Gerüchte und aktuelles Geschehen


  • Gegen Mittag des 27. Stecklings brach das Oberhaupt der Familie in Richtung Königintal auf, wo es am frühen Abend das Kloster von Eldvin erreichte. Offenbar erwartete man den Grafen bereits, denn er wurde von einem älteren Melandru-Geweihten in Empfang genommen, von dem später einige behaupteten, es hätte sich um Vasil Baranova gehandelt.

    Um den engen Vertrauten der Gräfin von Eichenweiler zu sehen, war der Caldwell allerdings offensichtlich nicht gekommen, denn er unterhielt sich kaum zwanzig Minuten mit ihm, ehe es ihn weiter auf eine der Dachterrassen des Klosters zog. Dort eilte ihm seine jüngste Schwester, Rowenna Caldwell, entgegen, die in den vergangenen Monaten auf einer Pilgerreise im Dienste der Göttin unterwegs gewesen und erst unlängst mit dem Geweihten zurückgekehrt war.

    Die Begrüßung der beiden Geschwister viel erwartungsgemäß herzlich und liebevoll aus. Der alte Melandru-Priester ließ ihnen Zeit für sich, ehe man sich später wieder zusammenfand und gemeinsam ein kleines Mahl einnahm. Der Graf blieb über Nacht, sodass am götterfelser Anwesen lediglich Vale Caldwell zu sehen war, wie er seine üblichen Runden mit seinem Jagdhund drehte.


  • Mit großer Freude unter Angestellten und Familie wurde am Abend des 28. Stecklings Rowenna Caldwell daheim willkommen geheißen. Gemeinsam mit ihrem ältesten Bruder traf die junge Frau am Stadtanwesen ein, wo sie von einem gigantischen Blumenstrauß Vale Caldwell offenbar schon mit Ungeduld erwartet worden war. Einige behaupten schmunzelnd, es sei erstaunlich gewesen, dass er sie nicht am Fenster stehend herbei geschaut hätte.

    Unabhängig von den Gegebenheiten im Hintergrund war das Wiedersehen in jedem Fall ein herzliches. Später sah man den männlichen Teil der Geschwister noch zusammen im Garten sitzen und sich miteinander austauschen. Offenbar war die Jüngste zu erschöpft und hatte sich zeitnah zu etwas wohl verdienter Ruhe zurückgezogen.


  • Am Abend des 29. Stecklings, den Tag über war es ruhig gewesen am Hause Caldwell, konnten Nachbarn und Passanten ein seltsam eigentümliches Gefährt auf den Vorplatz des Anwesens fahren sehen. Eine schwarze Kutsche, so heißt es, gezogen von zwei großen Moas mit goldschimmerndem Gefieder, soll vor dem Stadtsitz der Grafenfamilie aus den Hinterlanden gehalten haben. Entstiegen sei ihr ein hochgewachsener und sehr ernst wirkenden Mann in einer ascalonisch geprägten Militäruniform. Um wen es sich dabei handelte bleibt fraglich. Sicher aber ist (oder soll es jedenfalls sein), dass der Mann sich lange mit Vale Caldwell unterhielt, der die kühler werdende Abendluft dazu nutzte sich der Pflege seiner Waffen hinzugeben.

    Später, auch das wollen Leute gesehen haben, gesellte sich eine Frau, ebenfalls eine gänzlich Unbekannte, zu den beiden, um sich dem laufenden Gespräch anzuschließen und es nach dem Abgang des Uniformierten bis weit in die Nacht weiterzuführen. Fast unerhört wie gut Caldwell und Namenlose sich verstanden haben sollen. Wieso sonst sollten die beiden bis um Mitternacht beisammen sitzen, um dann gemeinsam in die Stadt aufzubrechen?!

    Am Morgen tuscheln die Dienstboten, dass der Caldwell die Dame nur, so wie es sich für einen wohl erzogenen Galan gehörte, nach Hause geleitete und selbstverständlich an der Türschwelle gleich wieder kehrt machte, um ihren Ruf und ihre Ehre nicht zu gefährden.

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    Geschwister Forbes/Die Brücke


  • Schon am Folgetag stellte sich neuerlicher Besuch am Anwesen ein. Dieselbe Unbekannte wie am Vorabend? Es musste Lara Santari sein, vermuteten manche. Immerhin gab es Gerüchte, sie sei mit einem der Caldwell-Brüder liiert gewesen. Renata Jakom, behaupteten andere. Zumindest habe sie durch den Grafen eine Förderung genossen. Es war doch gut möglich, dass sie wieder in der Stadt war? Berenice Darcy, die Gräfin von Seebach vielleicht?

    Irgendwann wurde es der guten Missis Hemmel zu viel. Sie scheuchte die schwatzenden Frauen fort und verbarikadierte sich in der Küche. Es galt, ein größeres Essen für das Wochenende vorzubereiten. Gäste wurden erwartet, und sie hatte vor, üppig aufzukochen. An den ganzen Herrschaften war überhaupt nichts mehr dran, wenn man sie fragte, seien es nun die "kleine Rowenna" oder der junge Herr Vale. Schrecklich, wie diese ganze Sache mit den Drachendienern alle abgemagert hätte. Hannah, das Hausmädchen, konnte sich über solche Aussagen nur wundern. Sie fand, dass die genannten Geschwister hervorragend aussahen. Besonders "Herr Vale" in seiner Militäruniform...


  • Zum Ende der Woche hin hörte man abends lautes Damengelächter aus dem Garten des caldwell'schen Anwesens. Rowenna Caldwell hatte eine Freundin der Familie zu Besuch: Komtess Sophia Gilani, mit der sie zunächst eine ganze Weile unter wolkenfreiem Himmel draußen verbrachte, ehe die Frauen sich aufgrund langsam abkühlender Temperaturen in den gläsernen Wintergarten des Stadthauses zurückzogen.

    Am nächsten Tag traf Jasper Caldwell sich mit Levi Iorga. Die beiden besuchten ein kleines, elonisches Restaurant am Rand des Rurik-Viertels, wo sie in ungezwungener Atmosphäre zusammen saßen und eine sehr freundschaftlich wirkende Unterhaltung führten. Es schien, als würden sie zwischenzeitlich auf einen besonderen Anlass anstoßen, Genaueres wurde allerdings nicht bekannt. Ob der blonde Brückenhühne im Norden eine neue Mutter für seine Kinder gefunden hatte? Vielleicht kamen ja nicht mehr nur Schreckensnachrichten aus den Zittergipfeln.


  • Am Abend des 32. Stecklings konnten Anwohner des Ossaviertels den Grafenbruder Vale Caldwell in eines der hiesigen Gasthäuser einkehren sehen. Die Lampe schien den Mann mit ihren weit geöffneten Toren gelockt zu haben, auch wenn sie ihn allem Anschein nach nicht besonders lange zu halten vermochte, denn bereits nach wenigen Augenblicken, kaum mehr als zehn Minuten, verließ der Mann die Lokalität bereits wieder. Auf den ersten Blick folgte er einer auffälligen Dame mit sonnengeküsster Haut und erstaunlich hellem Blondhaar. Auf den zweiten Blick allerdings mussten neugierige Beobachter erkennen, dass die beiden zwei völlig entgegengesetzte Richtungen ansteuerten und offenbar nicht gedachten den Rest des Abends miteinander zu verbringen.

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    Geschwister Forbes/Die Brücke

  • Am frühen Nachmittag des 33. Stecklings konnte man Rowenna Caldwell in Begleitung ihres älteren Bruders Vale in Richtung des Salma-Viertels flanieren sehen. Während die junge Frau sich unter einem Schirm aus weißer Spitze verbarg, um die Haut vor den brennenden Strahlen der Sonne zu schützen, trug der Mann an ihrer Seite die Farben des Hauses Caldwell mit einem ganz natürlichen Selbstverständnis.
    Das Geschwisterpaar traf sich mit der selben Frau, die nun bereits schon mehrfach in der Nähe von Mitgliedern der Grafenfamilie gesichtet worden war. Die kleine Gesellschaft besuchte an diesem Nachmittag gleich mehrere Läden, die weniger für die Qualität ihrer Ware, als viel mehr für ihre Kuriositäten und ihren Ramsch verschrien waren. In der Rurikstadt wurde die Caldwellgruppe um einen vierten Kopf erweitert. Auch ihn hatte man bereits im Vorfeld einmal mit Vale gesehen. Ein Mann des Militäres offenbar, der sich in ein angeregtes Gespräch mit dem Stellvertreter des Grafen begab.

