Das Ende - Vor sechs Jahren

In den eisigen Weiten des Nordens, wo die Luft so kalt war, dass sie einem die Lungen zu durchdringen schien und das Herz mit jeder frostigen Brise zu erstarren drohte, lag sie verborgen: die Höhle eines alchemischen Großmeisters, eines Genies. Eines Nekromanten. Hoch oben auf einem felsigen Plateau, von einer dichten Decke aus Schnee und Eis umhüllt, erstreckte sich ihr Eingang wie das Maul eines hungrigen Ungeheuers, das auf Beute lauerte.


Die Dunkelheit, die in den verästelten Gängen dieser Höhle hauste, war so undurchdringlich, dass selbst das Licht des fernen Nordsterns es nicht zu durchbrechen vermochte. Ein dichter Schleier aus Schatten und Nebel, der sich um jeden Stein, jede Felsspalte legte und jeden Hauch von Wärme und Hoffnung verschluckte.


Doch tief im Inneren, in den Gedärmen der Höhle, schien ein schwaches Licht die Finsternis zu durchbrechen. Ein fahler Schein erweckte die Hoffnung auf eine Zuflucht inmitten dieser eisigen Ödnis.


Darin offenbarte sich ein finsterer Anblick: eine Kammer, von einem schwachen Glühen erhellt, das von wenigen Fackeln und einem Kamin herrührte, welches dem Altar darin, der mit seltsamen Symbolen, Schädeln und Knochen verziert worden war, Licht spendete.


Dort, am Fuße des Altars pflogen die beiden zu sitzen, zu rätseln, zu experimentieren, zu lachen. Der Nekromant und seine junge Alchemistin, in dunkle Roben gehüllt und von düsteren Gedanken umgeben. Nichts brachte ihnen mehr Freude, als ihre dunklen Künste zu vollführen und geheime Rituale zu vollstrecken, die die Grenzen zwischen Leben und Tod verschwimmen ließen.





Die Höhle des Nekromanten - ein Ort der Dunkelheit und der Magie, wo die ruhelosen Schatten der Vergangenheit noch immer ihre düsteren Geheimnisse hüteten und die Seelen der Lebenden umklammerten wie die eisige Hand des Todes. Ein Ort, an dem das Licht der Hoffnung nur ein schwacher Schimmer in der endlosen Finsternis war, der von den Dunkelheiten dieser Welt verschluckt zu werden drohte.


In den dunklen Ecken der Höhlenkammer türmten sich hohe Regale auf, beladen mit einer unheilvollen Sammlung von Gläsern und Phiolen. In ihnen schimmerten Flüssigkeiten in allen erdenklichen Farben, von einem tiefen, obsidianartigen Schwarz bis hin zu einem grellen, unheilvollen Grün. Die Flüssigkeiten brodelten und zischten in den Behältern, als würden sie ein Eigenleben führen, bereit, Unheil zu bringen.

Über verwitterte Tische und alte Steinbänke verteilte sich das alchemistische Werkzeug. Messingkolben und kupferne Destillierapparate standen neben funkelnden Zangen und glühenden Kohlen.


An den Wänden hingen die Überreste vergangener Versuche und düsterer Erfahrungen: Leichenteile von Mensch wie Tier, in Gläsern konserviert, oder an dünnen Seilen aufgehängt wie groteske Marionetten. Ihre starren Blicke und grinsenden Fratzen zeugten von den widerlichen Machenschaften, die in dieser Kammer vollführt wurden.

Überall verstreut lagen alte Bücher und seltene Schriftrollen, ihre unbezahlbaren Seiten vergilbt und ihre Einbände von der Zeit gezeichnet. In ihren uralten Texten verbarg sich das Wissen und die Macht vergessener Zeitalter, die von den beiden Bewohnern dieser Höhle in dunklen Ritualen und abscheulichen Experimenten genutzt werden, um die Grenzen der Realität zu überschreiten und die Geheimnisse des Lebens und des Todes zu ergründen.



Die Höhle des Nekromanten - ein Ort, an dem die Grenzen zwischen Wissenschaft und Magie verschwammen und die Dunkelheit ihre düsteren Geheimnisse in den Schatten verbarg. Ein Ort, an dem das Unheil lauerte und das Unbekannte seine finsteren Kräfte entfesselte.


Dort lebte sie, die Viper. Fernab der Zivilisation, bei ihrem Lehrmeister, dessen Name ebenso verblasst war, wie sein Gesicht. Wie jede andere Erinnerung an ihn.

