Midsonn - ein Geschenk der Ahnen

Das Midsonnfest der Norn - aus den Wolfsaugen des Schreinersohns
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Prasselndes Feuer.


Der Geruch von gebratenem Fleisch und scharfen Gewürzen liegt in der Luft.
Doch nicht die Gewürze brennen im Hals, sondern der Johannisbrand
der sich seinen Weg hinab in den Magen bahnt.
Lautes Lachen, schiefes Grinsen auf bekannten und unbekannten Gesichter.
Ein Fest nach allen Maßstäben der Norn. Ein ganz besonderes Fest. Midsonn.
Hávar blickte nach rechts. Entspannt und ruhig sahs Ulf neben ihm.
Ein Bär von Mann, groß, breit, gutmütig - bis man ihn reizte.
Einiges hatte der junge Wolf mit ihm inzwischen durch. Gespräche gabe es kaum.
Doch das war genau das was Hávar in seiner Zeit am Kaestnersons Gehöft brauchte.
Ruhe. Es war genug Schnee gefallen. Alte Dinge wurden unter der weißen Schicht des
Vergessens begraben und Hávar hatte keine Lust nach ihnen zu graben.
Gedankenverloren lauschte er Kyrrs Worten. Piratengeschichten über Midsonn?
Das war das erste Mal das er davon hörte und das obwohl er einige Monate an der
Blutstromküste verbracht hatte. Einzig Nia vermochte wohl den Sinn des ganzen zu verstehen.
Hávar grinste als er die Ratlosigkeit der andern im Gesicht sah. Inaees Worte ließen ihn
auflachen und mit dem Kopf schütteln. Auf ein Schiff würde man den Nornkerl so schnell
jedenfalls nicht bringen, schon gar nicht nach dieser Geschichte.
Es wurde ruhiger in der Runde. Man nahm sich was zu essen, es gab neuen Brand.
Hier und da wurde neckend gestubst.
"Kennst denn die richtige, die wahre Legende um Midsonnfest?", brummte Hávar zu Kyrr hinüber.
Das Löwensteiner Weib schnaufte nur, war ihr ihre Geschichte wohl die einzig Wahre.
Dennoch rutschte sie näher um die brummige Stimme des Kerls besser zu verstehen.
Auch Inaee spitze bereits die Ohren.
"Kennst du sie nun oder nicht?", wurde geneckt und gegrinst. "Glaub nich", kam als Antwort.
"Will noch wer erzählen oder soll ich?" Der Blick der fliederfarbenen Augen
huschte über die Gruppe und als Nia´s Nicken kam drückte sich der junge Wolf hoch.


"Aye, hätte nicht gedacht das ich an dem Feuer hier mal was erzähle", unsicher lies Hávar
den Blick über den Rasthoft streichen und heftete seinen Blick dann an das prasselnde Lagerfeuer.
"In meiner Sippe wars Tradition, das Tindur uns die Legende der Midsonn erzählte."
Der Blick des Kerls trübt sich ein wenig an die Erinnerung des verstorbenes Vaters,
wird aber sogleich vertrieben von Stolz und ehrlicher Liebe.
"Es ist das erste Mal das ich sie erzähle, bis jetzt lauschte ich nur.", es folgte ein leises Räuspern
und die Stimme wird sogleich nochmal etwas tiefer.

"Vor vielen vielen Jahren, als der Schnee noch frisch in den Bergen war und die Gipfel so hoch,
das der Himmel sie verschluckte.. trieb der Klang der Hörner die Norn aus ihren Hütten.
Es war Zeit für die große Jagd. Für jeden Norn kommt einmal die Zeit in der die Ferne so laut nach
ihm ruft, dass die Füße den Weg nach Hause fast vergessen. Die Welpen wollen erwachsen werden, jagen,
kämpfen, raufen, Weiber erobern *er grinste* oder auch einen Kerl überwältigen *das Grinsen wird ein
Stück breiter* und diese Zeit war gekommen. Aus jeder Hütte kamen die Welpen herbe geeilt um
sich auf dem großen Platz ihre Waffe auszusuchen mit der sie losziehen. Die größte Beute erlegen und als
Sieger der Jagd, als Norn und nicht als Welpe zurück kehren.
Ein junge Bärin trat vor und griff sich mit siegessicherem Blick einen Streithammer. So groß wie sie selbst
und obwohl sie ihn kaum tragen konnte wusste sie um ihre Stärke und Geschicklichkeit, sobald der Koloss
einmal in Schwung war. *der Blick des Wolfes huscht gen Inaee und Ulf, ehe er weiter spricht*
Ein Wolf huschte an den Waffenberg heran und griff sich einen Bogen. Schnell, zielsicher und
tödlich. Genauso wie der Geist der den Jungen begleitete. *der Blick huscht zu Nia, ein sanftes Lächeln
auf den Zügen* Dann tritt ein Jungrabe heran. Die Weisheit blitzte in den jungen Augen auf, als er nach
einem Netz griff und deutlich konnte man im hellen blau der Augen die Ideen sprudeln sehen. *somit
wandert der Blick gen Nastrai und dem Raben wird zugenickt* Unbemerkt auf leisen Sohlen
stahl sich eine kleine Leopardin an den Waffenberg heran. Zwei Schwerter wurden gezogen, scharf wie
die Krallen der Katz. Kaum trugen die Welpen die Waffen der eigenen Wahl in ihren Händen stürmten
sie aus dem Lager, verfolgt vom stolzen Blick und lautem Gejohle ihrer Eltern.
Für die Jagd gab es eine begrenzte Zeit. Bis Sonnenuntergang sollte der Minotaure erlegt werden,
der dieses Jahr die größte Trophäe sein sollte. Ihn zu finden war aber nicht so leicht. Gut bewacht ruhte
das riesige Tier in einer Höhle am Ende des Waldes.


