannten – war ihm in Sachen Kraft und Verteidigung haushoch überlegen. Es war ein guter Kampf, dem er sich ohne Furcht entgegen stellte, selbstbewusst und stolz.
Und genau dieses Auftreten wurde ihm ein klein wenig zum Verhängnis, als er im Halbfinale gegen den Asura gekämpfte, denn er unterschätzte ihn, seine Größe und dessen Waffen.
Ein Streifschuss in die Seite war die Folge, durch den er einiges an Blut verlor, als er die kleine Kampfmaschine durch den halben Arenaring vor sich her scheuchte, in dem Versuch ihn oder sein Monokel zu treffen. Schon immer war er gut darin gewisse Dinge schlicht weg zu ignorieren, so auch mit dem Schmerz und der Tatsache, dass er durch zuviel Bewegung die Wunde weiter einreißen lassen würde. Vaas ließ nicht locker und verdankte es wohl nur dem Umstand, dass der Griff seiner Glefe nicht vollständig aus Metall war, dass er auch diese Runde für sich entscheiden konnte, da der Angriff mit dem Schockhandschuh Ermens dadurch ins leere verlief. Sich dem Siege sicher, riss der Kleinere ihn noch um und rammte seine spitzen Haifischzähne in seinen Hals, ehe Vaas ihm mit einem Schlag gegen die Schläfe ins Reich der Träume befördern konnte. Auch hier floss wieder sein eigenes, im Vergleich zur Norm, viel zu dunkles Blut.
Er lies sich noch nähen, nachdem er Lynn erlaubt hatte, sich um die Wunde am Hals zu kümmern, denn viel Zeit blieb ihm nicht mehr.
Doch all davon war ihm gerade nicht anzumerken, bis auf die Bisswunde am Hals, die überdeutlich zu von der bleichen Haut hervor stach.. Nichts von den Schmerzen in der linken Schulterseite, an denen die Muskeln und Sehnen vom Aus- und Einkugeln noch verkrampft waren, von den Rippen, die bei ungünstigen Bewegungen dem Atem stocken ließen. Blut konnte und WOLLTE sich vor dem Goldzahn keine Blöße geben. Konzentrierte sich ausschließlich auf seinen Gegner, auf dessen Bewegungen, als sie anfingen sich gegenseitig zu umkreisen, wie lauernde Tiere, die nur darauf warteten, dass der andere einen Fehler machte, um ihn an die Kehle zu gehen.
„So... du hast es also ins Finale geschafft...“
Es war seine tiefe, bärige Stimme, die ihn, wie auch schon vor dem Beginn der Kämpfe aus den Gedanken rissen, den Kopf klärten, so dass mit einem Mal auch das Getose und Gejole der Meute um sie herum durch den Schleier in seinem Schädel endlich hindurch drangen und ihn einen Schauer über das Rückgrad jagten, dass wilde Kampfeslust mit sich trug.
Er lies sich mit reißen, von der Menge, die Goldzahn oder ihn anfeuerten, von der Stimmung, die mit den Kämpfen und dem Geruch von Blut... den Schmerzen, eine wohlige Erregung in ihm hinauf beschworen hatte, die hier seinen Höhepunkt fand und sich in einem debil hyänischen Ausdruck auf seinem Gesicht und einem begeisterten Funkeln im verbliebenen Auge manifestierte, dass Ros nur zu bereit entgegen schlug.
„Du auch... 'ch hab nichts and'res erwartet.“
Angekratzt war seine raue Stimme schon, aber hatte noch lange nichts an Kampfeswillen und seiner Unbeugsamkeit verloren. Die Waffe in seiner Hand einmal drehend, während sie weiterhin der Form der Arena mit Seitenschritten folgten, lies er seinen Gegner soweit heran kommen, dass er mit einer laschen Bewegung die Spitze der Glefe auf Ros zubewegte, der, wie zu erwarten, diesen nicht ernst gemeinten Angriff blockte.
„Wirklich, Blut? Mehr hast du nicht für mich auf Lager?“
Oh doch, das hatte er.
Vaas fing einen Satz an, den er nicht einmal zu Ende sprach, da er mit einem Ruck seines Körpers nun endlich Bewegung und Geschwindigkeit in die Sache hinein brachte. Ein Ausbruch nach links, hin zu der rechten Seite des Älteren, da er bemerkt hatte, dass dieser den Fuß ein klein wenig nachzog, und versuchte schneller auf das Bein einzuhieben, als der Koloss sich bewegen konnte.
Waffen klirrten aufeinander, laut, kräftig und die Wucht, die Ros aufwandte, um seinen Angriff zu blocken, lies die Stangenwaffe in seinen Händen erzittert, die er direkt mit der Klingenseite hinauf riss, bevor das Schild ihn nach hinten weg stieß. Er war schon immer ein aufmerksamer Beobachter und hatte schon vorher gesehen, dass die Handschuhe des Piraten seine Finger nicht komplett schützten und er schaffte es ihn dort an der Waffenhand zu verletzen. Keine tiefe Wunde, aber mehr war nicht von Nöten, für das Gift, das dadurch in seine Blutbahnen gelangte und mit der Zeit, genauso wie bei Thrym, die betroffene Stelle lähmen würde.
Roscoe sah sich somit einem zweiten Feind gegenüber: der Zeit. Denn viel von dieser blieb ihm nicht, ehe er Vaas einem ungeheuren Vorteil schenken würde, den dieser mit aller Gewalt ausgenutzt hätte. Goldzahn ging zum Gegenangriff über, da der Schildstoß – langsam aber sicher begann der Nekromant Schilde zu hassen, so oft, wie er schon eines gegen die Visage bekommen hatte, nicht nur an diesem Abend – Blut zum Taumeln gebracht hatte.
Doch der Silberschopf wich nicht aus, blockte und lies sich damit ein Stück hinter Ros auf den Boden knallen, mit dem Plan, dadurch effektiver an dessen Kniekehle heran zu kommen. Einem, bei dem seine Rippen und die Schulter, in Kombination mit der Kraft des Schlages, den er abbekam, ihm einen Strich durch die Rechnung machten.
Er traf wieder nicht.
Und schlimmer noch, er hatte sich dadurch mit Absicht einen Angriff ausgesetzt, der ihm den angeschlagenen Arm halbwegs taub werden lies. Nicht, dass er die Kraft seines Kontrahenten unterschätzt hatte, das wäre trotz seines Egos ein mehr als nur fataler Fehler bei Goldzahn gewesen, aber er wollte ihm dadurch ebenso eine einschränkende Verletzung zufügen. Wenigstens hatte er sich seine Waffe nicht entreißen lassen, was ihm leider letztendlich auch nichts brachte. Der Arenaring war direkt in seinem Rücken und zum ausweichen war es zuspät, als Ros erneut mit dem Schild auf ihn einhiebte. Er schlitterte an seinem Schulterschutz ab, dass konnte der Nekromant noch verhindern, doch der Pirat zog weiter durch.
Es knackte.
Unangenehm und zweimal. Erst, als der Griff der Glefe brach und dann. als die Speiche seines Armes nachgab, was ihn zu einem dumpfen Laut brachte, jedoch nicht zu einem schmerzlichen Aufschrei. Blut war und ist zäh und wie der Kampf hätte weiter gehen können, zeigte, wie dieser mit dem restlichen Griff seiner Waffe noch unter dem Schildrand hervor zuckte, um dem Seebären den abgebrochenen Schaft noch ins Gesicht zu zimmern, ehe sein Leib von einem weiteren Stoß ausgehebelt wurde und für einen kurzen Moment fliegen lernte, als er über die Absperrung nach draußen unsanft auf den Boden knallte.
Irgendwo aus dem Hintergrund konnte er noch hören, wie jemand schrie, dass man ihm wieder hinein werfen solle, aber dafür war es zu spät.
Aus.
Erst durch das Grölen der Menge realisierte er, dass der Kampf somit vorbei war.
Er hatte verloren.
Noch immer pumpte sein Herz Unmengen an Adrenalin durch seinen Körper, als er sich langsam wieder aufrichtete, was beinahe dem zum Verhängnis wurde, der ihm von hinten die Hand auf die Schulter legte. Vaas konnte sich gerade noch so zurück halten mit der heilen Hand zuzuschlagen, auch wenn ein Ruck durch den Leib ging.