    Was nach einem gemütlichen und sehr geselligen Ausflug klang, fand sein jähes Ende in einer schallenden Ohrfeige, so erzählen es die Leute, die sich einer der Männer direkt im Eingang des Rurik-Cafes von einer der Damen eingefangen haben soll. Wer der Täter und wer das Opfer in dieser Sache gewesen ist, darüber scheiden sich jedoch die Geister.

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    Geschwister Forbes/Die Brücke


  • An diesem Vormittag soll Jasper Caldwell seinen Bruder Vale zu einem sehr ernsten Gespräch gebeten haben. Möglicherweise ging es dabei um ein Schreiben, das der jüngere Caldwell unlängst abgeschickt hatte. Vielleicht auch um den Vorfall, der sich Erzählungen nach am Vortag ereignet haben soll und der sich langsam zu bestätigen schien. Stimmte es, dass man Rowenna Caldwell beleidigt hatte? Oder hatte umgekehrt ein Angehöriger der Familie einen hochrangigen ascalonischen Offizier gedemütigt?

    Eventuell steckte in beidem ein bisschen Wahrheit. So oder so, die Angelegenheit konnte allem Anschein nach nicht unkommentiert stehen gelassen werden. Am Nachmittag brachen sowohl Jasper als auch Vale Caldwell in unterschiedliche Viertel der Stadt auf. Es heißt, sie hätten verschiedene Geschäfte aufgesucht und den Eindruck erweckt, sie seien auf der Suche nach etwas - oder jemandem - gewesen. Erst zum Abend hin kehrten sie zum Anwesen zurück. Ob sie erfolgreich heimgekommen waren, konnten Beobachter nicht abschließend sagen.


  • An diesem windigen Dienstag passierte einiges in und um das Haus der Familie Caldwell herum. So jedenfalls sagen die Leute. Während die patente Köchin Mrs. Hemmel gemeinsam mit der Dienstmagd Hannah offensichtlich alles für einen geselligen Grillabend vorbereitete, Tische im Garten der Grafen aufstellen ließ und den Grillrost scheuerte, hatte Vale Caldwell andere Geschäfte zu erledigen. Die Wege des Mannes führten ihn am frühen Nachmittag vor das Anwesen des ascalonischen Adeligen Aleksei Balabanov. Lange allerdings soll der Besuch nicht gewährt haben, der augenscheinlich höchst offiziellen Charakter hatte. Das jedenfalls muss man denken, wenn man sich den Aufzug des gräflichen Stellvertreters genauer angesehen hat.

    Was auch immer Anlass für das Treffen der ungleichen Männer gewesen ist: Nur wenige Stunden später konnte man Jändis McWillis, den caldwellschen Boten, dabei beobachten, wie er mit ernstem Gesicht und beladen mit einer schlichten Holzkiste erneut in Richtung Balabanov strebte. Anders als sonst, ließ der Mann sich nicht auf einen Plausch ein.

    Am Abend wurde es dann tatsächlich recht heiter im Garten der Familie. Ashoka Tahno, eine Asura und stolzes Mitglied der Löwengarde, oft Gast im Hause Caldwell, besuchte die Geschwister, um gemeinsam mit ihnen zu schlemmen. Bis weit in die Nacht hinein konnte man die teils vergnügt, teils ernst, immer aber sehr zugewandt klingenden Stimmen der Gesellschaft hören.

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    Geschwister Forbes/Die Brücke

  • Am Nachmittag des 36. Stecklings konnte man Vale Caldwell in Begleitung einer jungen Frau im Rurik-Cafe beieinander sitzen sehen. Die beiden wirkten vertraut, wenn auch nicht unbedingt ineinander "verliebt". Dunkles Haar, sonnengebräunte Haut, recht schmal gehalten, vom Antlitz her nicht unbedingt dem gängigen Schönheitsideal der Hauptstadt entsprechend, identifizierten einige vermeintlich gut Informierte die Frau als Sheila Varas aus dem Maidenwispern...Andere glaubten die Komtess Sophia Gilani in der jungen Dame gesehen zu haben, die sich derzeit des Öfteren in der Begleitung eines Mitgliedes der Grafenfamilie befinden soll. Wieder andere waren sich sicher, dass es sich um Rebecca Cameron handelte, die aus dem selbstgewählten Exil zurück gekehrt sei. Gesichert jedenfalls ist, dass die beiden zusammen aßen, sich unterhielten und dann später im Salma verschwanden.

    Nur einen Tag später führte es offenbar auch Graf Jasper selbst dorthin. Der Einäugige suchte das Anwesen der Gräfin von Eichenweiler auf, um für mehrere Stunden darinnen zu verschwinden. Als er es letztendlich wieder verließ, wirkte er ernst, allerdings auch ebenso entschlossen.

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    Geschwister Forbes/Die Brücke


  • Es war bereits spät am Abend des 38. Stecklings, als zu dieser eigentlich ungewöhnlichen Zeit für derlei Lieferungen ein Karren durch das Ossa-Viertel rollte. Ratternd kam er vor dem Anwesen der Caldwell-Familie zum Stehen. Die aufgeladenen Vorräte waren allerdings nicht der Grund, warum Nachbarn sich am nächsten Morgen darüber unterhielten, sondern der Umstand, dass Kiando Ptah Lketinga Daouda - der Gardist der Familie mit dem unaussprechlichen Namen - auf dem Gefährt zurückkehrte. Und er schien in einen Kampf verwickelt gewesen zu sein.

    Der junge Mann allerdings wirkte unversehrt. Nachdem er die Ladung verstaut hatte und sein Wallach abgespannt und versorgt worden war, verschwand er eine Weile im Gesindehaus, um schließlich in Zivil ins Hauptgebäude zurückzukehren. Die Geschwister müssen recht erfreut gewesen sein, ihn wiederzusehen. Zumindest wurde behauptet, dass er den Rückweg zu seiner Kammer, den er erst weit nach Mitternacht antrat, auffällig schwankend hinter sicht brachte und dass die paar Stufen für den Mann nicht mehr allein zu bewältigen gewesen wären.

  • Ein Blumenmeer an Tulpen wurde am frühen Morgen des 42. Stecklings am Anwesen der Familie Caldwell abgeliefert, berichten einige tratschende Dame beim morgendlichen Plausch auf dem Ossa-Markt. Andere erzählen es war nur ein riesiger Blumenstrauß, wieder andere es seien Kränze und Gestecke zum dekorieren gewesen.
    Und schon wird spekuliert, wer den da so heiß begehrt ist, das man ihm Blumen schenkt. Jeder der Geschwister wird als Adressat verdächtigt. Einige wenige Munkeln jedoch das mit den Blumen die Tulpen-Komtess angereist ist, die vor fasst einem Jahr bei den Caldwells gelebt hat. Gesehen will sie aber keiner haben.

    Einmal editiert, zuletzt von Aegi (10. August 2021 um 12:26)


  • Noch ehe das Tulpenmeer am Caldwell-Anwesen eintraf, am Abend des 41. Stecklings, kam Jasper Caldwell trotz des eher bedeckten Wetters auf der Terrasse eines Cafés im Rurikviertel mit der Baroness Chevalier zusammen. Anders als die Dame, die in Begleitung einer Wächterin eintraf, war das Familienoberhaupt gewohnt allein unterwegs.

    Im Gegensatz zu seinem Bruder Vale, der von Gardist Daouda flankiert wurde, als er die Gedenkfeier besuchte, die von den Seraphen am Schrein der Götter abgehalten wurde. Von Rowenna Caldwell, die ihn hatte begleiten wollen, sah man nichts. Wie Missis Hemmel sich mit einem Strauß Tulpen im Arm am nächsten Morgen beschwerte, sei das Mädchen krank geworden. Sie hätte es ja gleich gesagt: alle abgemagert und keine Substanz mehr.


  • Am Nachmittag des 44. Stecklings traf Jasper Caldwell sich am Rand des Salma-Viertels mit einem blauborkigen Sylvari und einem sehr gut gelaunt wirkenden Norn, der im Umkreis des Iorga-Anwesens mit der grünen Tür kein ganz Unbekannter zu sein schien. Die drei ungleichen Gesprächsteilnehmer führten eine recht lebhafte Unterhaltung, bei der mehrfach der Eulenspiegel eine Erwähnung fand.

