Keks

Die fein geschwungenen Brauen waren in tiefer Nachdenklichkeit herab gezogen und der kritische Blick wurde durch die leichte Kräuselung der Nase noch verschärft.
Rosalie saß mit angewinkelten Beinen auf dem Schoss ihres Vaters und starrte ihm erbittert entgegen.
"Warum?", fragte das Mädchen und die Anklage, die Bekundung über ihr gebrochenes Herz schwangen in jedem Buchstaben mit.
"Warum was?" Lucius hatte die Rechte auf den Rücken des Kindes gelegt, während der linke Arm über die Sessellehne hin und den Schaukelkorb in Bewegung hielt. Andrew war inzwischen fast zu groß für das Ding, doch wenn sich der Junge nur schwer beruhigen ließ war dieser das Mittel zum Zweck.
"Papa, du weißt!" Rosalie sah zum Teller hinüber auf dem nur noch ein einziges, halb angeknabbertes Plätzchen lag.
"Papaaaa! Du hast alle gessen!" Lucuis musste sich das aufkommende Grinsen verkneifen. Er schüttelte den Kopf.
"Gar nicht. Nicht alle. Ein halber ist noch da."
"Den will ich nis!" Nun konnte der Löwensteiner das Lachen doch nicht mehr zurück halten. Rosalies Zähne fanden nun langsam ihren richtigen Platz und doch, besonders wenn sie wütend war zischelte sie den S-Laut heraus. Es war einfach zu niedlich. Die dunklen Locken hatte das Kind ganz der Mama gleich, zu einem Zopf zusammen gebunden bekommen. Doch inzwischen hingen hier und da kleine Strähnen heraus, was ihre freche Art nur noch unterstütze.
"Warum nicht? Keks ist Keks und er ist wirklich sehr lecker. Wirklich richtig lecker. Die anderen zwanzig waren nicht so gut wie dieser eine Keks. Drum habe ich von dem für dich etwas aufgehoben." Lucius sprach sanft zu seiner Tochter und niemand in ganz Tyria hätte beim Klang seiner Stimme an der Liebe zu seiner Tochter zweifeln können. Vertrautet Personen, gar die die sich Familienmitglieder schimpften munkelten gar das er das Mädchen noch mehr als die Tochter lieben würde. Sicher alles nur Gerede.
Rosalies Blick weitete sich. "Swanzig!? Papaaaa du kannst nis swanzig Kekse essen und ich keinen!"
"Klar kann ich. Alle weg." Rosalie bekam den schockierten Ausdruck auf ihrem Gesicht gar nicht mehr weg. Sie hatte sich so auf die Plätzchen von Mama gefreut und nun gab es nur noch Krümmel und diese angeknabberte Hälfte, der sie nicht mal einen Blick schenken wollte.
"Wenn du Bauchweh hast geb ich keinen Kussi...." Das Mädchen zog eine Schnute und kniff die Augen zusammen. Alle Hoffnung auf einen Nachmittag im Kekshimmel waren dahin. Lucius lachte erneut auf und drückte sein Mädchen fest an sich, als er sich aus dem Sessel erhob. Rosalie schniefte als sie von Papa getragen zum leeren Keksteller hinüber bugsiert wurde. Als das Mädchen vom Gesicht des Vaters zu dessen Hand sah erkannte sie die Keksform. Es war ein Herz gewesen. Nun gut, jetzt war es nur noch ein halbes Herz, aber immerhin noch ein Herz.
"Da habe ich dir extra die Hälfte übrig gelassen, weil du doch mein Herzchen bist und dann ziehst du so ein Ge..." Lucius konnte nicht mal aussprechen da grabschte Rosalie nach dem Keks und steckte ihn sich in den Mund. Sie kaute darauf herum, während sich ein breites Grinsen auf ihren Lippen bildete.
"Wow... du bist echte meine Tochter." Ihr einen Kuss auf die Stirn hauchend ging nochmal ein Blick zum schlafenden Andrew zurück. Der dunkle Hund hatte sich ganz in die Nähe des Kleinen gelegt und würde Augen und Ohr auf den Jungen gerichtet haben. So trug Lucius das Mädchen mit in die Küche.
Dort auf dem Tisch stand ein großer Teller mit den restlichen Keksen.
"Du Lüger!", gröhlte Rosalie sogleich los und wurde ganz unruhig auf seinem Arm. "Du bist so ein Lüger, Papa!"
"Als würde ich all deine Kekse essen. Grenth möge mich holen, sollte ich das jemals machen. Oder mit Bauchweh strafen." Er zwinkerte seiner Tochter zu, welche sich nun über den ersten Keks her machte....
während er sich an den Tisch dazu saß und den Brief seiner Frau zu lesen began.

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