Reisetagebuch

Tagebucheinträge zum Plot "Pfade der Heimat"

Tag 1


Vahlyenas Unterarme lagen auf dem der hüfthohen Steinmauer, wodurch sie nach vorne gebeugt stand und den Blick über den kleinen, hübschen Innenhof wandern liess. Ihr dunkelrotes Haar war offen, wellte sich dicht über ihren Rücken und einzelne Strähnen wurden vom Abendwind bewegt, welcher über die Klostermauern strich, den Geruch von Blumen aber auch fernen Feuern vermischte. Das einzige, was daran erinnerte, dass die Zentauren, welchen sie heute die Stirn geboten hatten, nicht weit weg waren und so einen kleinen Riss in das Bild der Idylle brachten.


Noch eine ganze Weile beobachtete sie das abendliche Treiben im Kloster, welches zunehmend ruhiger wurde, aus ihren hellen, bernsteinfarbenen Augen, ehe sie sich abwandte und zu einer Bank ging. In der rechten Hand hielt sie ein kleines Buch, mit einem schlichten, dunkelbraunen Ledereinband, welches sie nun auf ihren Schoß zoß und aufschlug. Sofort trat der Geruch von neuem Pergament in die Nase - dieses Buch war noch völlig unbenutzt.


"Die erste Etappe ist geschafft, doch anders als erwartet, werden wir hier in dem Kloster übernachten und nicht nur rasten. Unerwartet war es, dass man uns um Hilfe bat, doch hätten wir diese verweigern können? Die Menschen hier sind gutmütig, man sieht es in ihren Augen und nachdem ich diese Mauern betreten hatte, ergriff mich ein ungewohntes Gefühl der Geborgenheit und Ruhe. Ich fange mich an zu fragen, wieso ich das Kloster Eldvin nie zuvor besucht habe. Doch eine Antwort darauf zu finden, wird müßig sein, denn eine wirklich gibt es wohl nicht, ausser, dass ich es einfach nie getan habe.


Ich bin froh, dass nur Felicia mit einer leichten Wunde zurückkam, es hätte sicherlich schlimmer ausgehen können. Ein mulmiges Gefühl war es, hier zu warten und nicht zu wissen was dem Rest der Gruppe gerade widerfährt. Schlimmer jedoch als die körperlichen Verletzungen, scheinen die seelischen Schnitte. Ich habe Juno noch nie so gesehen, so traurig und irgendwie frustiert. Offenbar macht sie sich dafür verantwortlich, die schwangere Zentaurenfrau erschossen zu haben, da keiner rechtzeitig ihren Zustand erkannte. Jeder weiss, vielleicht Juno sogar selbst, dass sie es nicht mit böser Absicht getan hat und aus Unwissen heraus, doch scheinen manche davon sehr betroffen. Der kleinen Sonnenschein und auch Nika im besonderen. Hoffentlich verarbeitet Juno diesen Vorfall schnell und auch richtig, mit dem Begreifen, dass solche Dinge passieren, vorallem wenn man selbst zur Waffe greift. Ich wünsche es ihr, Juno hat ein so sonniges und ehrliches Gemüt - was täten wir nur manchmal ohne sie.


Es bringt mich zu der Frage, sollen wir da wirklich Mitleid empfinden? Das Kind was sie geboren hätte, hätte in weiteren zehn oder fünfzehn Jahren - vielleicht auch weniger - selbst Menschenleben gefordert und wer von uns weiss schon, wieviel unschuldiges Blut an ihren eigenen Händen klebte. Dennoch kann ich es verstehen und eigentlich bin ich glücklich darüber. Ist es nicht gerade diese Art von Mitgefühl, die uns von vielen anderen Untieren und Monstern unterscheidet? Ich kann, will und werde nie Mitleid mit Zentauren haben, dafür haben sie mir zuviel gestohlen, doch ein Kind oder eine Schwangere, ja, da habe auch ich noch ein Gewissen. Mein Dank gilt Melandru dafür, dass ich mir dies behalten habe.