    Der Graf führte seine beiden Begleiter dann auch zu dem entsprechenden Gebäude, das von der Baroness Chevalier für die Belange der Künstler-Vereinigung erworben worden war. Im Anschluss daran trennten sich die Wege, wobei der Caldwell ins Ossa-Viertel zurückkehrte, während Sylvari und Norn in Richtung des Portals nach Löwenstein zogen.

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    Am frühen Nachmittag des 47. Stecklings konnte man Vale Caldwell in Begleitung einer nicht mehr ganz so unbekannten Frau auf den Straßen des Ossaviertels entdecken. Der gräfliche Stellvertreter befand sich in der Gesellschaft der Komtess Sophia Gilani, die derzeit in der Hauptstadt residierte. Die beiden schienen sich gut zu unterhalten, während sie in einem gemütlichen Tempo in Richtung Shaemoor ritten. Ein Ausflug aufs Land allem Anschein nach. Erst nach Stunden, der Abend hatte bereits Einzug gehalten, kehrte das ungleiche Paar nach Götterfels zurück.

    Gilani und Caldwell brachten ihre Tiere zurück ins Ossaviertel, wo sie in die Obhut des caldwellschen Stallmeisters überantwortet wurden, bevor es für die beiden noch einmal auf die Straße hinaus ging. Ganz gesittet, so heißt es, soll der Bruder von Graf Jasper seine Begleiterin heim geleitet haben, ehe sich ihre Wege trennten. Manch einem will aufgefallen sein, dass der sonst so streng und ernst wirkende Mann heute etwas 'lockerer' war, als es für gewöhnlich bei ihm der Fall ist.

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    Geschwister Forbes/Die Brücke

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    Während sein jüngerer Bruder sich einen Tag des Müßiggangs gegönnt hatte, schien Jasper Caldwell derzeit praktisch kaum noch zu Hause zu sein; außer, man erwartete Besuch am Anwesen. Häufig wurde er auf dem Grund und Boden der Gräfin von Eichenweiler gesehen. Fast noch mehr Zeit allerdings verbrachte er damit, Händler, Wachposten, Tavernenbesitzer und offizielle Stellen zu konsultieren, und allmählich verdichteten sich die Gerüchte, der Mann sei auf der Suche nach jemandem.

    Möglicherweise handelte er im Auftrag Ewelina Kulikovs, die er so regelmäßig für Rücksprachen aufzusuchen schien. Andere fragten sich, ob vielleicht Rebecca Cameron etwas zugestoßen sein konnte. Hatte es nicht unlängst eine große Lieferung von Tulpen an die Adresse der Caldwells gegeben? Die Familie Cameron begründete ihren Wohlstand auf der Vermarktung dieser Gewächse. War es am Ende kein freundlicher Gruß gewesen, sondern eine Drohung?

    Dafür sprach, dass Jasper Caldwells Nachforschungen sich allmählich auf Löwenstein auszuweiten schienen. Immerhin lebte die Cameron-Sippe in den Gendarran-Feldern. Von dort stammte allerdings auch der engste Freund des Grafen, Baron Laurence Galdur, und den hatte man tatsächlich schon auffallend lange nicht mehr in der Begleitung des Grafen gesehen. Oder überhaupt in einer größeren Stadt.

    Am 48. Steckling jedoch empfing der Caldwell zunächst einen Gast. Eine junge Frau, hübsches Gesicht, wache, blaue Augen, aber die Kleidung etwas zerschlissen für eine Besucherin eines Adelshauses. Von Stand konnte sie selbst nicht gewesen sein. Andererseits: die Zerstörerangriffe hatten auch die Landsitze der Aristokratie nicht verschont, also wer konnte es am Ende wissen?

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    Am Nachmittag des 51. Stecklings kam noch einmal die Frau in der zerschlissenen Kleidung zum Caldwell-Anwesen. Dieses Mal wurde sie von Elizabeth Kincaid, der Assistentin des Grafen, begrüßt und herein gebeten. Sie schien bereits erwartet worden zu sein. Erst nach einer ganzen Weile verließen die beiden das Gebäude gemeinsam, um hinüber zum Gesindehaus zu gehen. Wie es aussah, erhielt die blonde Frau eine Kammer dort zugewiesen. Offenbar trat sie eine Stelle bei der Familie an.

