Cyra - Unheil

„Unheil.“
Sie sprach das Wort mit solch einem tiefen Unterton aus, dass ich kurz zu kauen aufhörte. Das verranzte Stück Dörrfleisch hatte ohnehin nur noch nach Skrittscheiße geschmeckt.
„So. So.“ antwortete ich trocken. „Und was führt also die Legionärin des Unheil-Trupps hier hinunter in den widerwertigsten Teil der Zitadelle? Ihr wollt sicher nicht mit mir Milch trinken und plaudern.“
Sie sah mich schneidend mit ihren grell-braunen Augen an. Um uns herum standen etliche Gladien, welche tuschelnd und neugierig, andere knurrig und angespannt uns beobachteten. Ich saß mit dem Rücken an eine der feuchten, moosbewachsenen Wände gelehnt, das alte Stück Fleisch noch in einer Pranke. Die Lumpen, welche mir noch zum tragen geblieben waren, waren verdreckt und stanken widerlich. Ich wartete ab und schaute zu der grauen Charr in blutroter und schwarzer Rüstung hinauf, welche durch ihre bloße Erscheinung an diesem Ort so fremd wirkte, wie ein Menschenjunges im Fluch. Ihre Rüstung verlieh ihr etwas autoritäres, doch ihre Augen verrieten mir, dass sie es hasste hier unter dem ganzen Gesocks zu stehen und angestarrt zu werden. Am Anfang erging es mir selbst so. Nachts geprügelt und bestohlen vertraut man hier unten keinem so schnell. Egal, was man vorher als Soldat auch für Taten vollbracht und Schlachten bestritten hatte. Als Gladium warst du nichts und nur die, die noch einen Funken Stolz und Kraft in sich trugen, konnten sich hier unten behaupten und endeten nicht als blutendes Fellknäuel oder nacktes Stück Dreck.
„Du warst in den Feuerherzhügeln stationiert, richtig? An der Buloh Kreuzung.“ brummte die Legionärin schließlich, mich weiter fixierend. Ich verzog misstrauisch das Maul und erhob mich um ihr fest in die Augen zu blicken, mein gestern hart erkämpftes Stück Fleisch einfach liegen lassend.
„Ja, das war ich.“ Zischte ich leise. Erinnerungen überrannten mich und ich holte tief Luft um meine Konzentration wieder ins hier und jetzt zu zwingen.
„Gut. Also stimmen die Informationen.“ Ihre Maulwinkel zuckten. „Du hast Erfahrungen die wir brauchen und Dinge gesehen, die uns weiter helfen. Du wirst mich und meinen Trupp auf eine Mission begleiten.“
Ich unterdrückte ein Knurren. „Begleiten? Wie ein Hund an der Kette? Ich folge euch nur als Soldat… nicht als Gladium.“
Die Legionärin verzog das Gesicht. Sie hatten mich schon richtig verstanden. Nach einem Jahr im Gladiums Kanton war dies meine Chance und die würde ich nicht verstreichen lassen. Wenn sie mich brauchten, würde ich auch etwas dafür verlangen. Eine Truppaufnahme erschien mir da noch das Mindeste, aber das lies ich mir nicht anmerken.
Sie leckte sich langsam über die Lefzen und musterte mich eingehender, wie ich da so vor ihr stand, gehüllt in Lumpen, mit dünnen Armen und wenig Muskeln unter dem Braun-Weißen Fell.
„Nun gut. Willkommen im Unheil-Trupp, Rekrut. Folgen.“ Brummte sie und wendete sich augenblicklich um, um den Gladiums Kanton zu verlassen. Der gaffende Abschaum wich zurück um uns Platz zu machen. Ich folgte.