Wir haben vom Kloster Essen und Bier bekommen, nachdem die Streiter zurückkehrten, doch ist es nur ein milder Trost, jedoch sollten wir das Beste daraus machen. Alanna scheint dieser Ort etwas zu bedeuten, jedenfalls konnte ich beobachten, dass sie den Priestern sehr ehrfüchtige Blick zuwirft und öfter als sonst umfasst sie den Dwayna-Anhänger um ihren Hals. Ich darf nicht vergessen sie danach zu fragen, vielleicht ist dies ein Ort ihrer Vergangenheit.


Ein aufwühlender erster Tag, doch trotz meiner Müdigkeit und der Sorgen, die die letzten Stunden meinen Magen verkrampft haben, freue ich mich auf Garrenhoff und Robins Familie, wie sie wohl auf die Neuigkeiten reagieren werden? Ob sie mich mögen? Ob ich sie mag? Lieber nicht zuviele Gedanken machen, ich möchte mich einfach nur freuen. Nun werde ich erstmal zu Gwen gehen, ich sehe sie dort vorne an der Mauer stehen. Ich mag sie ja wirklich nicht aber jeder hat doch Chancen verdient und wenn sie schon keinen Schritt macht, sollte ich es vielleicht tun."


Nachdem sie über die Seite gepustet hat, klappt Vahlyena das kleine Buch wieder zu und hebt den Blick. Dort, am anderen Ende des Mauerganges, erkennt sie die Silhuette der Söldnerin, wobei die einbrechende Dunkelheit schon viele Details verschluckt. Ein letztes Durchatmen folgt, dann erhebt sie sich und begibt sich auf den Weg zu dieser.


Tag 2


"Ich weiss nicht, ob ich über den Tag heute lachen oder weinen soll. Nachdem wir ein kleines Frühstück im Kloster hatten und William all' seine Sprachkünste ausgepackt hatte, um der Schwester noch 2 Fäßchen Bier, Honig, eine Flasche Traubensaft und eine Flasche Wein abzuschwatzen, sind wir wieder losgezogen.


Die Stimmung war wieder besser, die Ereignisse vom Vortag verdaut. Nicht weit vom Kloster entfernt ist der Sumpf, nebelig, modrig, und kalt. Besonders die Stechfliegen haben sehr gestört, wobei der Packbulle glaube ich am meisten Last damit hatte. Dann nahm das Schicksal dieses Tages seinen Lauf.
Wir waren ein ganzes Stück den Sumpfpfad bereits entlang, als aus dem Nichts ein kleines, altes Mütterchen erschien. Sie sah seltsam aus, ihre Augen waren weiß und trüb - sie war blind! Doch eigentlich schien sie uns auch zu sehen, stellte einigen von uns seltsame Fragen. Die Reaktionen, welche ich sehen konnte, waren gemischt. Manche neugierig, viele aber eher genervt und ungeduldig. Gwen natürlich allen vorran.


Umso mehr ich versuche, mich an das Gesicht der Greisin zu erinnern, umso schwerer fällt es mir. Ich glaube sie hat Ulf mit ihrem Gehstock bedrängt, wobei man von einer so alten Frau wohl kaum von Gefahr ausgehen kann. Dennoch schienen alle um mich herum misstraurisch und ich fragte mich, ob es nur am Ort oder doch ihrem seltsamen auftauchen lag. Bin ich eigentlich zu gutgläubig? Natürlich wird man bei soetwas skeptisch, immerhin warnen sie vor diesem Sumpf mit Tod und Geistern. Viele sagen dazu auch "Grenthacker". Jedenfalls erteilte sie uns dieses Rätsel, an dessen Ende wir Gold in den Händen halten konnten, welches Leben spendet. Mittlerweile erinnere ich mich wieder an die Worte.


Zieht los und sucht den Gegenstand,
den nie zuvor jemand fand.
Man hält in Händen das goldene Glück,
Es ist klein und doch voller Magie bestückt.
Nehmt es an euch und ihr braucht an Geld nicht mehr denken,
doch viel wichtiger - es kann Leben schenken.


Im Herzen der Trübnis sucht nach dem Ort,
welcher weist Euch den Weg weiter fort,
Es steht geschrieben in der Schrift,
jedoch ganz ohne Tinte und Stift.
Geist, so hell wie das Feuer,
sei wachsam, du kannst zeigen das Abenteuer.