    Am Abend desselben Tages klärten sich zumindest die Gerüchte um die Komtess Cameron auf: die Adlige war nicht bedroht worden, sondern reiste in Begleitung zweier Gardisten ihrer Familie an, um fast zeitgleich mit der Gräfin von Eichenweiler bei den Geschwistern einzutreffen. Die Komtess wurde freudig in der Stadt zurück willkommen geheißen. Ihrem Gepäck nach zu urteilen, plante sie erneut eine Weile bei den Caldwells zu Gast zu bleiben.

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    Am 53. Steckling stand dem Caldwell-Anwesen eine Überraschung ins Haus. Zu fortgeschrittener Stunde - das Abendessen lag längst zurück und durch das geöffnete Küchenfenster sah man Kiana Denar, die neu angestellte Haushaltshilfe, wie sie mit der Köchin zusammen aufräumte - traf eine Reiterin auf dem Grundstück ein. In die Farben der Familie gekleidet, das blonde Haar hochgesteckt, verhinderte der ausladende Reisehut, dass Nachbarn sehen konnten, um wen genau es sich handelte.

    Es musste allerdings ein recht willkommener Besuch gewesen sein, denn kurz darauf war freudiges Lachen aus dem Inneren des Gebäudes zu vernehmen.

    Erst am folgenden Morgen klärte sich auf: Celia Caldwell war aus den Harathi-Hinterlanden nach Götterfels gekommen und hatte ihre Geschwister damit überrascht. Ob sie vorerst nur einige Tage oder ebenfalls länger in der Stadt bleiben würde, ließ sich noch nicht beantworten.

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    Am frühen Nachmittag des 54. Stecklings sah man die caldwellsche Kutsche durch die Straßen des Ossaviertels fahren. Sie konnte dabei beobachtet werden, wie sie vor einer kleinen Kunstsammlung hielt und die Komtess Rebecca Cameron, jüngst erst wieder nach Götterfels zurück gekehrt, dem Gefährt schließlich entstieg. Am Arm von Vale Caldwell soll die junge Frau das Haus betreten und etwa zwei Stunden später wieder verlassen haben. Die beiden, die sich allem Anschein nach bestens miteinander verstanden, kehrten in ein Lokal in der Nähe ein, um dort ein gemeinsames verfrühtes Abendessen einzunehmen. Ohne Kutsche, dafür aber weiterhin in Begleitung des Stellvertreters des Grafen, gelangte die Tulpenkomtess zu Beginn des Abends sicher und wohlbehalten zurück zum Hause Caldwell.

    Interessierte und Informierte wissen sicherlich, dass die unscheinbare Galerie derzeit eine Sammlung verschiedener Kostüme aus Ballett und Theater beherbergt und sich dabei offenbar auf die Exponate fokussiert hält, die von Nebenrollen und 'Randerscheinungen' während der Aufführungen getragen wurden.

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    Geschwister Forbes/Die Brücke

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    Der Morgen des 57. Stecklings war grau und kalt. Ungastlich, wenn man so wollte. Es war nicht der beste, nicht der strahlenste Tagesbeginn des Spätsommers und dennoch schien er auf eine gewisse Art und Weise von gewichtiger Bedeutung für das Haus Caldwell zu sein. Wieso sonst sollten Graf Jasper und dessen Stellvertreter Vale noch während des 'Sonnenaufganges' das Anwesen in offizieller Tracht, mit Gambeson, Lederwams und Schwertern verlassen?


    Die Männer begaben sich zu den Stallungen, um sich dort mit einem nicht minder "fein" her gemachten Yurij Iorga zu treffen. Der ascalonische Rechtsvertreter, bewaffnet mit Degen und Revolver, der die Brüder auf einem hellen Falben bereits erwartete, hatte eine ernste Miene aufgelegt und begleitete die Caldwells in Richtung Stadtausgang.

    Es war bereits später Vormittag, als man das ungleiche Trio zurück auf den Straßen von Götterfels antreffen konnte. Die Männer trennten sich vor dem Eingang zum Ossaviertel, durch den die Caldwells ritten, während der Iorga sich gen Rurik absetzte.

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    Geschwister Forbes/Die Brücke

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