Die Beziehung zwischen dem Nekromanten und der jungen Alchemistin war geprägt von einer unheilvollen Mischung aus Bewunderung, Abhängigkeit und Wahnsinn. Obwohl er ihr Lehrmeister war und über sie herrschte, sah sie in ihm mehr als nur einen Mentor – er war ihr Gott. Sie hing an seinen spröden Lippen und wartete nur darauf, dass jenen ein Befehl wich.


Er war ihr Gott. Und sie sein Meisterwerk.


Der Nekromant wiederum empfand eine krankhafte Freude an ihrem Wahnsinn, an ihrer Unberechenbarkeit und an ihrer Unzügelbarkeit. Sie war das Juwel, welches er geformt und geprägt hatte - ein Monster, das er mit stolzer Brust hervorgebracht hatte, um sie auf seine Feinde loszulassen. In ihren eisig blauen, blassen Augen fand er eine Spiegelung seines eigenen dunklen Selbst, und in ihrem Wahnsinn fand er Trost und Befriedigung. Nichts tat er lieber, als dabei zuzusehen, wie sie jagte, wie sehr es sie entzückte, ein fremdes Leben vor ihren Füßen zerfließen zu sehen. Und er ließ sie machen, befeuerte ihre unerklärliche Lust auf Chaos und Vergeltung.


Ihre skurrile Beziehung zueinander war mehr, als die eines größenwahnsinnigen Meisters und seiner feurigen Schülerin. Sie war sein Rottweiler, bereit, sich in jeden Kampf zu stürzen und jedes Opfer zu bringen, um ihn zu beschützen, ihn zu verteidigen, ihn stolz zu machen, ihm zu gefallen. Seine Gunst war wie Öl in den Flammen ihres unersättlichen Zorns. Ihr Wahnsinn war ihre treuste Waffe, und ihr Lachen, zu gleichen Teilen verwegen wie unschuldig, erklang in seinen Ohren wie das Tosen eines unheilvollen Sturms, der jeden, der sich ihm in den Weg stellte, mit eiserner Gewalt niederzwingen würde. Er verließ sich auf sie, wie auf niemanden sonst, überzeugt davon, dass er der Einzige war, der ihren Wahnsinn zügeln konnte. Der Einzige, der sie kontrollieren konnte. Keine einzige Sekunde in ihren gemeinsamen Jahren, hatte er befürchtet, sie würde sich ihm entgegenstellen.


Er wusste, sie war anders, als der Rest seiner Schergen, die ihm den Rücken gekehrt und ihm Vergeltung versprochen hatten. Und die Zeit für Vergeltung war nun gekommen.


Die ehemaligen Schergen des Nekromanten schlichen sich bereits durch das undurchdringliche Dickicht des Nordens, ihre Schritte gedämpft vom weichen Schnee unter ihren Füßen. Ihre Augen waren von Furcht und Entschlossenheit gleichermaßen erfüllt. In ihren Herzen brannte die Erkenntnis wie ein heißes Feuer: Ihr einstiger Meister war längst nicht mehr der Mann, dem sie einst blind vertrauten. Sie haben gesehen, wie er diejenigen, die ihm einst dienten, geopfert hatte, wie er ihre Familien nahm und sie zu willenlosen Werkzeugen seiner finsteren Pläne machte. Dieser Mann kannte keine Skrupel. Dieser Mann tötete nicht, weil er musste, weil es seine Pflicht war. Nicht einmal für seine Wissenschaft: er tötete aus Vergnügen.


Die Alchemistin an seiner Seite, war zu einem Monster geworden, zu einem unheilvollen Schatten ihrer selbst, der vor nichts zurückschreckte, um die Befehle ihres Meisters auszuführen.


Doch sie hatten geschworen, sich gegen ihren einstigen Meister zu erheben, gegen das Ungeheuer, das er geworden war. Sie mussten ihn bezwingen, seinen krankhaften Spielchen ein Ende bereiten. Er musste sterben.



Das Ende naht.



In der düsteren Kammer der Höhle, wo der Schatten des Nekromanten über allem lag, durchzuckte plötzlich eine unheilvolle Vorahnung die Luft. Der Nekromant spürte eine ungewohnte Spannung, ein Kribbeln auf seiner Haut, das ihm signalisierte, dass etwas Außergewöhnliches im Gange war.

Er wandte sich seiner Alchemistin zu. Seiner Viper, wie er sie liebevoll nannte. Etwas an ihm war anders, seine sonst so sorglose, süffisante Art war geschwunden und zum ersten Mal befahl er ihr aus seiner dunklen, rauen Stimme heraus, sofort zu verschwinden. Die Worte klangen wie ein Schrei in der Stille, ein Bruch in der sonst so festgefügten Hierarchie zwischen ihnen.



