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starke Gewalt, Folter, ich hab euch gewarnt
Geschichte
Die Schlüssel klirren, als Naunet sie in die Schale neben der Türe wirft. Lange würde sie nicht in ihrem Zuhause im Wald sein. Aber die Badewanne und andere komfortable Annehmlichkeiten machten es zu verführerisch nicht doch alle paar Tage hier die Energiereserven aufzufüllen und ein Bad zu nehmen. Es war nicht so, dass sie ihr Zelt im Auge des Nordens nicht mochte, aber als bequem würde sie es auch nicht bezeichnen. Außerdem könnte sie so noch diesen Abend einen Abstecher zu ihren Kindern machen und sie vielleicht eine Nacht zu sich holen.
Mit einem Seufzen streift sie sich die Schuhe ab und legt ihre Jacke neben die Schale mit dem Schlüssel. Auf dem Weg zur Feuerstelle reckt sie ihre Arme über den Kopf und drückt den Rücken durch. Ein langer Tag war es gewesen. Angefangen mit einigen Angelegenheiten in Löwenstein, ein kurzes Mittagessen im Gabel und Kelle und zuletzt das Abendessen in der Lampe.
Kurz schüttelt sie den Kopf, als wolle sie jetzt die Gedanken endlich zur Ruhe legen und sich entspannen. Ein Feuer ist schnell entfacht. Der Wasserkessel wird in der Küche gefüllt und dann ebenso zum Erhitzen zur Feuerstelle gebracht. Es folgt ein Blick zum Holzstapel und gleich nochmal ein Seufzen entkommt ihr. Natürlich gab es nicht mehr genug Holz im Haus, um für ein paar Stunden ein Feuer aufrecht zu erhalten. Sie würde sich beizeiten irgendwann mal bei Sibian erkundigen müssen, wie und wo man an magische Alternativen zur Wassererwärmung kommen könnte. Immer und immer wieder Feuer nachzulegen, das war nichts, was sie auf Dauer wirklich genoss.
Mit dem Feuerholzkorb und einem leisen Summen auf den Lippen bewaffnet, begibt sie sich wieder zurück zur Türe. Ihre nackten Füße tapsen über das Holz und die Türe knarzt leicht als diese geöffnet wird. Die warme Abendluft empfängt Naunet. Dazu das eine oder andere Rascheln im Unterholz. Es war ein wunderbares Waldstück, welches sie ihr Eigen nennen durfte. Nicht allzu weit weg von einer Stadt, aber dennoch abgelegen genug um…
Plötzlich geschieht alles ganz schnell. Gerade einmal einen Schritt nach draußen kann sie tätigen, dann lösen sich vier bewaffnete Gestalten aus den Schatten auf der Veranda. Sie kann ihre Gesichter nicht erkennen. Es müssen allerdings auch keine Worte gesprochen werden, dass sie weiß, dass sie nichts Gutes wollen. Sofort springen die ersten beiden Männer wortlos mit gezogenem Schwert und Dolchen auf sie los. Naunet holt mit ihrem Korb aus und schafft es, diesen dem ersten Mann gegen den Kopf zu schleudern, welcher ein paar Schritte zurück taumelt. Aber sogleich macht sich ein anderer bereit, anzugreifen und stößt sie mit der Schulter zurück an die Hauswand. Mit einem Ächzen kommt sie auf und für einen Moment fehlt ihr die Luft zum Atmen.
Die Angreifer hören jedoch keineswegs auf. Sie schafft es noch den ersten und zweiten Angriff gegen sie mit Tritten und einem Ducken zu entgehen. Sie hat keine Waffe bei sich. Keinen Fokusgegenstand, dennoch versucht sie einen Schild aus Chaosmagie zu formen. Dann allerdings findet ein schwungvoller Schlag sein Ziel in ihrer Magengrube. Tränen schießen in ihre Augen, sie würgt und hustet. Der Zauber wurde unterbrochen.
