Aufgrund Gewaltszenen vorsichtshalber im Spoiler.
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"Balthasar, durchdringe mich und fülle mich mit Deinem Geist."
Die Klinge des Bidenhänders stieß durch den dürren Leib des Skritt wie ein Messer durch Butter gleiten würde. Kaum nennenswerter Wiederstand war spürbar als sie die Schneide mit einer scharfen Bewegung drehte und dann mit einem neuerlichen Ruck aus dem Körper zurückriss um sich direkt dem nächsten Gegner zuzuwenden, einem weiteren dieser Nagetierwesen der eine schlichte Holzkeule als Waffe gewählt hatte. Die Dummheit der Kreatur war beachtlich, wie hatten sie es wagen...ja sich erdreisten können sich dem Priester und ihr entgegen zu stellen? Selbst eine Gruppe der Rattenartigen war immer noch keine angemessene Herausforderung für dieses Gespann. Hinter ihr konnte sie den Diener des Kriegsgottes von beseelten Zorn erfüllt toben hören. Keine Hilfe nötig, sie würde dort sein wo sie gebraucht wurde. Immer. Das war ihr Schwur, ihr Eid, ihr Bestreben.
"Dring ein in meine Glieder und gebe ihnen Kraft."
Sie riss den Arm hoch als einer der Skritt eine Flasche in ihre Richtung warf und das mit erstaunlicher Zielgenauigkeit. Ungeziefer! Mit einem klirrendem Geräusch zerbarst die Flasche an den metallenen Schuppen, die das linke Glied als Teil der gladiatorenhaft anmutenden Brustpanzerung überzogen. Grüne Scherben striffen das Gesicht ohne eine Spur zu hinterlassen, fielen ungehört auf den weichen Erdboden. Der Inhalt der Flasche, dieser scharf riechende Alkohol allerdings konnte weder von Fleisch noch Metall aufgehalten werden, klatschte gegen die Rüstung und benetzte Haut und Haar, brannte in den grünen Augen die ohnehin von stärker werdender Wut loderten. Sie konnte es spüren, den Rausch des Kampfes den sie so sorgsam in sich zu verschließen suchte. Die Hitze die ihren Leib erfüllte und beseelte, ein süßes Dahintreiben auf dem Moment der Herausforderung. Selbst wenn es sich um so niedere Gegner handelte wie diese gierigen Diebe.
"Dring ein in mein Herz und gib ihm Mut."
Sie suchte es niederzukämpfen, dieses Gefühl. Es war unangemessen. Unrein. Dreckig. Dieser Kampf diente nicht dem höheren Ziel. Es war nur ein Kiesel auf ihrem Weg, der sie stolpern lassen konnte. Sie war nicht die Dienerin, sondern die Waffe. Und als Waffe hatte sie nur zu handeln, die Hand die sie führte war eine gänzlich andere. Die Kämpfe in Kessex waren das beste Beispiel gewesen. Hatte nicht Balthasar selber ein Zeichen geschickt? Der Priester war davon überzeugt. Und wer war sie an den Worten desjenigen zu zweifeln, dessen Blut besonders stark vom Zorn des Gottes höchst selbst beseelt war. Sie war die Waffe, er war die Hand. Seine Entscheidungen würden auch ihre sein. Jedenfalls was alle Glaubensbelange anging. Instrumentalisiert, kontrolliert, beherrscht. Der Skritt kreischte schmerzerfüllt auf, als ihre Waffe verfehlte, statt des Schädels lediglich die Hand vom Stumpf trennte und den unglücklichen Gegner so nicht zu einem gnädigen raschen Tod, sondern zu leidvoller Pein verdammten. Eine Waffe versagte nicht.
"Dring ein in meine Seele und gebe mir Zorn!"