Die Sonne neigte sich den Gipfeln der schneebedeckten Berge entgegen als das Gejaule des jungen
Wolfes durch Stille brach. Er hatte sich im Jagdrausch in ein Netz verfangen, kam mit dem Stiefel
einfach nicht aus der gut geknüpfen Schlinge. Doch es dauerte nicht lange, als der junge Rabe an seine
Falle zurück kam. Nase rümpfend befreite er den Jungwolf aus seinem
Netz und da beide im Rückstand waren und der Tag immer kürzer wurde entschlossen sie sich das
Ende der Jagd gemeinsam zu bestreiten. Nach kurzem Weg trafen sie auf die junge Bärin. Knurrend und
brummend ruckte sie an dem Streithammer herum, der sich in der Zwille eines abgestorbenen Baumes
verkeilt hatte. Der schwere Hammerkopf ragte nach unten und hing fest zwischen
dem geklemmenten Holzseiten. Die junge Bärin bekam den Hammerkopf einfach nicht nach oben und
erst die helfenden Hände des Jungraben und des Jungwolfs konnten ihn befreien.
So zogen sie also zu dritt weiter, denn die Sonne küsste bereits die Gipfel der Berghänge.
Die Sonne sank weiter hinab. Die Schatten der Bäume zogen sich lang und gierig über den Boden,
verschleierten die Schritte der drei jungen Jäger und machten so die Spurensuche immer schwieriger.
Im Dämmerlicht des Waldes kamen sie dann doch noch an der Höhle des Minotauren an. Mehr dem
Glück geschuldet, als dem wirklichen Spürsinn. Es raschelte hinter den Dreien und die junge Leopardin
sprang ihnen entgegen - mit nur noch einem Schwert. Das andere hatte sie unterwegs verloren und
mit nur einer Waffe, war der Kampf gegen den MInotauren chancenlos und sie wollte sich zuerst
eine gute Strategie ausdenken. Also schloss auch sie sich der kleinen Jagdgruppe an.
Sie redeten, rätseltenden und beratschlagen sich. Es wurde hin und her überlegt. Wer geht vor?
Wer macht den ersten Hieb? Wer den ersten Stich?... und die Sonne neigte sich immer weiter hinab.
Die Legende bricht hier nun leider ab. Niemand weiß wer zuerst hinein gegangen ist, wer den Minotauren
erlegt hat. Es ist nur überliefert das alle Vier wieder hinaus kamen. Siegreich! Jeder von ihren trug seine
Trophäe in der Hand. Einen Huf, ein Horn.
Doch es lag noch der Rückweg vor der Gruppe. Der Weg war weit und sie würden die Aufgabe niemals
rechtzeitig vollenden, denn die letzten Sonnenstrahlen schoben sich die Berghänge hinauf.
Mit großem Stolz im Blick betrachteten die Ahnen die Jagdtruppe der Welpen. Sie trafen die richtige
Entscheidung und schlugen im Moment, in dem es wichtig war, gemeinsam zu und besiegten den
Minotauren. Erfreut über die Weisheit der Welpen, deren Entschlossenheit und Kampfeslust, deren
Geschick und Mut entschlossen sich die Ahnen ihnen zu helfen.
Und als die Welpen den Heimweg antraten, blutverschmiert und das Kampfgebrüll noch im Herzen -
hielten die Ahnen die Sonne an.
Sie gaben den Welpen so eine Stunde mehr Zeit und im Schattenspiel des Waldes fanden sie so den
Weg zurück ins Dorf.
Seid jeher wird Midsonn gefeiert um den Ahnen zu danken uns mehr Zeit geschenkt zu haben.
Zum Jagen, zum Lieben, zum Feiern, zum Saufen.. einfach zum Beisammensein."

Mit diesen Worten setzte sich Hávar wieder, hob den Blick aus den Flammen und sah in die Gesichter
der Runde die ihm lächelnd entgegen blickten.

Kommentare 2

  • Freut mich, das es dich freut :)
    Hab mich damals schon so arg über Nia´s Herzlichkeit gefreut.

  • Ich fand die Geschichte am Midsonn schon toll und es jetzt noch toller, dass du sie reingestellt hast. Sehr schön! :love: