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Haben sich die Winde gewandelt? Die Wirklichkeit knistert in diesen Tagen und hinterlässt ein eigenartiges, tatkräftiges Kribbeln tief in den Muskeln der Kerle und Weiber. Noch schmilzt die dicke Eisschicht nicht, die sich auf dem Erdreich festgefroren hat, aber die Welt bewegt sich in einer Bahn, die nach Aufschwung schmeckt, nach dem Erblühen lebensbejahender Kräfte, nach Vogelsang und dem zarten Keimen neuer Triebe.
Emsigkeit stiehlt dem Alltag die schneegraue Färbung des wintertrüben Himmelsrunds, und ein vergnügtes Timbre herrscht zunehmend auf den Holzbohlen der Hütten. Starke Rufe bellen eine heisere Order und hier und da fliegt ein großes Wort, das dröhnendes Gelächter nach sich zieht. Der Pechofen würzt die Luft mit intensiven, balsamischen Aromen, denn frische Fackeln müssen in den Vorbereitungen für das Fest gebunden werden. Flinke Finger geübter Näher steppen Kräutermischungen aus Thymian, Rosmarin oder Minze in dicke Leinenkissen ein, andere brühen einen konzentrierten Sud aus ätherischen Pflanzen auf. Rhythmisch rollen tiefe Erdenbässe aus Hörnern und Didgeridoos, die die Lungenflügel für die Meditation am Abend stärken. Birkenzweige werden an den schmalen Ästen zu Reisig zusammengebunden, um sie mittig in den Hütten aufhängen zu können, die Dampfschalen gereinigt und duftende Potpourri in glatten Holztellern angerichtet, die die Luft beleben.
Ich fühle es bis tief ins Mark. Nichts muss unverändert bleiben an dem Tag, an dem die längsten Schatten nur durch die angefachten Lebenslichter selbst erhellt werden. Darüber soll ein großes, alles verzehrendes Feuer die Seelentore weit werden lassen, um den Geistern Einzug zu gewähren. Die Fackeln sollen deren Weisheit in sich aufnehmen und den Weg zur Reinheit erleuchten, damit dieser sich in der läuternden Hitze der Schwitzhütten offenbare. Eine sengende Hitze, die bis zum schmerzvollen Verlust hin das Alte auszubrennen vermag, um dann mit der Kühle eines wachen Verstandes die Wiedergeburt zu erfahren.
Überall sind die Sehnsüchte zu spüren, die sich durch die klammen Wintergemüter kämpfen, leise unverbraucht locken und ihr stetiges Weiterkommen einfordern. Der Abschied von den langen Schatten des Winters ist nah, um danach dem satten Weltenerwachen mit gereinigtem Blick begegnen zu können. Der Schneefall, ich versprech's, wird weniger am Tag nach Wintersonn und die Ahnung langer Tage greifbar werden - denn die Winde haben sich gewandelt.
- Gedankengang von Thure Alwinson, wenige Tage vor der Wintersonn.
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(( text by Thoran // Updates folgen ))