Dieser Moment der Schwäche reicht allerdings für die Angreifer aus. Naunet tobt und schreit, aber sie wird zu Boden geworfen und ihre Handgelenke neben ihrem Kopf auf dem Boden fixiert indem zwei der Männer je mit einem Fuß fest auf diese treten. Ein Dritter kniet sich über ihre Beine. Sie glaubt zu spüren, wie ihre Knochen nachgeben und sogleich spitzt sich ihr Schrei zu.
„Was wollt ihr?!“, spuckt sie den Männern entgegen und bäumt sich trotz der Schmerzen auf. Der Vierte Mann kniet sich neben sie. Naunet stiert ihn an, aber selbst jetzt kann sie sein Gesicht niemandem zuordnen. Er müsste ein wenig älter sein als sie selbst, durch das Wetter und die Welten gealtert und gezeichnet. Narben ziehen sich wie eine Landkarte über sein Gesicht, welches dazu noch von einem schmierigen Grinsen geziert wird. Sie kann nicht anders und spuckt ihm mitten ins Gesicht, was den Druck der anderen auf ihre Gliedmaßen nicht unbedingt verringert. Die Antwort kommt sofort in Form einer Faust, die ihre linke Gesichtshälfte trifft und ihren Kopf zur Seite wirft.
„Hat ganz schön gedauert dich zu finden, aber jetzt nehmen wir uns erstmal ein wenig Zeit und reden miteinander“, erklingt es spöttisch von einem der Männer. Sie kann es nicht mehr zuordnen, wer spricht. Ihr Gesicht pocht, ein Klingeln ringt in ihren Ohren und sie kann ihr Blut rauschen hören. Träge regt sie sich nochmal, bevor ein weiterer Schlag folgt und es um Naunet dunkel wird.
…ein rythmisches Schaukeln und der strenge Geruch von dreckigem Leder…
…das Gefühl von magischer Einwirkung auf ihrer Haut…
…ein Stück Metall, welches sich um ihren Hals legt…
…unendliche Müdigkeit…
Ein stechender Schmerz ist es schlussendlich, welcher sie wieder zu Bewusstsein bringt. Gleich darauf eine Wärme, die sich auf ihrem Gesicht ausbreitet und das Geräusch von Tropfen, die auf dem Boden aufkommen. Platsch… Platsch…
Zuerst ist es der modernde Geruch, der ihr in die Nase steigt. Dazu mischen sich Schweiß, Blut und Dreck. Ihre Gelenke schmerzen, eigentlich tut es ihr ganzer Körper. Nur sehr langsam schafft sie es, ihre Augen zu öffnen und den roten Schleier vor ihrem Blickfeld wegzublinzeln. Es muss Blut sein, welches ihr Gesicht herabläuft und in ihren Augen brennt. Unter sich ist ein grob gelegter Steinboden, auf dem sie kniet. Vereinzelte Risse in der Kleidung zeigen Verletzungen und Schnitte auf ihrer Haut. Ihre Hände müssen über ihrem Kopf gefesselt sein, spürt sie. Ein zaghafter Versuch der Bewegung verursacht ein leises Klimpern. Mit den fast tauben Fingern ertastet sie das kühle Metall um ihre Handgelenke und eine Kette, an der diese hängen. Die schmerzenden Arme lassen vermuten, dass sie sich nicht erst seit kurzem in dieser Position befindet.
Ob sie es schafft aufzustehen? Sie muss es nur einmal versuchen und merkt sofort, dass dies nicht ohne weiteres möglich ist. Einerseits fehlt ihr die Kraft, andererseits verrät ein erneutes Klimpern, dass auch ihre Beine angekettet sind.
Sehr viel mehr als Schmerz, Angst und diverse Flüche schießen ihr nicht durch den Kopf. Ihre Magie kann sie nicht erreichen und selbst wenn, ihre Konzentration würde nicht dafür ausreichen. Etwas blockiert sie.
