Eine absolut harmlose Anekdote aus dem Liesenhaus.
Im Haus duftete es nach Essen. So sehr, daß jedem der daran vorbei ging das
Wasser im Munde zusammen lief. Arlassia stand am Herd und bereitete ein
leckeres und großzügiges Wintertagsessen zu, während Diarmai laut und
schief singend das Haus dekorierte. Die Stimmung war gelöst und Rosalie
war damit beschäftigt hinter ihrer Tante her zu krabbeln. Das kleine
Mädchen war frisch gebadet und trug einen niedlichen bunten Strickanzug
mit gelben Knöpfen. "Liese!" rief Diarmai und Arlassia schrak so zusammen, daß ihr der hölzerne Kochlöffel aus der Hand fiel und im Suppentopf landete. "Bald können wir Geschenke aufmachen!" Diarmai hob die quietschende kleine Rosalie auf und schwenkte sie durch die
Luft. Das Kind schrie fast vor Freude und Arlassia musste nun doch
lachen: "Ja, Dia. Aber nur, wenn du Röschen nicht wieder komplett mit Zuckerguß garnierst. Dann muß sie nochmal
baden, aber das kannst du ja." Diarmai gluckste. Die heimelige Wohnküche war nun gemütlich und festlich
dekoriert und erinnerte fast ein wenig an das HERZLICH. Natürlich, was
auch sonst. "Essen ist auch gleich so weit, setz Röschen schonmal in ihren Stuhl und du dich daneben, ja?" Arlassia
trug das Essen auf, während Diarmai sich abmühte, das zappelnde
Kleinkind in den Stuhl zu bugsieren. Die beiden Liesen wurden zeitgleich
fertig und schon begann das üppige Festmahl. Rotkohl und Klöße, eine
mit Äpfel und Maronen gefüllte Gans, Soße, eine klare Suppe mit
Grießklößchen, Gewürzkuchen und Pudding... der Tisch bog sich fast unter
dem Essen und die Liesen langten herzhaft zu.
"Jetzt Geschenke!" rief Diarmai und es hatte den Klang eines Befehls. Arlassia hatte gerade den
letzten Teller abgeräumt und das schmutzige Geschirr stapelte sich am
Spülstein. Sie war nicht minder aufgeregt, es war immerhin Rosalies
erstes bewusstes Wintertagsfest. Schnell waren alle Geschenke geholt und
natürlich durfte das Kind als erstes auspacken. Rosalie hatte einen
Riesenspaß daran das Geschenkpapier in Fetzen zu reißen und quietschte
vor Vergnügen dabei. Das Mädchen mit den haselnußbraunen Kulleraugen
wedelte mit dem Papier umher und hatte daran deutlich mehr Freude als an
den Geschenken selbst, aber das störte weder Diarmai noch Arlassia.
Eine hölzerne und bunt bemalte Ente mit Zugband kam zum Vorschein und
die Kleine quäkte vergnügt, während sie das Holzspielzeug mehr oder
weniger rhythmisch auf den Tisch knallte. Arlassia nahm ihr das Entchen
erste einmal wieder ab und Rosalie riss das nächste Geschenkpapier in
kleine Stücke. Die Mutter bekam große Augen. Herzen! Jede Menge Herzen!
In rot und auf einem entzückenden weißen Kleidchen sowie einem Pyjama
aus dem gleichen Stoff kamen zum Vorschein. "Ahje! Wie niedlich. Darin sieht sie sicher ganz entzückend aus." Zwar wunderte sich Arlassia warum Diarmai nur grinste und ausnahmsweise nichts dazu zu sagen hatte, nahm es aber einfach mal hin. "Jetzt du, Liese."
Arlassia schob der Freundin ein unförmiges Päckchen zu und diese
öffnete direkt die Schleife. Wollsocken, Schal und Handschuhe eindeutig
von Arlassia selbst gestrickt kamen zum Vorschein und als Diarmai diese
anhob, fiel klimpernd etwas aus den Stricksachen. Diarmai griff nach dem
Klimperding und betrachtete es von allen Seiten. Ein Medaillon war es
an einer langen Silberkette. In das runde Silberplättchen war etwas
graviert:
Wenn das Herz fröhlich ist, so hat es mit dem Leib keine Not.
Diarmai riss die Arme hoch, so wie es typisch für sie war und
stieß einen langen quietschenden Ton der Verzückung aus, der denen von
Rosalie Konkurrenz machen konnte. Sie fiel Arlassia um den Hals und
drückte die kleinere Frau so heftig an sich, daß dieser ein wenig die
Luft wegblieb."Es gefällt dir, ja?" kam die anhand der Reaktion unnötig gewordene Frage und Diarmai versicherte in den höchsten Tönen, daß es ihr sehr gefiel. "Nu bist du aber dran!" bestimmte sie und schob Arlassia ein Paket zu. Die Dunkelhaarige löste die
Schleife und öffnete vorsichtig das Päckchen. Die Kinnlade fiel ihr
hinab und Diarmai kicherte wie ein Kind, welches sich diebisch über
einen gelungenen Streich freut. "Nee...nicht dein Ernst..." Arlassia hob einen identisch aussehenden Schlafanzug wie den ihrer Tochter aus dem Paket, schneeweiß... und rote Herzchen. Dazu passend gab es eine Zipfelmütze. Eine echte Nachtmütze und Arlassia
glotze die Freundin halb amüsiert aber auch halb verzweifelt an. "Ich hab noch was, Liese" Diarmai
schob ein zweites Päckchen über den Tisch und Arlassia öffnete es ein
wenig schneller als das erste. Zum Vorschein kamen kuschelige
Hausschlappen. "Damit du dich hier zu Hause fühlst. Ganz zu Hause." Das war sie. Ganz zu Hause. Arlassia lächelte und umarmte die Freundin wortlos. Dieses Geschenk war mehr wert als Gold.
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