Und William hat Recht, eine Stelle reimt sich nicht. Verrückt. Die Gruppe hat sich aufgeteilt, ein Teil wollte nicht mit, erklärte es für verrückt. Gwen, Annah und die verletzte Feli sind also weiter zum Fort, Robin ist mit ihnen mit, auch wenn er nicht wirklich wollte und wir - nun, wir haben gesucht. Wir sind in den Sumpf gewatet, bis zu dieser seltsamen Hütte. Aanika hat dabei einem guten Dutzend Frösche das Leben genommen, das war schon sehr ekelig. Ich spüre jetzt noch das Kribbeln auf meiner Haut, wenn ich an das Haus denke. Verlassen, umgeben von Raben und Fröschen und doch sah man, dass dort jemand lebte oder gelebt hatte. Überall waren Bücher, Blätter und diverses Zubehör - ich schätze für Nekromantie, denn davon handelten schliesslich auch alle Bücher.


Mir war unbehaglich und ich wollte diesen Ort eigentlich nur schnell wieder verlassen. Ich hatte auf einmal sehr starke Sehnsucht nach Robin und wünschte mir nichts sehnlicher, als seine schützende Umarmung. Dafür hatte ich eine Nika, die sich unter dem Haus im Schlamm welzte, Alanna, die auf einmal anfing das Haus zu plündern, einen William der allem sehr sekptisch gegenüberstand und Tuula und Ulf, die ihre Aufgabe gut erfüllten, die Umgebung im Blick zu behalten. Natürlich auch Juno, das Herzchen. Alanna war es, die das Blatt fand, wo es geschrieben stand. Ohne Tinte und Stift aber scheinbar mit Zitronensaft. Die Wärme der Fackel färbte den getrockneten Saft dunkel und wir kamen zum nächsten Schritt.


Ich zeige den Weg,
ich weiss wie es geht,
Durch Matsch und Schlamm,
hinauf die Klamm,
An der Gefahr vorbei,
hin zum Ort des hallend' Stimmengeschrei,
Dunkelheit liegt Gegenüber dem Westen,
doch den Weg finden nur die besten.


Noch ein Rätsel. Nach wenigem hin und her waren wir sicher, es müsste eine Höhle im Osten sein, an den Bergen vorbei. Wir sollten recht behalten, dennoch war da die Gefahr. Ein paar Zentauren versperrten den Weg, bei dessen Kampf sich Aurelia den Arm ausgerenkt hat. Die Stimmung war danach nicht mehr gut, dennoch war die Höhle in Sicht und das Ergebnis zu verlockend. Eigentlich hatte ich nicht wirklich damit gerechnet, etwas zu finden. Doch war sie, eine Truhe. Alanna kletterte dahin, öffnete sie und während wir noch neugierig die Hälse reckten, kam für sie zuerst die Ernüchterung. Wütend schleuderte sie ein kleines Säckchen in einen Abgrund neben ihr. Das Gold, welches Leben schenkte, war nichts weiter als Weizensamen gewesen.


Alanna rastete aus, schlug auf die Kiste ein und wollte sich kaum mehr beruhigen. Ich habe sie noch nie so sauer erlebt. Nun, so lange kenne ich sie ja auch noch nicht. Der Rückweg war still, alle recht bedrückt und auf die Häme der anderen vorbereitet. Doch gehen mir Aurelias Worte nicht aus dem Kopf. Alle sahen darin ein sinnloses Unterfangen und fühlten sich reingelegt, doch Aurelia sagte wir haben sehr wohl etwas gewonnen, nämlich die Erkenntnis nicht mit Habgier zu denken. Irgendwie hat sie recht, dennoch war es frustrierend. Es regnete aber wir waren alle eh schon nass und dreckig, trugen den Geruch des Sumpfes mit uns. Wir gingen bis Schwarz-Freistatt und dann - endlich baden!


Mit einem tiefen Seufzer klappte Vahlyena das Buch zu und sah über die Freistatt. Es war das gewohnte Treiben eines frühen Morgens, Hämmer klirrten auf Metall, Feuer wurden geschürrt und der leicht würzige Geruch von Rauch, Leder, Schießpulver und Essen mischte sich. Es sollte nicht lange dauern, bis ihr Magen knurrte, nachdem sie die dezente Note von Fleisch aus den unterschiedlichen Gerüchen herausgefiltert hatte. Gerade als sie aufstehen wollte, klappte sie das Buch doch nochmal auf und setzte schwungvoll eine letzte Notiz drunter.


