"Ich nehme nicht an, Ihr habt bereits von der Legende des Feuerteufels gehört? Ein Mann, getrieben von dem Wunsch seiner Frau und ungeborenem Kind ein schöneres Leben zu ermöglichen, lässt sich auf eine Jagd ein und auf dieser Jagd befreite dieser Mann einen uralten Fluch, einen uralten Dämon, ein uraltes Übel... ob es sich letztendlich für ihn gelohnt hat, frage ich mich?"
- Herr Tang -
Ihre Augen waren grün. Es war das Erste was dem Leutnant der Sturmklangkompanie an der Frau... oder eher dem Mädchen auffiel. Sie hatte eine gewisse Art von Unruhe an sich, bewegte die Hände die ganze Zeit, auch wenn sie versuchte es unter ihren breiten Robenärmeln zu verbergen. Ihre Blicke trafen sich für einen Moment und da drehte sich auch schon weg und fing an auf und ab zu laufen. Die werden auch immer jünger..., brummte der Mann in Gedanken, überwand den letzten Abstand und klopfte an die schwere Holztür. Der Leutnant war so wie alle anderen Soldaten der Vorhut. Der ständige Konflikt zehrte an ihren Seelen, an ihren Körpern. Er hatte Muskeln am Körper, kaum fett. Seine Haut spannte sich im Gesicht direkt über die Knochen, die Lippen waren spröde, sein Gehör durch zu nahe Explosionen vergangener Gefechte auf linker Seite etwas mitgenommen und ein verirrter Splitter hatte ihm vor zwei Wochen das rechte Auge genommen. Der Verband drückte auf sein Gesicht und die verschriebene, rationierte Arznei, welche ihm gegen wurde wirkte nur zum Teil. Das Pochen war konstant und 'da'. Es war immer da. Auch glaubte er sein Auge noch bewegen zu können in dem Wissen, dass dies einfach nicht möglich war. Der Leutnant trug keine Rüstung, denn er gehörte nicht zur Infanterie. Er befehligte einen Trupp von Schützen und gab meist Flankenunterstützung, leistete selten direkten Frontdienst. Aber so war es nunmal. Jeder wurde dort eingesetzt wo er am effektivsten war. Bedauerlicherweise starb der Kompaniemagier einige Tage zuvor und sie brauchten Ersatz. Das Mädchen schien der Ersatz zu sein, wie dem Leutnant frustrierterweise sehr wohl klar wurde. Er hielt nicht viel davon 'Kinder' einzusetzen, aber... was sollten sie sonst tun? Ein Großteil der Vorhut war verletzt, sie waren ausgezehrt, die Meisten nurnoch Hüllen die ihrer Pflicht nachgingen. Es war die drohende Vernichtung, welche die Männer von einer Niederlage abhielt. Sollten sie versagen konnten die Charr nach Kryta und sollten die Charr nach Kryta kommen, würden die Menschen fallen.
Der Kommandant ließ ihn herein und nach fünfzehn Minuten wieder heraus. Der Leutnant strich den Langmantel glatt und winkte dann knapp dem Mädchen ohne etwas zu sagen. Die Order war eindeutig gewesen. Sie folgte ihm mit einem kurzen Aufseufzen: "Endlich..." Es ging raus auf die Straße und zuerst steuerte der Leutnant das Lazarett an. Ihm war nicht nach reden. Vor allem nicht mit einer Frau die vor ein paar Wochen erst ihr Studium abgeschlossen hatte. Schaller kam ihnen entgegen, salutierte und schloss dann einfach auf. Er war ein kleiner Mann, der Schaller. Sohn eines Büchsenmachers, die Mutter im Kindbett gestorben. Er trug seine Muskete stets bei sich, sein Blick ging kurz über die junge Frau, welche den Blick knapp, sogar irgendwie angriffslustig erwiderte, aber Schaller hielt sich geschlossen. Der kleine Mann war nie jemand mit großen Worten gewesen. Auf dem Weg sammelte der Leutnant noch Nife und Tippers bei der Suppe ein und sie folgten mit zur Hälfte gefüllten Holzschalen. Nife war ein durchschnittlicher Mann, dem man seine Intelligenz nicht sofort ansah. Hatte er doch das Gesicht eines Bauern. Tippers war groß und drahtig, was nicht so recht zu seinem Namen zu passen schien. Ausserdem war er ein Großmaul. "Wer ist denn die Kleine?" Schaller sprach. "So klein ist sie gar nicht." Und mit einem Wink über die Schulter erhob der Leutnant kurz seine krächzende Stimme, geschädigt von schießpulvergeschwängerter Luft. "Der neue Kompaniemagier." Ohne wirkliches Interesse spürte der Leutnant wie dem guten Tippers der Mund offen blieb. "Im Ernst?" Schaller half aus. "Schnauze, Tippers."
