Aktuelles Geschehen, eventuell Spoiler:
Vor wenigen Tagen....
Ein pfeifendes Geräusch im Gehörgang hinterlassend schob sich kalter Wind an den Ohrspitzen des Roten vorbei, ließ sie leicht erzittern.
Noch während die letzten Geschwister im Posten der Abtei waren, das Gespräch der Trainer sein Ende gefunden hatte, machte sich der Rote auf den Weg. Aus dem Hain hinaus, wollte er. Dorthin wo er die letzten Tage auch seine Ruhe gefunden hatte. Wobei man es nicht Ruhe nennen konnte. Eher Einsamkeit. Er wollte niemanden in seiner Nähe. Niemanden ertragen müssen. Arvil war schon vorher verschwunden. Seine Nähe tat ihr wohl auch nicht gut. Schneeflocken hatten eine dünne Schicht auf dem Blattwerk hinterlassen. Zavo saß in Hoelbrak am zugefrorenen See und sah den Norn beim Faßball zu. Er mochte dieses Volk. Er mochte es schon immer, denn irgendwie empfand er ihre Art der Geisterverehrung ähnlich zu seiner Liebe zum Mutterbaum. Die Norn folgten den Geistern und ihren Ahnen mit jedem Schritt, den sie in der dicken Schneeschicht hinterließen. Und doch waren sie es die die Spuren hinterhließen, ihre eigene Legende in die Welt schrieben. Sie erzählten sich Geschichten, wurden einzigartig in ihrem Leben.. doch was wurde aus ihm? Was wurde aus ihm als Sylvari wenn er zurück zum Traum kehrte? Er wurde eins mit dem Mutterbaum, eins mit seinen Geschwistern und alles was er selbst erreichte, in dieser Welt in die er geboren wurde verblasste und spielte keine Rolle für sich allein.
Dumpf fiel der Körper des Roten rückwärts in den Schnee, Flocken stoben auf und bedeckten das Blattwerk, welches sich eng um den Bauch geschlossen hatte. Der Wind ließ die Flocken tanzen, brachte Eiseskälte mit sich und ließ so auch die Gedanken ein wenig einfrieren. Kälteschmerz schob sich vom Hauptwachstumsknoten langsam den Körper hinauf, als würde das goldene Harz in seinem Körper langsam mit Eiskristallen versetzt. Ob es möglich war einzufrieren? Sollte er nicht einfach hier liegen bleiben und niemandem weiter zur Last fallen? Sollte er seine Geschwister nicht lieber in den Kampf ziehen lassen, ohne ihn im Rücken, der jederzeit selbst zur Gefahr werden konnte. Sein Zwilling war nah, brachte Gefühle von Hass und Mordlust mit sich und es wurde immer schwerer diesen Gedanken mit Hoffnung und Mut entgegen zu wirken.
"Aufgeben", haucht der Rote tonlos und obwohl der Atem selbst kaum wärmer war, als die Umgebungsluft, hinterließ er dennoch leichte Wölkchen.
Seitdem sie in sein Leben getreten war, war alles schöner geworden. Er merkte es nicht sogleich, aber es war eine Wohltat, dass sie da war. Das sie immer da war, wenn er sie brauchte. Das sie da war, für ihn, wenn er es selbst nicht merkte. Zerrissen war er gewesen. Hatte seine Gefühle eingemauert um zu funktionieren, seine Aufgabe zu erledigen die für ihn der Lebensinhalt war. Seine Wylde Jagd. Er hatte den Posten seines Zwillings eingenommen, um die Aufgabe zu erledigen die gefordert wurde. Doch seit dem Angriff auf den Kessex-Hügel hatte sich etwas verändert. Er hatte das erste Mal in all seiner Zeit des Erwachens Angst gehabt sie zu verlieren. Sie waren verbunden, verbunden durch den Traum. Er würde sie niemals ganz verlieren können, sie würde immer das sein und doch hinterließ der Gedanke das sie fort sein könnte, etwas unangenehmes in ihm.
Zavo war ein Meister gewesen. Ein Meister im Tragen einer Maske. Er hatte gelernt die Zerrissenheit zu verstecken die Eretheyn hinterlassen hatte, hatte gelernt die Gefühle durchzulassen, die seine Geschwister seine Nähe nicht als unangenehm empfinden ließen. Er war ein grandioser Wächter geworden der seine Aufgabe zu seinem Sein gemacht hatte und doch.. hier im Schnee dämmerte es ihm langsam, warum er so perfekt in seiner Aufgabe sein wollte. Nicht weil es Eretheyns Aufgabe gewesen war, die er für ihn weiter auführen wollte. Sie war der Grund. Ihre Nähe war der Grund. Ihr Leben zu schützen war der Grund und das konnte er nur, wenn er bei ihr war. So viele Jahre hatte es gedauert bis er verstand. So viele Jahre hatte er gebraucht bis ihm klar wurde das er sich komplett von Eretheyn lösen musste um neben ihr gefahrlos funktionieren zu können. Und selbst, wenn sie nie erwiedern würde wessen er sich klar wurde, er würde bleiben. Bis sie ihn fortschickte. Bis er starb. Bis er zurück zum Traum kehrte würde er an ihrer Seite bleiben wollen. Sie hatte sein Leiden erträglicher gemacht. Sein Leben mit einem Licht erfüllt, das nur Nachtblüten mit sich trugen.
Den Schnee immernoch auf den Schultern beschritt Zavo den Aufgang zum Portal.
Er musste zurück in den Hain. Er musste Eretheyn finden und es zu Ende bringen. Er musste zurück zu Ihr, um das sein zu können was er war. Ein Hüter.