Die Welt um ihn herum lag im Zwielicht. Nur schwerlich konnte er sich orientieren. Das hier musste der Weg entlang dem kleinen Bächlein sein, welches direkt neben Götterfels seinen Ursprung nahm. Er konnte das Plätschern hören. Nebel stieg urplötzlich auf und es wurde merklich kühler. Doch wurde es das wirklich oder war es wieder nur eine Reaktion seiner schlummernden Fähigkeiten auf eine ungewöhnliche Situation? Er setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Es knirschte unter seinen Füßen, ganz so als ob die Welt von Raureif überzogen wäre. Im Zwielicht konnte er gerade noch erkennen, das er ein rotes Hemd trug und seine schwarze Weste. Kleider, die er schon seit langer Zeit in die tiefsten Winkel seiner Kommode verbannt hatte. Wie also konnte es sein, das er sich gerade jetzt hier in diesen Sachen wieder fand? Und wie war er hierher gekommen? Er war ganz normal zu Bett gegangen gestern Abend. Es gab keinen Grund und noch weniger eine Erklärung für das hier.
Weit konnte das Stadttor nicht sein. Sofern der Weg zu finden war. Der Nebel hatte sich inzwischen verdichtet, schien aber nur in Bodennähe zu sein. Über sich sah er ein paar Sterne durch das Grau in Grau scheinen. Unwirkliche Punkte in einer unwirklichen Welt.
War das der richtige Weg? Ging er in die richtige Richtung? Er wusste es nicht. Die Stadtmauer konnte er nicht erkennen und auch das Plätschern des Bächleins wurde immer stiller. Ein Knacken lies ihn innehalten. Er blickte nach unten, in der Überzeugung wohl auf einen morschen Zweig getreten zu sein. Bäume gab es hier genug. Er bückte sich um nachzusehen. Vielleicht war der Weg weiter unten eher zu sehen.
Aber da war kein Zweig. Das Zerbrochene war ein Knochen. Verweste Rückstände hafteten noch daran. Wie kam das hierher? Es war eindeutig kein Überrest von einem Tier.
„Hast du mich also endlich gefunden?“ Eine Stimme stand vor ihm und vor Schreck schnellte er nach hinten, rutschte aus und landete unsanft auf seinem Hinterteil. Er stütze sich mit einer Hand ab und versuchte aufzustehen. „Bleib doch sitzen. Es ist viel zu lange her, das wir uns gesehen haben.“ Wieder erklang die Stimme, die seltsam vertraut und doch fremd klang. Ein hohler Klang schwang in ihr mit.
Unfähig zu antworten blickte er in den Nebel. Wo kam die Stimme her? Es konnte schlecht möglich sein, das sie von überall herkam. Er stand langsam auf. Sein blick bohrte sich in die Umgebung. Aber nichts war zu sehen.
„Du hast eine lange Reise vor dir, alter Mann.“ Ein leises kichern schwang an sein Ohr. Wer war die Stimme? Er grübelte und dachte nach. Wer war mächtig genug ihn dermaßen zu verwirren und in diese Scheinwelt zu führen?
„Armer Toomar. So verwirrt stehst du da und überlegst, was hier passiert. Ist es nicht so?“
Sein Kiefer pressten sich aufeinander. Unkontrollierbare Situationen mochte er überhaupt nicht. Er sollte einfach das Gespräch aufnehmen und antworten. Doch brachte er immer noch keinen Laut über seine Lippen.
„Orr ist ein gefährlicher Ort, nur um jemanden zu helfen. Ich hoffe du hast es dir gut überlegt? Kommst du wieder zurück? Oder begehst du den gleichen Irrtum wie auch ich?“
Wieder hörte er das Kichern. Es war unheimlich. Die Härchen in seinem Nacken richteten sich spürbar auf.
Er wollte fragen, wer so viel von der Reise wusste. Hatte er bisher geschwiegen wie ein Grab.
Aus dem Zwielicht schälte sich langsam eine Gestalt und kam auf ihn zu. „Sei vorsichtig dort, wo du hin willst. Achte auf jeden deiner Schritte.“
Er kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung so etwas besser sehen zu können. Konnte das möglich sein? Seine Augen weiteten sich. Er glaube jemanden zu erkennen, wie der Schatten auf ihn zuschritt. Er konnte leise metallisches Klimpern vernehmen. Die schattenhafte Gestalt trug eine Rüstung, die ihm sehr bekannt vorkam.
„Pass auf dich auf Toomar. Komm wieder heim. Die Nebel sind kein Ort für dich.“
Mit hastigen Schritten sprang der Schatten auf ihn zu und zog ihn an sich. Der verwesende Geruch von totem Fleisch biss ihm in die Nase. Reste orangerotem Haar wirbelten durch sein Sichtfeld. Die damals so vertraute Gestalt, war nur noch ein Fetzen aus ledrigen Stücken. Ausgetrocknet und Blutleer. Die Rüstung war mit Rostflecken übersät. Angst erfüllte ihn immer mehr, was für ein Spuk war das hier? Das augenlose Gesicht schien ihn anzublicken.
Die Gestalt in der er nun in aller Deutlichkeit eine Wächterin aus vergangener Zeit erkannte brüllte ihn an.„HÖRST DU MIR ZU?`KOMM WIEDER HEIM!“
Ein Schrei löste sich von seinen Lippen. Schweiß überströmt lag er in seinem Bett. Kein Nebel war mehr um ihn herum und er war niemals dort gewesen, wo er dachte zu sein.
Er stand langsam auf und ging zum Spiegel. Mondlicht viel durch das Fenster herein und er füllte sich in seinen Traum zurück versetzt. Einen bitteren Geschmack im Mund, sah er sich um ob nicht eine schattenhafte Gestalt hinter einem Vorhang hervorsprang. Aber das Zimmer lag still da. Er wagte einen Blick im silbrigen Dämmerlicht. Die Haare hingen ihm schweißnass und wirr ins Gesicht, als er sich so selbst anblickte. „Was für ein Traum“ murmelte er. „Ich sollte die Finger vom Alkohol lassen.“
„Werde ich langsam verrückt?“ fragte er sich im stillen. Vom Bett kam ein leises wohliges Summen. Ein Glück hatte er niemanden geweckt. Also weshalb das ändern? Er schlich leise zurück ins Bett. Bleiches Mondlicht hatte die ganze Zeit die Szenerie erfüllt und erlaubte ihm nun den Blick auf den Körper der schlafenden Frau. „Ich komme wieder.“ murmelte er leise, als er sich zu ihr legte und sanft einen Arm um die Frau schlang. Der Traum schien vertrieben zu sein....zumindest für diesen Moment.
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