Als Königin Jennah erwachte, lag sie inmitten einer runden, steinernen Platte. Um sie herum war ein Kreis aus Flammen, welche immer wieder gefährlich nah an ihr rumzüngelten. Die Monarchin zuckte zurück, damit die Flammen nicht ihr Kleid ansengten. Erst, als es irgendwo in der Ferne donnerte, bemerkte Königin Jennah, dass sie sich in einem kargen, flachen Land befand.
"Bewacht die Königin gut! Niemand darf sie bekommen! Ha ha, bald werde ich König von Kryta sein!" Die Worte kamen von einem großen, schwarzen Charr, welchem beim Sprechen der Schnodder aus den Nasenlöcher troff. "Was soll das? Das werdet Ihr büßen! Lasst mich hier raus! Sofort!", befahl die Königin. Sowohl der große Schnodder-Charr, als auch unzählige andere Halunken - andere Charr, Piraten und Banditen aller Völker, Zentauren, Untote, ja sogar Mordrem - wandten sich zur Königin um. Der große Charr legte einen Moment den Kopf schief, ehe er laut zu lachen begann. Der Rest dieser wilden Horde stimmte in das Lachen mit ein.
"Sieh nur, Chef", sagte kichernd ein untersetzter und schmutziger Norn, "Die kleine Blume denkt, sie könnte hier was fordern. Soll ich ihr Manieren beibringen?"
"Aye, aber nur ein bisschen, hörst du?"
"Nur ein bisschen, hehe", nickte der Norn bestätigend, während seine Augen die Königin lüsternd fixierten, "Meine Hübsche, gleich wirst du..." Flaaaaap! Blurp! Argh! Das waren die letzten Laute, die der Norn von sich gab. Schüsse peitschten in der weiten Ebene und zerfetzten das Gesicht des Norn von hinten. "Alarm! Al-aharm!", rief der rot lackierte Golem eines Asura-Bandits und die ganze Halunkenmeute wandte sich schreiend und schnaubend um.
Immer mehr Kugeln sausten und zischten durch die Luft und trafen Bösewichte. "Grrr...sie haben uns! Greift an, greift an!", schrie der Schnodder-Charr. Er verengte seine Augen und sah am Horizont eine mächtige Staubwolke, die sich rasch näherte.
Die Männer des großen Charr rannten sofort auf die Staubwolke zu, oder legten ihre Pistolen, Gewehre und Bögen an. Doch half es vielen nichts. Ein Kugelhagel mähte sie gnadenlos nieder. Und da sah man sie. Unzählige Reiter stürmten, gefolgt von der Staubwolke, die sie hinterließen, auf die Halunkenmeute zu. Sie ritten auf Kühen, Dolyaks, Ettins und anderen großen Tieren.
An der Spitze ritt ein maskierter Kerl. Er saß auf einem Dolyak, das vorne an der Stirn ein langes Horn hatte und sich seinen Weg durch die bösen Buben suchte. Der Maskierte schoss mit seinen Pistolen um sich. Jede Kugel war ein Treffer. "Los, kleine Lady, jetzt fliegen!" Und schon breitete das einhörnige Dolyak seine weißen Flügel aus und flog in die Luft. "Yeeeeeehaaaaa! Befreit die Königin!", schrie der Maskierte. Er und sein Dolyak stiegen hoch in die Luft auf, um dann direkt von oben auf den schwarzen Charr zu zusausen. Das Dolyak rammte den Charr weg. Staub und Dreck wurden aufgewirbelt, während der Maskierte im rechten Moment vom Dolyak sprang, einen Salto vollführte und mit zwei Schwertern in die Händen elegant auf dem Boden aufkam.
"Drecksack!", spuckte der große, schwarze Charr aus, als dieser sich aufrappelte. "Es gibt kein Entkommen für dich!", sagte der Maskierte herrisch und deutete mit der Schwertspitze auf den Charr.
"Was bist du denn für ein Hansel? Und warum hast du eine Maske auf?"
"Warum liegt hier eine Königin rum?"
"Ich blas' dir den Kopf weg!"
Damit packte der Charr ein Gewehr, das er auf dem Rücken festgemacht hatte und zielte auf den Maskierten. Dieser nahm ordentlich Anlauf und wich jedem der Schüsse des Charr mit einem Schattenschritt aus, bis er vor dem Halunken angelangt war.
