Es war ein lauer Abend in Götterfels. Merelle saß an ihrem Lieblingsplatz und sah hinab auf die Straßen. Ein paar bekannte Gesichter, viele unbekannte. Gesichter waren ohnehin nicht ihre Stärke. Namen hingegen, da konnte sie niemand übertrumpfen! Sie dachte an den Monokelmann, welcher inzwischen keines mehr trägt aber den Spitznamen nun einmal weg hatte. Sie dachte an die nette Frau Naunet von neulich und natürlich an Marena sowie ihre Wache Lineth.
Ja, in Namen war sie gut.
Zufrieden hob sie ihre Mundwinkel, stupste sich selbst lobend auf die Nasenspitze ehe sie sich dem Treiben unter ihr zuwandte. Als hätte die mächtige Magierin Merelle Devitt sie beschworen, da kam Marena's Wache um die Ecke gebogen. Nur ohne besagte Marena. Etwas irritiert aber auch neugierig fixierte die Kleine sich auf jene Person. Erst als sie aus dem Gewusel hinaus, in eine mehr oder minder lichte Stelle des alltäglichen Stadtwahnsinns trat sah sie, das Lineth gar nicht alleine war. Ein kleines Mädchen hielt ihre Hand und sorgt so immer wieder dafür, das die Soldatin ihren Schritt verlangsamen musste. Einen Augenblick lang durchfuhr sie pure Angst, hatte sie doch neulich erst erfahren man könne durch Neugierde platzen! Sie konnte sich trotzdem nicht davon abhalten, die Gedanken kreisen zu lassen. Wer war dieses Mädchen? War Lineth etwa Mama geworden? War Marena geschrumpft? Nichts von all dem ergab Sinn und so wich ihre freudige Miene einer nachdenklichen.
Es sollte nicht lange dauern, ehe sich ihr Gemütszustand erneut veränderte.
Als Lineth begann mit einem der Händler über den Preis eines Buches zu feilschen, sah das Mädchen an ihrer Hand zunächst die Straße entlang. Plötzlich jedoch wandte sie ihren Kopf sachte zur Seite und schlussendlich hinauf bis sich ihre Blicke trafen. Merelle's Magen schien Purzelbäume zu schlagen, denn ein unwohliges Gefühl stieg in ihr auf. Irgendwas war komisch an ihr. Ihr Blick? Ihre Mimik? Sie konnte den Gedanken nicht gänzlich zu Ende denken denn in diesem Moment schoss ihr ein stechender Schmerz durch den Kopf! Sie Kniff die Augen zusammen, legte eine Hand auf ihre Stirn und wog ihr Haupt unruhig hin und her, doch so schnell wie der Schmerz kam, war er auch wieder verschwunden. Es waren nur wenige Sekunden vergangen, doch Merelle wusste gleich wo der Ursprung lag. Das Kleine Mädchen, welches Schelmisch zu ihr hinauf sah und sich kurz darauf, als wäre rein gar nichts geschehen, über ein neues Buch erfreute und ihren Spaziergang fortsetzte.
Merelle hingegen konnte das Erlebte nicht so schnell vergessen. Den ganzen Abend hinüber versuchte sie sich zu erklären, was genau warum passiert war doch nichts schien einen Sinn zu ergeben. Nur eines war ihr von jenem Moment an klar, Gefahr lag in der Luft.
All diese Gedanken, diese Sorgen begleiteten sie bis unter ihre Decke. Ewiges hin und her drehen, das anschmiegen an die Bettdecke und das vergraben des Gesichtes im Kissen half nichts. Es schien ihr schlicht unmöglich einzuschlafen. Sie musste mit jemandem darüber reden! Als der Entschluss gefasst war, kraxelte sie aus ihrem Bett und schleppte sich, von Gedanken und Müdigkeit gezeichnet, voran bis zu jenem Ort, an welchem sie endlich Ruhe finden sollte.
Ihre beste Freundin schenkte ihr Gehör und hatte gar ein paar beruhigende, Mut machende Worte gefunden. Als sie sich all ihrer Gedanken entledigt hatte, fand sie Trost und den wohl nötigen Schlaf in den Armen ihrer Vertrauten.
Das dies jedoch erst der Beginn war, nur der Prolog zu dem was noch folgen würde, das war ihr zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst.
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