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Mensch, Tier, Körper, Ekelhaft
Das Schweigen Dilemma 3
Leichte Dampfschwaden waberten durch das Gemäuer, begleitet von einem grellen Pfeifen. Die Deckel der Kessel wackelten unkontrolliert auf und ab, sie waren nicht weit davon entfernt in die Luft zu gehen. In all dem Chaos, zwischen Küchenutensilien, Kannen, Bohnen und all dem Krach irrte eine offensichtlich überforderte Merelle hin und her.
„So ein Mist, so ein Miiiist!“ brüllte sie in den Raum, ehe sie sich mit dem Ärmel ihrer Robe den Schweiß von der Stirn wischte und dann damit begann die Hitze etwas zu mindern. „Schritt Eins, jetzt kommen die Böhnchen hier rein uuunnnd... zack! Jetzt drehen!“. Leise rieselte das zu Pulver zermahlene, braune Gold hinab in eine Schüssel welche von ihr gleich zu ihrem Zielort gebracht wurde. „Das hier rein, dann das Wasser!“. Sie hing mit ihrer Nase so nah an der Kanne, das sie sich diese beinahe verbrannte. Mit großen Augen verfolgt sie jeden Tropfen Kaffee der hinabfiel.
„Gleich.. gleich sind alle Probleme weg!“
„Ufff... puh.“ mit drei Kannen Kaffee, die beim Gehen stets aneinander klackerten und somit ein wenig Kaffee verschütteten, ging sie in ihr Zimmer. Dort angekommen wurden sie alle fein säuberlich nebeneinander auf ihrem Schreibtisch aufgereiht und angestarrt. „Endlich.. Nie wieder schlafen..“. Sie schmunzelte, goss sich etwas ungeschickt in eine kleine, weiße Porzellan Tasse und trank einen Schluck. „D-das... das.. schmeckt furchtbar! D-dieser.. Sibian! Der will mich doch wohl für dumm verkaufen!“. Sie verzog angewidert das Gesicht, plusterte die Wangen auf und atmete dann tief durch. „Hmpf.. jetzt erst recht, vor allem wenn es hilft!“. So trank sie weiter, auch wenn es drei bis vier Tassen dauerte ehe sie mit dem Bitteren Getränk umzugehen lernte.
Einige Stunden vergingen, einige Tassen waren geleert. Inzwischen auch zwei der drei randvoll gefüllten Kannen. „L-langsam.. krieg ich Bauchschmerzen.. E-egal.. Egal Merelle, nur nicht einschlafen!“. Um sich zu beschäftigen, während sie darauf wartete das die Nacht vorbei zog, blätterte sie hektisch in ihrem Lieblingsbuch. „Große Elche und wo sie zu finden sind!“ zierte in geschwungener Schrift das Buchcover.
Nach ungefähr 20 Minuten hatte sie jede der 341 Seiten einmal durchgelesen und erinnerte sich daran, das sie noch die Runden Dinger wieder über ihrem Bett aufhängen musste. Waren sie ihr doch neulich beim Schlafen einfach auf den Kopf gefallen! „Ah.. da sind sie ja. Erstmal wieder eine Schlaufe.. so und jetzt wieder dahin hängen.. A-auch wenn es vermutlich genau so eine Lüge von ihm war wie mit dem Kaffee.. puh. Mein Bäuchlein.“. Die Traumfänger waren nun wieder an Ort und Stelle, auch wenn sie sich nicht ganz sicher war warum. Sie hatte ohnehin nicht vor je wieder zu schlafen. Zur Not würde sie einfach neuen Kaffee machen!
Ein paar weitere Stunden vergingen, ein weiteres Buch wurde durchgeblättert, auch wenn die Lesegeschwindigkeit deutlich abnahm und sich die letzte Kanne langsam leerte. „Der Herr der Elche“ war dieses mal der Titel und trotz das sie sich fragte, warum der Hauptcharakter keine Frau sein konnte, sie verschlang die 1228 Seiten innerhalb von fast zwei Stunden.
„W-wa.. W-was soll das?“. Merklich enttäuscht und gleichermaßen entsetzt rieb sie sich mit den Handballen über die Augen. „I-ich sollte doch.. grml, dieser Monokelmann!“. Trotz aller Vorbereitung und vielen Litern Kaffee, welcher ihr noch immer nicht so recht schmecken wollte, überkam sie so langsam die Müdigkeit. Sie ließ den letzten Tropfen des inzwischen kalt gewordenen Kaffees auf ihre Unterlippe tropfen, dann legte sie sich erschöpft in die Federn. „I-ich will nicht.. n-nein.“ Einige Tränen flossen ihre leicht roten Wangen hinab ehe sie der Schlaf, trotz allen Wiederstandes heimsuchte.