„Sieh an, die Dame ist erwacht!“
Noch einmal nimmt Naunet ihre Kraft wieder zusammen und richtet ihren Kopf aus. Es ist der Mann mit den Narben, dessen Anblick sich fast in ihre Netzhaut gebrannt hatte. Sie schmeckt Blut, als sie ihren Mund öffnet. Ihre Stimme nicht viel mehr als ein Krächzen.
„Fahr zu Grenth!“
„Na na naah. Nicht doch. Ich habe nicht einen ganzen Tag gewartet, bis du wieder bei Sinnen bist und nicht nur benommen vor dich hin schreist, wenn dich meine Leute verletzen... Nur um dann nur Beleidigungen an den Kopf geworfen zu bekommen.“
Er fährt mit einem behandschuhten Daumen an ihrem Kiefer entlang. Zwar versucht Naunet es zu unterdrücken, aber sie zuckt bei dieser Berührung merklich zusammen und presst die Lippen aufeinander. Einen Tag schon? Sie kann sich an nichts erinnern, was nach dem Angriff passiert ist. Allerdings erklärt es die zahlreichen Spuren auf ihrem Körper und ihre heisere Stimme.
„Du wirst Fragen haben…“, fährt er fort.
„Wer sind wir? Woher kennen wir dich? Was ist passiert? Wieso du?“
Inzwischen greift auch der Rest seiner Hand fest an ihren Kiefer und Teile ihres Halses. Er zwingt sie, zu ihm aufzusehen. Naunet entkommt ein schmerzhafter Laut, sie schafft es nicht ihren Kopf zu befreien.
„Wir wissen genau, dass du eine von Mavens Leuten bist. Oder eher warst? Es scheint gar so, als würde gerade dort in Löwenstein alles gerade ein wenig zerfallen.“
Er lacht und zieht seine Hand wieder zurück.
„Vermutlich hat er es dir nie gesagt, aber über viele, viele… viel zu viele Jahre waren seine Leute… und meine Leute hinter den gleichen Sachen her. Einbrüche, Informanten, Aufträge, Territorium. Aber er hat uns klein gehalten. Als dann die Nachricht kam… der große Maven Fenris sei tot“, er streckt sich und lässt ein befriedigtes Seufzen von sich erklingen.
„Auf diese Nachricht habe ich viel zu lange gewartet.“
In Naunets Kopf pocht es weiterhin, sie kann kaum verarbeiten, was ihr erzählt wird. Langsam schüttelt sie ihren Kopf.
„Ich weiß nicht, was du meinst. Was du willst…“, sie holt einmal mühsam Luft. „Wenn du Geld willst…“
„Geld?! Geld ist im Ansatz nicht einmal genug, um all die Jahre wieder gut zu machen!“, fährt er ihr ins Wort.
„Nein, das hier ist ein bisschen persönlicher. Sag mir…“, er geht vor ihr in die Hocke, schrägt seinen Kopf und sieht sie an. Ein Messer drückt sich an die Haut unter ihrem Kinn.
„Es war die erste Nacht im Zephyr. Vor einem Jahr inzwischen bereits. Ein Lagerhaus in Löwenstein, du warst sicher einmal da. Aber nicht in dieser Nacht. Nein, in dieser Nacht war es jemand anderes von Mavens kleinen Schäfchen.“
„Ich weiß es nicht! Ich war in vielen Lager…“
„Ich habe es gesehen!“ Wieder unterbricht er harsch ihre Worte. „Ich habe gesehen, wie sie zu meiner… meiner Emily hinein sind. Ich war nicht schnell genug.“
Naunet bemüht sich nochmals ihm in die Augen zu sehen und sie ist überrascht, was für eine Wut sie in diesen erwartet.
„Emily… Ich kenne keine…“
„Ihr habt sie umgebracht! Ihr seid hinein und als ich dann zu ihr kam, da war sie… sie lag im Wasser und…“
„Ich habe niemand umgebracht!“, schreit Naunet sofort zurück.