Normalerweise war sie seine treue Begleiterin, sein Werkzeug, das er nach Belieben benutzte und formte. Unzählige Male, hatte er sie voran geschickt. Sie wie einen Bluthund in die Arme seiner Feinde gehetzt. Er genoss den Anblick, wenn sie blutgetränkt zu ihm zurückkehrte. Ihm Trophäen in Form von Augen und ähnlichem präsentierte. Allerdings schien er immer genau zu wissen, wie weit er sie treiben konnte, um sie nicht endgültig an den Tod zu verlieren. Sicher, sie kam häufig verletzt zurück, mehr jedoch ließ er nicht zu. Doch dieses Mal, zum ersten Mal, spürte er die dringende Notwendigkeit, sie zu beschützen, sie vor dem Unheil zu bewahren, das draußen lauerte. Er wusste, dass dieser Tag das Ende bedeuten würde, dass ihre gemeinsame Zeit gezählt war. Er wusste, wenn sie an seiner Seite steht, würde auch sie niedergestreckt werden.


„Du gehst jetzt. Hast du mich verstanden, Kleine?“ fuhr er sie an, die Kiefern der Taubheit nahe angespannt.


Doch sie weigerte sich zu gehen, klammerte sich mit verzweifelter Entschlossenheit an ihn, während salzige Tränen in ihre Augen stiegen. Ihr Schrei, ein scharfes „NEIN!“ zerschnitt die Stille der Höhle, hallte wider in den dunklen Gängen, ein schmerzhafter Ausdruck ihrer Liebe und Loyalität.


Der Nekromant, obwohl dominant und unnachgiebig wie immer, spürte einen seltsamen Schmerz in seiner Brust, als er sie so sah, so verletzlich und gebrochen. Er wusste, dass er sie gehen lassen musste. Und doch zerriss es ihm das Herz, sie so leiden zu sehen, sie so verzweifelt zu wissen. Sie war sein Juwel und niemand außer ihm selbst, durfte ihre Asche im Wind zerstreuen.

In diesem Moment, inmitten der Dunkelheit und des Chaos, wurde die tiefe Verbindung zwischen den beiden deutlich. Zwei Wahnsinnige. Seelenverwandte. Zwei verlorene Geschöpfe in einem endlosen Meer der Finsternis, verbunden durch ihren gemeinsamen Hang zum Chaos. Drang, sich am Leiden anderer zu ergötzen.


In jenem düsteren Augenblick, als der Nekromant die Viper anblickte, erkannte er die Verzweiflung, die sich in ihren Augen spiegelte, wie das Aufbäumen eines wilden Tieres in der Falle. Ihre Augen, die einst vor Leidenschaft und Wahnsinn geglüht hatten, waren nun von einer dunklen Leere erfüllt, einem tiefen Abgrund aus Trauer und Unverständnis, der sich unaufhaltsam in ihrem Inneren ausbreitete.

Die Viper, ihre Seele zerrissen von den Worten ihres Meisters, klammerte sich an ihn wie ein Ertrinkender an einen rettenden Strohhalm, ihre zarten Finger gruben sich schmerzhaft in seine Robe, während sie versuchte, sich an der Hoffnung festzuhalten, dass dieser Albtraum bald enden würde. Das sie ihn umstimmen konnte. Das er sie mit in sein Ende nahm.


„Hör- HÖR MIR ZU! Du wirst tun, was ich dir sage, Mädchen!“ Die Worte des Nekromanten hallten in ihren Ohren wider wie der Donner eines heraufziehenden Sturms, ein unerbittlicher Mahnruf, der sie zwingen wollte, die Realität zu akzeptieren. Ihre Trauer manifestierte sich in einem stummen Schrei und heftigem Kopfschütteln, der in den tiefen Winkeln der Höhle verhallte, ein Echo ihres gebrochenen Herzens und ihrer verlorenen Hoffnung.



Wie eine wilde Raubkatze, gefangen in einem Käfig aus Stahl und Dunkelheit, kämpfte sie verzweifelt gegen die Fesseln ihrer eigenen Emotionen an, ihre Wut und ihre Trauer vermengten sich zu einem unheilvollen Gemisch aus Verzweiflung und Zorn, der sie zu ersticken drohte.

