Leserwarnung: Schlagworte
Gewaltdarstellung, Darstellung von Blut
Die Geschichte
"Hraaaaaaagh!" Der Jungnorn hob das Holzschwert hoch über den Kopf und rannte auf sein Gegenüber zu. Tock. Bumpf. "AU!" Es dauerte keine zwei Sekunden, da lag der Junge am Boden, das Schwert einen Meter außer Reichweite von ihm weg und er presste sich die Hände an die blutige Nase. Tränen kullerten über seine Wangen. "Auuah", jammerte er, "Meine Nase..." Und dann begann er zu heulen wie ein Wasserfall.
Die Frau, die ihm gegenüberstand seufzte und ließ ihrerseits die Holzwaffe klappernd auf den Boden fallen. Vor dem Jungen ging sie auf die Knie und strich ihm durch das Haar. Die dunkelbraunen Locken hatte er von seinem Vater, während seine Augen die ihren waren - ein schönes, volles Grün. "Was hast du?" Er reckte ihr seine blutbeschmierten Hände entgegen. "Meine Nase... Mamaaaa..." Die Frau drückte die Hände des Jungen sachte nach unten und warf einen Blick auf die Nase. Als sie diese mit ihren Fingern abtastete. "Die tut weh", rief der Junge. Noch immer liefen ihm die Tränen nur so über die Wangen. "Weil sie gebrochen ist", meinte sie nur. "Pass auf deine Deckung auf. Seine Waffe schwingt man nicht wild umher." Der Junge schniefte laut und nickte dann. Die Frau wuschelte ihm durchs Haar. "Merk dir das fürs nächste Mal. Es könnte dein Leben davon abhängen." Er nickte, sah sie aus großen, glasigen Augen an. "Und jetzt weg mit dir. Dein Vater soll sich deine Nase einmal ansehen." Wieder nickte er, sprang auf und rannte über den umzäunten Hof hin zu einem Mann, der sich auf einen Zaunpfosten stützte. "Eins noch", rief sie ihrem Sohn nach, der augenblicklich stehen blieb und sich umdrehte. "Hör auf zu weinen. Norn weinen nicht." Der Junge nickte entschlossen und wischte sich die Tränen von den Wangen. Dann setzte er seinen Weg zum Vater fort.
Der Mann schloss den Jungnorn in seine Arme und betrachtete die gebrochene Nase. "Kadlin", rief er lachend, "du sollst doch nicht immer so hart mit dem Kleinen sein." Die Frau erhob sich und klopfte ihre Kleidung ab. "Sonst lernt er es doch nie", brummte sie. "Lieber die Nase gebrochen als im Ernstfall tot, Ref. Schmerz ist eine wichtige Lektion." Kopfschüttelnd fuhr der Norn dem Jungen nochmals durchs Haar. "Dann lass uns einmal deine Nase ansehen, mh? Ich bin mir sicher, die bekommen wir wieder hin. Die Zeit und meine Kräuter heilen alle Wunden." Er ergriff die Hand des Jungen und verließ den Platz - Kadlin blickte beiden nach und seufzte wieder. "Du gehst zu lasch mit ihm um, Ref..."
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Vafthrúdnir schreckte hoch. Hatte er geschlafen? Er wischte sich durchs Gesicht und sah sich um. Wie lange hatte er geträumt? Es durfte nicht lange gewesen sein. Der breitschultrige Norn neben ihm rammte seinen Ellebogen in Vafs Oberarm. "Heda, alter Mann. Nicht schlafen." Die Antwort war brummig. "Manchmal hasse ich dich wirklich, Kol." Der lachte nur. "Ich bin ein feiner Kerl, alter Mann. Sowahr mein zweiter Name Großartigkeit ist!" Vaf schnaubte. "Aber dein zweiter Name ist Halfdan..." Kol verpasste ihm noch einen Stoß mit dem Ellebogen und winkte ab: "Das tut doch aber gar nichts zur Sache."
Brummend schüttelte Vafthrúdnir den Kopf. Er gab es nicht gerne zu, aber er vermisste seine Familie. Und mindestens ebenso sehr, wie er sie vermisste, so freute er sich auf den Jólnirtag, den er seit Jahren nicht mehr alleine verbringen würde, sondern im Kreis seiner Freunde.
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