Jetzt ist sie es, die ihm ins Wort fällt. Es gab immer diese eine Bedingung, diese eine Abmachung zwischen Maven und ihr. Sie würde nicht für ihn töten. Niemals, außer es würde in Selbstverteidigung enden.
„Vielleicht hast du nicht sie umgebracht! Aber streite es nicht ab, dass du und dein Pack für ihren Tod verantwortlich sind!“
Mit einem fassungslosen Ausdruck sieht der Mann Naunet an. Sie allerdings legt ihre volle Aufrichtigkeit in ihren Blick. Er muss sich irren, anders kann es nicht sein. Allerdings sind ihre Gedanken nicht klar genug, um sich sicher an diesen Abend zu erinnern. Hatte sie doch…? War sie dabei? Nein!
Bevor sie nochmal einen Ton von sich geben kann, wird die Türe zum Raum aufgestoßen.
„Eh, Boss! Die anderen warten, wir wollen los!“, tönt es von jemandem.
Wutentbrannt springt der Mann vor Naunet, der wohl der „Boss“ sein soll, auf und geht zur Türe. Merklich muss er seinen Ton mäßigen, gibt aber wohl ein paar Anweisungen, bevor er die Türe wieder schließt.
„Du hast Glück. Bist wohl bald wieder eine freie Frau. Auch wenn du das eigentlich nicht verdienst… niemand von euch Mördern verdient es! Ich hatte vorerst meinen Spaß, meine Genugtuung. Aber ich habe dich und deine Freunde gesehen bei deinem kleinen Haus im Wald. Wissen sie was du getan hast? Mit welchen Leuten du dich abgibst? Weiß es überhaupt jemand?“
Während er redet, hakt er an der Wand einen Teil der Kette aus einem Haken aus, der Naunets Arme über ihr hielt. Er redet unentwegt weiter, während sie mit einem Aufschrei hart auf dem Boden aufkommt.
„Die Welt soll es wissen, Naunet. Dass du ein Mörder bist. Dass ich weiß, dass irgendjemand von euch meine Emily umgebracht hat. Und du wirst den Rest von Mavens Schäfchen wissen lassen, dass ich es weiß. Du bist meine Botschaft an sie.“
All das Jammern, gar das Flehen, welches Naunet über die Lippen geht, prallt von ihm ab.
„Bitte nein, ich war es nicht! Ich weiß nicht, worum es geht. Es muss ein Irrtum sein!“
Unter großer Anstrengung versucht sie einige Meter von ihm weg zu kriechen. Die verletzten Hautstücke, die mit dem Stein unter ihr in Kontakt kommen brennen und jede Bewegung fühlt sich so an als würde sie durch Feuer gehen.
Sein Blick dagegen ist kühl, als er sein Messer zieht. Sein linkes Knie positioniert er auf ihrer Handfläche, das andere auf Höhe ihres Ellenbogens, sodass sich ihm ihr nach oben gedrehter Unterarm wie eine Leinwand darbietet. Der erste Schnitt. Gerade nach unten, dann einer schräg nach unten, wieder hoch und schlussendlich wieder gerade hinab.
M.
Keineswegs passiert dies ohne Gegenwehr von Naunet. Die Schnitte werden krummer, teils tiefer und teils flacher als vorgesehen. Dennoch ist sie durch die Fesseln noch weit genug eingeschränkt, dass sie ihm außer einiger Tritte und einem ohrenbetäubenden Gebrüll nichts antun kann.
Der nächste Schnitt wird angesetzt und in einer fließenden Bewegung ausgeführt.
Ö.
Ausgelaugt werden Naunets Bewegungen langsam schwächer.
R.
Der Körper versagt ihr.
D.
Ihre Augen schließen sich.
E.
…
R.
…Regentropfen, die sich mit ihrem Blut mischen…
…wieder ein rhythmisches Schaukeln…
…aufgeregte Rufe…
…Stille…
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