Ein wenig überfordert mit den Komplimenten die ihm trotz Niederlage entgegen gebracht wurden und er sie eher leicht benommen annahm, griff er den Rest seiner Glefe auf und schob sich erst einmal ins Freie, weg von all den Menschen, von der Menge, er hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen und nicht deswegen, weil er den Buckel des Schildes voll gegen die Brust bekommen hatte.
Etwas auf Abstand zu allen, schüttelte er sich, holte Luft und schlurfte erst einmal zu Al um seinen Wetteinsatz abzuholen. Aus 0 machte er 19 Silber, dass muss man ihm erst einmal nachmachen. Während er den Beutel verstaute, wanderte sein Blick hinüber zu Ros, der gerade von vielen beglückwünscht und gefeiert wurde, während andere über ihre verlorenen Münzen fluchten.
Kein Zorn oder Frust lag in seinem Blick, im Gegenteil. Es war Anerkennung, Respekt und irritierenderweise ein gewisses Maß an Wohlwollen. Es war ein guter Kampf, ein viel zu kurzer, wenn es nach ihm ging, aber er hatte ihn genossen, jede Sekunde davon, jede Bewegung, jeden Schlagabtausch und trotz seines eigenen Egos, seines viel zu großen Stolzes... Vaas war nicht sauer. Trotz Verletzungen, er hatte das Gefühl an diesem Tag war Ros schlichtweg besser und auch ein heilerer Körper hätte ihm nicht geholfen.
Wie sollte man da sauer sein über so einen guten Kampf?
Er würde eine Revanche fordern, sobald er wieder genesen ist.
Und er freute sich jetzt schon auf weitere Kämpfe, auf gute Kämpfe. Auf blutigere Kämpfe.
Erst der weibliche Silberschopf, der sich in sein Blickfeld schob, lenkte die Aufmerksamkeit um.
„Alles noch dran?“
„Scheint so.“ brummte er, wobei das frettchenhafte Grinsen, mit dem sie ihm gerade ein Zettel zuschob, ihm schon komisch vorkam.
„Hier, als Belohnung!“ Er beschaute sich das Ding.
„Ernsthaft, Kay? Ernsthaft? 's Teil kannste dir sonstwo hinschieb'n.“ Als er schon 'Gutschein' und 'Langfinger Joe' gelesen hatte, war ihm klar, dass Kay gerade versucht das 'Geschenk' von Lair loszuwerden und ihm anzudrehen.
Gespielt enttäuscht drehte sie wieder ab und versuchte als nächstes ihr Glück beim neuen Tribun, was scheinbar klappte.
An den weiteren Verlauf des Abends hatte Vaas nur noch verschleierte Erinnerungen, an ein Gespräch mit Helena erinnerte er sich noch, an aufmunternde Worte, an Nirajit, mit dem er sich wieder mal verbal angelegt hatte und an Ros, dem er noch halb gratulierte. Danach wurde alles eher etwas unklar. Irgendwie hatte er es noch geschafft sich den gebrochenen Arm schienen zu lassen, ehe er sich den kurzen Weg nach Hause schleppte und sich den Rest mit Whiskey gab.
Ein, trotz Niederlage, erfolgreicher Tag ging für ihn zu Ende, auch wenn er das Gefühl hatte von einem Dolyak überrannt worden zu sein – und dabei hatte er nicht mal gegen Gwen gekämpft. Er war zufrieden und freute sich jetzt schon auf die nächste Kampfbegegnung mit dem Piraten, die jetzt schon versprach noch interessanter zu werden.
Das böse Erwachen folgte allerdings am Tag darauf, oder eher, irgendwann am späten Nachmittag, als der Nekromant von einem plötzlichen Gedanken aus dem Schlaf heraus gerissen wurde.
„Verdammte Dolyakscheiße....!“
Der Fluch schallte durch das ganze Haus, sogar auf die Straße hinaus, durch das halb geöffnete Fenster, so dass gewiss der ein oder andere stehen blieb und kurz den Schädel drehte.
Denn gerade ist ihm eigentlich bewusst geworden, worauf der sich mit Thrym eingelassen hatte.
Warum um alles in der Welt hatte er zugesagt sich mit dem Ungetüm an Norn nackt in Hoelbrack zu prügeln!?
Scheiße!
Verfluchte Drecksscheiße!
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