Doch selbst in ihrem dunkelsten Moment, inmitten des Chaos und der Zerstörung, weigerte sich die Viper, aufzugeben, weigerte sich, ihren Meister zu verlassen, selbst wenn es bedeutete, mit ihm zu sterben. Denn in seinen kalten, verlorenen Augen sah sie das einzige Licht, das ihr geblieben war, das Einzige, was sie jemals gekannt hatte: die Liebe eines Wahnsinnigen, die Liebe eines Monsters, die Liebe, die sie in ihrem Innersten verzehrte und gleichzeitig am Leben erhielt.

In diesem zerreißenden Augenblick, als die Viper darum flehte, dass der Nekromant floh, während sie selbst bereit war, sich seinen Feinden zu stellen, spürte sie die grobe, raue Hand ihres Meisters, die sich fest um ihr feines, spitz zulaufendes Kinn schloss. Eine Hand, die viele Leben genommen hatte. Seine Worte waren ein Gemisch aus Zorn und Verzweiflung, als er sie aufforderte, ihm zu vertrauen, ihm zu gehorchen.



Das Ende war gekommen und sie wagte es nicht, sich in seinem Griff zu rühren, wo sie für gewöhnlich auch nie wagte, ihm überhaupt zu widersprechen.


„Vertrau mir…“ er hatte seine Stirn gegen die ihre gebettet, blickte von einem ihrer Augen ins Andere, während er den festen Griff um ihr Kinn lockerte, ihr die gewohnte Mischung aus Grobheit und Zärtlichkeit entgegenbrachte. Die wärme seiner Hand, in welche sie ihre feuchte Wange schmiegte, brannte sich förmlich in ihre blasse Haut.


„Du kannst nicht gehen. Du KANNST mich nicht verlassen! Du… kannst mich nicht alleine lassen!“ zischte sie ihn hicksend und unter Tränen an, bekam kaum Luft.


„Ich werde dich nie verlassen. Nie. Meine Stimme wird dich ein Leben lang leiten und darüber hinaus. Alles wird gut.“


Und da war es, dieses Geräusch aus der Ferne. Eine Explosion, die offenbarte, dass die Barrikade am Eingang der Höhle durchbrochen wurde. Ohne weitere Zeit zu verlieren, denn jetzt war ihre Flucht ausgeschlossen, brachte er eine Phiole zum Vorschein.


„Trink.“ Lautete der durchdringende, eiserne Befehl, als er ihr das kalte Glas gegen die weichen Lippen drückte, nachdem er ihr einen letzten, schmerzhaft sanften Kuss stahl. Sein Gesicht verschwamm, ihrer Tränen wegen, vor ihren Augen, wurde unscharf. Sie trank. Erkannte erstmals Verlustangst in seinen Zügen.


Sie ließ sich von ihm vergiften, spürte den kalten, bitteren Geschmack des Todes auf ihrer Zunge, während draußen weitere Anzeichen des Vorrückens zu hören waren, das Dröhnen von Explosionen und das Klirren von Waffen. Es dauerte nicht lang, da verlor sie ihr Bewusstsein, sackte in sich zusammen. Ihre Gliedmaßen wurden schwer wie Blei, ihr Puls wurde immer schwächer.


„Alles wird gut. Alles wird gut…“ raunte er ihr immer und immer wieder ins Ohr.


Die Silhouette ihres Meisters, der sich die Zeit nahm, sie sanft auf den Boden zu legen, verschwamm vor ihren Augen, als er erst ihr, dann sich selbst eine Atemmaske aufzog. Dann ging er fort, seine Schritte hallten durch die dunklen Gänge wie das unerbittliche Trommeln des Todes, und es fühlte sich an, als würde ihr eigenes Herz in diesem Moment in ihrer Brust zerspringen.

Ein erstickter Schrei entfuhr ihrer Kehle, ein verzweifelter Ruf nach ihrem geliebten Meister, der nun seinem eigenen Untergang entgegenschritt.



Dann verschwamm alles, die Welt um sie herum wurde dunkel und verzerrt, wie ein Traum, der langsam verblassende Erinnerungen hinterließ. Stimmen drangen an ihr Ohr, gedämpft und entfernt, wie das Flüstern von Geistern aus einer anderen Welt, die sie nun in die Dunkelheit begleiteten.



// Alles wird gut…// dachte sie sich und ihre Lieder fielen zu, als die Höhle von einem Gas durchflutet wurde. Nichts würde gut werden.

Kommentare 2

  • Ich finds so schön sowas zu lesen, erinnert mich ein wenig an meine ehemalige Main. Dieser Hauch von lieblicher Wahnsinn!
    Das gibt so eine dezente Pikante Würze! Gerne mehr davon ! <3

    • Aw, lieb von dir, danke! :3 Will da noch ein bisschen was verbessern. Und dann weitere ehemalige RP Szenen aus ausschreiben <3