Nicht vergessen Nika dafür zu hauen, dass sie Robin und mich mit der Decke gefesselt und Heather überlassen hat!"



Tag 3


Die Aussicht von Garrenhoff war, da waren sich alle einig, wunderschön. Die Bucht, deren Felsen grün bewachsen waren und unberührt wild aussahen, das glitzernde Meerwasser und natürlich das riesige Schloß, welches nicht allein dadruch, dass es in der Luft schwebte, erhaben wirkte. Vahlyena saß an diesem Tag an dem runden Plateau, direkt über dem Hafenbecken und liess die nackten Füße in den Abgrund baumeln. Hier war es nicht so warm wie in Löwenstein, jedoch war es ein schöner Herbsttag, der noch viel vom Sommer hatte. Deutlich schmeckte und roch man hier die salzige Seeluft, jedoch könnte man auch noch die ferne Note von Blumenwiesen und Feldern wahrnehmen, wenn man sich darauf konzentrierte und überhaupt einen Sinn dafür hatte.


Vahlyena nahm gerne Gerüche wahr, denn sie konnten einen zu Fantasien animieren, bunte Bilder erwecken und die schönsten Tagträume formen. Das Dorf war ruhig, doch nicht ausgestorben, irgendwo hinter der Bardin unterhielten sich ein paar Dorfbewohner und ein Arbeiter kreuzten ab und zu die Wege, doch nahm Vahlyena es nicht wahr, denn ihre Aufmerksamkeit galt dem kleinen Buch, welches sie mit einer Hand am Buchrücken stützte, um mit der anderen ihre Gedanken in Schrift umzusetzen.


Dies ist also Garrenhoff, die Geburtsstadt von Robin und noch immer der Wohnort seiner Familie. Alle scheinen sehr erleichtert zu sein, dass wir endlich angekommen sind. Die letzte Etappe war nicht lang und doch haben wir nochmal Zoll zahlen müssen, zumindest einige von uns. Tuula hat es in dem Fall wohl am meisten getroffen.


"Der Weg von der Freistatt weg war zunnächst eigentlich sehr ruhig und auch mit dem Wetter hatten wir heute Glück. Der Regen hat sich von warmen Sonnenstrahlen verscheuchen lassen, zusammen mit einer sachten Briese, welche die Baumkronen rascheln lässt. Perfektes Wetter für einen Fußmarsch und sogar Hörby - wie unser Packbulle mittlerweile getauft wurde, hält immernoch gut mit und er ist unglaublich genügsam. Leider verlief nicht der ganze Weg so ruhig, denn unweit des Dorfes, bei ein paar Ruinen, waren Ettins. Nur zwei an der Zahl, dafür aber ziemlich große und starke Exemplare und dies sollten sie uns auch zeigen.
Das Ergebnis des Kampfes waren eine gebrochene Nase, ein gebrochener Finger - beides von Tuula, die Arme - eine geprellte Schulter, ein verstauchtes Fußgelenk und ein toter Widder - das Arme Geschöpf hat dem Ettin einfach als Wurfgeschoss gedient. Auch Tuula hat er geworfen, diese hat dann mit dem Gesicht voran im Dreck gebremst und blieb erstmal reglos liegen. Ich weiss noch wie mein Herz zu hämmern anfing, während ich zu ihr rannte und sie sich erstmal nicht regte. Der Stein fiel erst vom Herzen, als sie mich doch annsah, nachdem ich sie gedreht hatte und sie sogar einen Fluch rausbrachte. Unzerstörbar, diese Norn.


Alanna, welche nun mit Krücken und dem verstauchten Fuß hinkelt, liess sich von Ulf den Rest des Weges tragen. Ich habe das Gefühl, auf dieser Reise bekommt jeder etwas ab. Ich bin bisher unversehrt und bitte, Melandru, halte deine schützende Hand weiterhin über mich. Natürlich auch alle anderen und besonders Robin. Garrenhoff ist ein wirklich hübsches Dorf, wie es sich an die Felshänge schmiegt und überall sieht man die Einwirkung der Magie, vorallem durch die Elementarwachen. Ich bin sehr gespannt, was uns bei der Führung noch erwartet und später geht es dann zu Robins Familie. Ich bin schrecklich aufgeregt, doch versuche ich mir nichts anmerken zu lassen. Was ist, wenn ich mich total blöd anstelle oder was unangebrachtes sage oder tue? Werden sie mich dann verachten? Werden sie Robin davon abraten mich zu heiraten? Würde er sogar auf sie hören? Ich muss wirklich aufhören mir soviele Gedanken zu machen, das macht mich noch irre.