Dieser schaute verdutzt und hielt inne: "Bei meinem verflammten Arsch. Du bist dieser berühmte Danny Pelgram! Ich dachte, du wärst eine Legende..."
"Falsch gedacht, Schurke! Ein paar letzte Worte?"
"Ich mach dich fertig. Rrrrraaaaaaah!"
Der Charr holte mit dem Gewehr aus, um es Danny über den Schädel zu ziehen. Dieser wirbelte um den Charr herum, die Schwerter kreisten einer Windmühle gleich in seinen Händen. Dann blieb der Maskierte stehen. Der Charr blickte erneut verdutzt zu Danny. Dann an sich hinab. "Schei..." zu mehr kam der Charr nicht mehr, als er in unzählige Teile zerfiel. Aus dem Kopf, der über den Boden rollte, troff noch etwas Schnodder.
"Kleine Lady!", rief Danny und das Dolyak kam zu ihm geritten. Der Maskierte schwang sich auf das Tier und ritt durch den Flammenring, um Königin Jennah seine Hand zu reichen.
"Mister Pelgram! Wie immer ist auf Euch Verlass! Sobald wir aus dieser Hölle raus sind, mache ich Euch zum König von Kry..."
"Ey, erzähl doch keinen Scheiß..."
"..ta. Ihr seid einfach der perfekte..."
"Jetzt hör auf!", brüllte jemand.
Einauge Stew sah wütend zum Maskierten auf der anderen Seite des Tisches. "So'n billiges Märchen is' nicht mal als Seemannsgarn gut, Vollidiot." Stew schnaubte und sein Kumpel neben ihm nickte mit grimmigen Blick.
"Wollt Ihr denn nicht mal hören, warum ich dann doch kein König wurde?", fragte Danny und hob beschwichtigend seine Hände hoch.
"Nein, Mann, wir wollen 'ne ordentliche Geschichte hören. Ansonsten kannst dich auch verpissen."
"Hey, Ihr zwei seid zu mir an den Tisch gekommen, nicht ich."
"Aye, aber das hier is' unsere Stammkneipe."
Das stimmte. Stew und sein Kumpel Robin kamen immer, wenn ihre Piratenbande in Löwenstein anlegte, hierher, zum "Einsamen Wolf", eine kleine Spelunke in einer dunklen und versifften Gasse der Stadt. Obwohl die Taverne nie viele Gäste hatte und das Bier schal war, hatte der Wirt, ein alter, grauer Norn, irgendwie die Mittel aufbringen können, sein Etablissement nach der Zerstörung durch Scarlet wieder aufzubauen. Das hat Stew und Robin zwar gewundert, aber ihnen war es nur Recht.
Gerade weil hier nie viele Gäste her kamen, waren hier oft eigenartige und seltsame Typen unterwegs. Typen, mit interessanten Geschichten. Stew mochte Geschichten und das aus zwei Gründen. Erstens waren sie unterhaltsam und zweitens konnten sie einem viel über den Erzähler verraten. So zum Beispiel, ob bei ihm etwas zu holen war.
Heute waren wieder nur wenige Gäste da. Um genau zu sein nur sie drei: Stew, Robin und der Maskierte, der sich als "Danny Pelgram" vorstellte. Als sie die Spelunke betraten, saß der Kerl schon einsam an einem Tisch in einer Ecke. Ziemlich regungslos hockte er da über ein Krug Bier, den er, vielleicht auch wegen der Maske, scheinbar noch nicht angerührt hatte. Die zwei Piraten gesellten sich zu dem Maskierten und dieser plapperte munter drauf los.
"Was hast du zu verbergen?", unterbrach Stew ihn dann irgendwann und deutete auf die Maske.
"Och, das ist 'ne lange Geschichte."
"Wir haben Zeit. Erzähl sie uns."
"Sicher?"
"Klar. Ich geb einen aus..."
Doch bisher erzählte dieser Danny Pelgram nur Unsinn und Märchen. Stew wollte etwas über den Kerl erfahren, außer, dass er offensichtlich ein Spinner war.
"Jetzt erzähl uns mal was echtes, oder es setzt was!" Robin knallte zu seinen Worten die Faust auf den Tisch. "Aye", nickte Stew dazu, "Erzähl uns deine Geschichte, hmm?"
"Meine Geschichte. Na gut, hört zu. Es begang alles damals, als ich noch klein war..."
Fortsetzung folgt...
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