Dieses mal führte sie ihr Traum nicht in einen Wald, im Gegenteil. Sie war in einer Art Labor. Überall standen komisch geformte Gefäße herum. Bunte, ihr unbekannte Flüssigkeiten flossen in gläsernen Röhren auf und ab und am Ende des Raumes sah sie noch schemenhaft einige Gitterstäbe. Um so näher sie diesem Schemen kam, um so deutlicher erkannte sie eine Art Käfig. Nein, es waren zwei Käfige. Der Linke davon schien gänzlich leer zu sein, nur ein unsauberer Futternapf war darin zu sehen. Im Rechten jedoch, lag zusammengeknüllt ein kleines Wesen, doch an dieser Stelle des Raumes war es zu dunkel um genaueres zu erkennen. Wenige Sekunden später vernahm sie eine bekannte Stimme.
„Erstaunlich nicht wahr?“ . Als sie sich umwandte sah sie Sibian, gekleidet in einem weißen Laborkittel und auch sein Monokel war wieder dort wo es hingehörte. „Es ist ein Elchbaby und weißt du was? ICH habe es erschaffen!“. Ein stolzer Blick, mit erhobenem Kinn, folgte dieser Aussage und traf auf den fragenden, irritierten von Merelle. „E-.. e-erschaffen?“ stammelte sie, während das Augenpaar wieder zurück gen Tier wanderte. „Ganz genau. Dazu brauchten wir nur etwas Blut vom Muttertier und davon.. glaube mir, haben wir mehr als genug! Weißt du was das heißt Merelle? Wir können dir unendlich viel Elchfleisch züchten! Ist das nicht toll?!“. Doch auch, wenn die zuckenden Mundwinkel andeuteten, das ihr für den Bruchteil einer Sekunde gefiel was sie hörte, war es doch recht eindeutige Ablehnung die sie ihm zeigte. „D-das ist nicht richtig Sibian, das macht man nicht sowas!“. Sie schüttelte hektisch den Kopf, wollte dann gerade ihre Aussage vertiefen als er sie eher ruppig an der Schulter packte und wieder gen Käfig drehte. „Ach quatsch.. schau es dir an, schau es dir genau an. Es ist ein Wunder!“.
Sie wollte nicht so recht tun was man ihr sagte, doch der Druck, welcher von Sibians Hand an ihrer Schulter ausging, ließ ihr keine andere Wahl. Vorsichtig wanderte die Nasenspitze des Elches aus dem Knäuel hervor. Für einen Augenblick war Merelle entzückt, doch dann hob das Tier seinen Kopf. Der Schädel war zur Gänze freigelegt, lediglich die Spitze seines Riechorgans war noch leicht mit Fell bedeckt. Aus leeren, knochigen Augenhöhlen blickte es zwischen die Gitterstäbe hindurch. Merelle war erschrocken, erstarrt. Blass viel sie auf ihren Hintern. „S-s..Sib..“. Zu mehr fehlte ihr schlicht die Kraft. „Ja meine Kleine?“. Die Worte ihre Freundes klangen so anders. So eigenwillig, etwas nuschelnd. Als würde ihm gerade der Kaffee vom Vortag wieder aus dem Munde rinnen. Sie sah hinauf und blickte in das halb Skelettierte Gesicht Sibians. Sie musste mit ansehen, wie ihm das Fleisch verloren ging, es tropfte zusammen mit einer eitrigen Flüssigkeit auf den marmorierten Boden des Labors. Doch er grinste, selbst als der letzte Fetzen Haut verschwunden war schienen sie die Überreste noch immer zu verhöhnen. Sie ging in die Hocke, vergrub den Kopf im Schoß und schrie lauthals um Hilfe.
Als sie wieder einmal schweißgebadet aufwachte und nach Fassung suchte, sah sie erneut die abgefallenen Traumfänger auf ihrer Decke. Ein Blick zur Seite gen Boden reichte um zu wissen, es war wieder wie beim letzten Mal.
Schwarze, ölige Fußspuren führten von ihrem Bett hinaus aus dem Raum. Die Türe hatte sie zuvor verschlossen und sie war es noch immer.
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