Aurelia kocht gerade in dem Haus, wo wir Unterkunft bekommen haben, seit Tagen mal wieder was richtiges zu essen. Ich sollte wohl mal nachsehen, wie weit sie ist."


Auf dem Rückweg bekommt Vahlyena den ein oder anderen verwunderten Blick, jedoch werden all ihre fröhlichen Grüße die sie verteilt, freundlich erwiedert. Offenbar ist es aber doch eher selten, dass jemand barfuß im Herbst und ansonsten eher warm angezogen, durch die Stadt läuft. Zusammen mit einem Buch und einer Laute auf dem Rücken, begleitet vom Bimmeln einiger Glöckchen, welche die Bardin stets an ihrem Gürtel trägt.



Tag 4

"Es ist das erste Mal seit langer Zeit, dass ich alleine im Bett sitze. Es ist mittlerweile tiefe Nacht und das Haus ist ruhig, anscheinend schlafen alle oder bemühen sich zumindest leise zu sein. Ich finde keinen Schlaf und habe eine Weile die Regentropfen beobachtet, die gegen das Fenster prasseln. Nach Einbruch der Dunkelheit hat der Regen angefangen und ich kann nicht sagen, wie lange das schon her ist, wie lange ich hier sitze und meine Gedanken kreisen und mir keine Ruhe lassen.


Eigentlich hatte der Tag schön angefangen, als wir bei Robins Eltern noch gefrühstückt haben, nach der Übernachtung. Seine Familie ist toll und wirklich herzlich. All meine Sorgen sollten unbegründet bleiben und ich bin heute mit dem Gefühl gegangen, dass sie mich mögen und akzeptieren. Es war schön, ein tolles Gefühl, von welchem jetzt nur noch ein Schatten übrig ist. Würde ich mich jetzt nicht so schlecht fühlen, wäre ich fasziniert davon, wie wandelbar ein Tag sein kann. Vom Sonnenschein in Regen, wortwörtlich. Eigentlich passt das Wetter gut zu meiner Stimmung.


Ich habe mich mit Robin gestritten, weil er irgendwas sieht, was nicht da ist. Ich wollte nur mit William reden über etwas, womit ich Robin sogar ein Gefallen tun wollte, doch das ging nach hinten los. Als wir zusammen aus dem Dorf zurückgekommen sind, dachte Robin wohl da wäre irgendwas. So ein Blödsinn. Ich war so wütend und eigentlich bin ich es jetzt noch, wobei sich auch Enttäuschung reinmischt und ein einfach schlechtes Gefühl, weil ich hier allein sitz, wir kein Wort mehr miteinander geredet haben und ich auch gar nicht weiss, wo Robin ist. War es das nun? Kommt er vielleicht nicht mehr wieder oder genüge ich ihm einfach nicht? Wer weiss, was in seinem Kopf vorgeht, vielleicht bekommt er ja auch kalte Füße und überlegt es sich anders. Eine Mischung aus heulen und schreien, abwechselnd steigt die Wut, dann ist da wieder der Klos im Hals und das drehende Gefühl im Magen. Elend, einfach elend. Ich bin sauer, vielleicht sollte ich die Wut an meinem Kopfkissen auslassen, ich habe mir sagen lassen, es hilft. Dieses Misstrauen ist so ungerechtfertigt. Narch!


