Der Hofmagier - Prolog
Es war eine stille Nacht, die Dunkelheit nur durch das silberne Licht der Sterne durchbrochen als Théodore seine Entscheidung traf. Gefangen in Zorn und Verzweiflung schlich er in das Kinderzimmer. Lavande schlief friedlich in seinem Bettchen unter einem Mobilee aus Schmetterlingen. Der Graf betrachtete seinen Sohn, dessen Anblick er nicht länger ertragen konnte. Lavande hatte smaragdgrünes Haar und amethystfarbene Augen, niemand in seiner Blutlinie hatte Anlagen dafür. Dieses Kind konnte einfach nicht das seine sein, es war der lebende Beweis eines Verrats. Seine Ehefrau musste ihn betrogen haben, auch wenn sie Schwüre auf die Götter leistete, dass dem nicht so war.
Théodore hob ihn vorsichtig auf und spürte einen Stich in seinem Herzen, den er jedoch schnell verdrängte. Dies war notwendig, redete er sich ein, dies war der einzige Weg.
Mit dem Bündel im Arm trat er hinaus in die Nacht. Der Nebel verschluckte seine Gestalt beinah sofort, ließ ihn eins werden mit der Düsternis.
Am Rande der Grafschaft, auf einem abgelegenen Feld, lagerten die Wagen des Wanderzirkus, der am nächsten Morgen aufbrechen wollte. Die Künstler und Schausteller schliefen in ihren bunten Karren, erschöpft von den Darbietungen des Tages.
Théodore näherte sich vorsichtig einem der Karren, dessen Fensterläden halb geöffnet waren um die angenehme Nachtluft herein zu lassen und spähte hinein. Der Raum war erfüllt von einer merkwürdigen Mischung aus Düften: verbrannten Zucker, exotischen Gewürzen und etwas Unbestimmten, das die Sinne betörte. Vorsichtig räumte er ein paar Äpfel aus dem Obstkorb, der unter dem Fenster stand, und legte das Kind hinein.
Théodore strich Lavande ein letztes Mal über das grüne Haar und blickte voller Kummer auf ihn nieder. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte der Graf sich nichts sehnlicher gewünscht als diesen Jungen, diesen Erben für sein Haus. Doch statt eines stolzen Stammhalters hat er ein Koboldbaby bekommen, das seine Frau in Untreue empfangen haben musste. Er spürte die Wut erneut in sich aufkeimen und wandte sich abrupt ab.
Als er die Fensterläden leise schloss, konnte er einen Schatten in der Nähe erkennen. Eine schlanke Gestalt in einem bunten Schal trat aus dem Nebel. Es war die Wahrsagerin des Zirkus, deren Erscheinung im Dunkeln funkelte wie der Himmel.
"Ihr überlasst ihn uns?" fragte sie leise.
Thédore nickte stumm, zog seine Kapuze tiefer ins Gesicht und ging ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
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