Beim Lazarett angekommen, die Männer blieben mit der Magierin ausserhalb zurück, trat der Leutnant gegen Slims Fuss. "Eyh!" Die Beschwerde blieb in der Luft stehen, während der alte Slim, seine Haut wie Leder, aussehend wie Pergament, aber reißfester als verdammter Draht, den Verband des Leutnants anstarrte. "Scheiße, was das denn?!" Der Leutnant ließ sich auf das leere Feldbett neben dem von Slim nieder. Auf jenem war getrocknetes Blut, aber kein Leib. Den Toten hatte man bereits am Morgen herausgetragen, zerfressen von eitrigen Wunden. Hatte sich lange hingezogen, sein Tod. Ob dem Leutnant auch ein solcher vergönnt sein würde? Er stützte seine Arme auf die Knie und blickte den Alten an. "Schrapnell. Du warst nicht da, um auf mich aufzupassen, Slim." Schiefes Grinsen fand Erwiderung. "Jetzt aber!" Der alte Slim richtete sich auf und der Leutnant nickte knapp. "Es geht wieder hinaus. Kristallnarbe in Richtung Norden, dann Schwenk nach Osten. Kundschaften. Sollten wir Kriegsgefangene entdecken, zurück nach Falke, Meldung machen, Kavallerie geht rein, wir sind raus." Es war nicht die ganze Wahrheit, aber es reichte für Slim und ausserhalb schließlich auch für seine Männer. Mehr waren es letztlich auch nicht. Der Leutnant selbst, Schaller, Tippers, Nife, Slim und die neue Magierin. Der Rest der Kompanie war auf der Mauer oder in den Schützengräben vor Ebonfalke.
Während sie sich aufmachten und durch die staubigen Straßen stapften bemerkte der Leutnant wieder die Unruhe der jungen Frau. Es war zum Verrücktwerden! Der letzte Jungspund der ihm zugeteilt wurde hatte ihn fast umgebracht, mit seiner 'Ich klammer mich an das Bein des Leutnants und schreie nach Mama'-Taktik. Der Leutnant hatte kein Problem mit Frauen unter Waffen und in Kriegsgebieten. Davon gab es einige in der Vorhut und sie waren mitunter tougher als manche der Männer. Wogegen er aber etwas hatte waren Kinder im Krieg. Die Magierin kam aus gutem Hause, das sah man ihr an. Sie war gesund, gut genährt, kräftig und strahlte Lebendigkeit und Aktivität aus. Es war ihm ein Rätsel warum so jemand nach Falke geschickt wurde und sich nicht friedlichen Forschungen in Götterfels, in Sicherheit widmete. Aber er war niemand der Befehle in Frage stellte. Zumindest nicht offen. Also war es nunmal so. Er musste sie mitnehmen und sie musste sich beweisen oder würde sterben... oder sie alle in den Tod mitreißen. Er nahm sich bereits vor sie kurz nochmal beiseite zu nehmen und ihr klarzumachen wie sie sich zu verhalten hatte. Schließlich hatte der Leutnant die Verantwortung.
Und er würde das Leben von Schaller, Nife, Tippers und Slim nicht wegen irgendeiner Luanora Fanar aufs Spiel setzen.