Dafür war das Gespräch mit Aanika sehr schön, wir haben selten so lange geredet und vorallem über so wichtige, ernste Dinge. Sie hat mir einen großen Teil dieser schlechten Gefühle genommen, mich beruhigt und es auch wieder geschafft, dass ich an diesem verhunzten Tag doch noch lachen konnte. Es war schön, ich glaube wir sind uns dadruch noch viel näher gekommen und ich denke ich habe in ihr eine wirkliche Freundin. Keine die herumrennt und erzählt was ich ihr im Vertrauen sage. Gut möglich, dass ich demnächst öfter zu ihr gehe, wenn ich über etwas reden muss. Sie vertraut auch mir, denke ich, immerhin hat sie auch von sich erzählt. Und ich werde es für mich bewahren, weswegen ich es nichtmal hier schreiben werde - wer weiss, wer dieses Buch doch mal in die Finger bekommt. Meine Lippen und meine Finger schweigen.


Annah liegt immernoch im Bett und ich hoffe ihr Zustand kommt wirklich nur von den vielen Äpfeln die sie nicht vertragen hat, ich muss sie jedenfalls im Auge behalten. Wenn es ihr nicht besser geht, muss sie in ein Heilhaus, ob sie will oder nicht. Soviele Verletzte, wir könnten zur Zeit ein kleines Lazarett aufmachen. Aber immerhin gibt es auch erfreuliches, schliesslich scheint sich ja ein neues Pärchen anzubahnen. Ich bin gespannt wie es bei den beiden weitergeht.


Bevor ich mich nun gleich weiter meinen dunklen und trüben Gedanken hingebe, denn ich denke nicht, dass ich viel Schlaf finde, schreibe ich noch etwas vom Tag nieder. Immerhin sollen diese Seiten auch irgendwann meiner eigenen Erinnerung dienen. Wir waren bei der sogenannten 'Todesklippe', die nicht weit vom Dorf entfernt liegt. Ich kann mir denken, wieso sie so heisst, denn sie ist immerhin höher als der Sprungturm in Löwenstein, unfassbar, dass manche da wirklich runtergehüpft sind. Nika und Juno, sowie Heather, die gleich zweimal gesprungen ist. Das ist echt verrückt. Jedoch sehe ich es wohl auch einfach anders mit meiner Höhenangst, ich konnte mich dem Abgrund nichtmal ansatzweise nähern, denn ich merkte den Schwindel aufkommen und meine Knie wurden zu Butter. Ich habe lieber nicht gefragt, wieviele jemals an den Klippen gestorben sind.


Doch nun werde ich weiter den Regentropfen zusehen..."



Tag 5


Wie weh sowas einfach tun konnte. Dies war Vahlyena nun schon ein paar Mal durch den Kopf gegangen, immer wenn das Pochen im Gesicht und der Nase zunahm. Ihre rechte Gesichtshälfte war verziert von einem blau-grünen Bluterguss, welcher sich von dem Nasenbein zum Auge zog und auch dieses war mit einem Veilchgen geschmückt. Am letzten Tag hatte sie doch noch etwas abbekommen und somit konnte sie die Reise nicht mit: Unverletzt geblieben! quittieren. Glück im Unglück war es nur eine Prellung.


Robin hatte noch geschlafen, als sie das Lager am nächsten Tag, nach der Ankunft in Löwenstein, verliess. Zunächst würde sie ein ausgiebiges Bad nehmen und sich dann die Zeit Gedanken zu sortieren, um auch noch den letzten Tag auf Papier zu bringen. Und so kam es, dass sie mit nassen Haaren und frischer Kleidung auf einem Fels direkt an dem kleinen See saß, in dem sie sich zuvor gewaschen hatte und über das kleine Buch gebäugt war. Das Kratzen der Feder auf Pergament und das streichende Geräuch von sich wiegenden Gräsern war die einzige Geräuschkuslisse.


"Endlich wieder...zuhause? Nein, eigentlich doch nicht, denn eigentlich haben wir kein Zuhause. Auch wenn wir viel in Löwenstein leben und lagern, so ist es doch kein Heim. Dennoch ist es ein schönes Gefühl und wir können wieder ein wenig zur Ruhe kommen.


Nachdem wir den ganzen Rückweg über kein Wort miteinander gesprochen haben und uns sogar eher aus dem Weg gegangen sind, haben Robin und ich uns doch endlich ausgesprochen. Anscheinend war alles nur ein aneinander vorbeireden, beruhend auf der Tatsache, dass wir eben nicht miteinander geredet haben und uns lieber aus dem Weg gegangen sind. Blöd, sehr blöd und kindisch. Aus Fehlern lernt man, ist da wohl der altbewehrte Spruch.