Keine Zeit, der nächste Skritt näherte sich. Dieses Mal mit einem simplen genagelten Brett als gewählte Waffe. Die Schmerzensschreie seines sich windenden Kameraden stachelten ihn lediglich an, ließen ihn rasend werden. Sie kannte den Blick der in den schwarzen Augen lag nur zu gut. Wie oft hatte sie ihn wohl selber zur Schau getragen, wenn sie in der Arena gegen einen Gegner gekämpft hatte? Wie oft im Feld? Und wieso schlich sich dann die Sorge, der Zweifel immer wieder in ihre Gedanken hinein? Waffen sollten sich nicht sorgen. Aber die Begegnung mit Azaria Cartwright hatte Spuren hinterlassen. Spuren die sie anfangs als unbedeutend gewertet hatte, wie man Unkraut am Wegesrand als unbedeutend erachtet, bis sich die Samen und Wurzeln in den eigenen Garten vorgearbeitet haben. Wie falsch hatte der gefallene Priester Cartwright gelegen. Oder viel wichtiger...hatte in seinen Worten letztlich doch ein Funken an Wahrheit gesteckt? Sie hatte geschworen, dass sie es niemals dazu kommen lassen würde, dass sich dieser Teil der Geschichte wiederholen würde. Dass es Menschen gab die dafür Sorge tragen würden das dies nicht geschah und sie einer dieser Menschen sein würde. Aber konnte sie das überhaupt, wenn sie nicht mehr als die Waffe war, als die sie sich sehen wollte?
"Mein Leib sei Dein, und den Leib des Feindes will ich Dir opfern!"
Mit einem wuchtigen Tritt ihres rechten Fußes trat sie ihren Gegner von sich fort, schickte ihn mit dumpfen Aufprall auf den Erdboden wo bereits das Blut seiner gefallenen Freunde und Mitstreiter das Gras zu Teilen rot gefärbt hatte. Die Klinge stieß hinab, streckte ihn schnell und erbarmungslos nieder. Nur das beständige wimmern und schluchzen des verkrüppelten Skritts, der immer noch in Schmerzen liegend auf dem Wagen zuckte und seinen blutigen Armstumpf hielt, lag noch in der Luft. Die wenigen verbliebenen Gegner hatten ihr Heil in der Flucht gesucht. Er selber konnte nicht fort. Sie hatte nie gefragt woran die Skritt glauben mochten und wenn sie es genau nahm, es kümmerte sie auch nicht, war ihr schlichtweg gleichgültig. Das Glas knirschte unter ihren Schuhen als sie den Wagen umrundete und sie an die Seite trat auf der sich die kleine pelzige Gestalt zu einer Kugel des Leidens zusammengerollt hatte. Ein letzter Schwertstreich ließ seine Schmerzen und die Laute der Agonie enden. Wenn doch alles so einfach wäre, wenn man doch nur auch Gedanken, Zweifel und alle Sorge auf solch leichte Weise beenden könnte. Eine Waffe zweifelte nicht, sorgte sich nicht.
"Rotes Blut, Heiliges Blut – Blut wasche rein - so sei es."
Das Rauschen wich der Leere, als löste sich das Feuer mit dem letzten Gegner einfach auf, als Wut und Zorn keine weitere Nahrung fanden an der sie sich laben konnten. Die Kontrolle hatte sie behalten. Jahre der Übung ließen die Maske nicht einfach durch einige übermütige lebensmüde Skritt brechen. Und auch der Priester hatte seine Gegner wie zu vermuten überwältigt. Sie hatte nichts anderes erwartet. Dampf stieg noch von seiner Rüstung auf, dort wo bis eben heiße Flammen über das Metall geleckt hatten, als würde sich seine Wut in dem tobenden reinigenden Feuer Balthasars manifestieren. Wie konnte sie überhaupt wagen sich solchen Sorgen hinzugeben und ihnen ihren Geist zu öffnen? Schmerz zuckt durch ihr Bein und als sie den Blick hinab wandte bemerkte sie die Schnittwunde an der Wade die ihr durch irgendeinen der Skritt zugefügt worden sein musste. Sie hatte es nicht einmal bemerkt. Eine Waffe spürte keinen Schmerz.
Sie würde einfach besser werden müssen. Bis sie die Waffe war als die sie auserkoren worden war. Denn wenn sie nicht die Waffe war, was war sie dann noch?
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