Der Rückweg an sich war kurz, da wir den Weg über die Gendarran-Felder genommen haben, doch war er leider nicht ganz unbeschwert. Das Ergebnis prankt riesengroß, hässlich und schmerzhaft in meinem Gesicht. Auf einer der Brücken war eine Straßensperre, errichtet vom Diebespack. An für sich stellte es keine wirklich Gefahr dar, sie waren nur zu zweit und wir hatten bei weitem genüg fähige Kämpfer. Jedoch, wer die Gefahr unterschätzt, wird eben bestraft. Es war ein Hinterhalt, kaum waren alle nach vorne und unsere Nachhut ungesichert, stürmten zwei weitere aus den Gebüschen am Rand. Sie haben uns nicht wirklich angegriffen aber wollten zwei entführen, Annah und Anna - ob das Zufall war? Jedenfalls packten sie die beiden und wollten sie fortziehen, doch anscheinend hatten sie nicht damit gerechnet, dass Frauen wehrhaft sein können.


Dem einen warf ich mich auf den Rücken, rein aus dem Reflex heraus, ich kann gar nicht sagen, was wirklich meine Absicht war, ausser auf ihn einzuprügeln. Das Ende vom Lied kann sehr schnell, in Form seines Ellenbogens in meinem Gesicht, es liess mich rücklinks wieder runterfallen, doch dann war auch schon Heather da und der Kerl lernte, dass man lieber keine Kinder von der Straße zu stehlen versucht. Seinem Gesicht nach zu urteilen mit einem ihrer Flüche und auf sehr schmerzhafte Weise.
Ich glaube der andere hatte noch schlechtere Karten und seine Alpträume wurden sicherlich wahr. Denn Anna, anscheinend Mesmerin, war auf einmal doppelt da. Er war so geschockt, dass er sie wohl losliess und während zwei Annas wie wild auf den Kerl einprügelten, fing Alanna an Steine zu schmeißen. Doch das war nicht genug, nein. Alanna schoß nach vorne und fing an mit ihrer Krücke zu prügeln, auf den Mann. Mit ihrer Krücke! Als er zu Boden fiel und die drei Frauen wie Furien weiter auf ihn einhakten, hatte ich einen Sekundenbruchteil Mitleid. Es verflog recht schnell, als William dazu überging Alanna auch noch festzuhalten, damit sie weiter mit der Krücke zuhauen konnte - von der Anna auf seinem Rücken mal ganz abgesehen. Er ging irgendwann bewusstlos zu Boden.


Von dem Kampf vorne bekam ich nicht viel mit, allerdings soviel, dass Ulf einem der Banditen einen sehr brutalen Tod bereitet hat. Er hat den Man einfach am Bein gepackt und immer wieder mit dem Kopf auf den Boden gehauen. Das war..., nein, ich möchte das nicht beschreiben. Es sah ein wenig aus als wäre der Mann kein Mensch sondern eine Gummikeule. Das reicht wohl, auch für spätere Erinnerungen, wenn ich das hier lese.


Letzlich blicke ich heute auf eine kurze Reise zurück, mit sehr vielen Seiten, Sonnenschein und Regen, Krieg und Frieden, Unmut und Gelächter. Es war schön, dennoch haben wir alle daraus gelernt, denke ich."


Als die Tinte getrocknet ist, schlägt sie das Buch zu und streicht über den schlichten Ledereinband. In dem Moment kommt ihr der Gedanken, dass eine Gravur in dem Leder sich ganz hübsch machen würde und die Idee wächst, jemanden aufzusuchen, der dies kann. Mit einem leichteren Gefühl um das Herz, als hätte sie sich Kummer und Sorgen von der Seele geschrieben, tritt die Bardin den Rückweg an. Ein Lächeln umspielt ihre Lippen, das rote Haar wird von der frühen Meeresbrise leicht zersaust und endlich kann sie hier wieder barfuß laufen, ohne seltsame Blicke - ein schöner Tag vermag es zu werden. Bald schon fängt sie an zu singen, unbeschwert ohne auf andere zu achten.

Kommentare 1

  • Immer wieder schön zu lesen. Das waren noch Zeiten. <3


    War einfach nur eine tolle Reise und eine geniale Truppe beim Plot. :)