„Auf den Frieden in Tyria! Exzelsior!“
Das Rufen des Asura klang fast ein wenig hohngeschwängert in ihren Ohren nach, als ihr Weg sie an den Docks entlang, und tiefer in die Nacht hinein führte. Zwei Mal war sie alle Piere, den gesamten Strand der Bucht abgelaufen, doch sie hatte weder die Nadel, noch ihn finden können. Vielleicht steckte in ihren unbedacht gewählten Worten doch mehr Wahrheit als ihr lieb war.
‘Suchen zwecklos, sofern du nicht die Kojen der Hafennutten durchsuchen willst.‘
Einerlei. Es war eine fixe Idee gewesen, der entfernte Schimmer von Hoffnung der sie glauben ließ, diese Freundschaft wäre noch zu retten. Dabei war sie sich nicht einmal sicher, wer die Schuld daran trug dass sie einen faden Beigeschmack besaß. Obgleich sie nie wirklich davon ausgegangen war dass sie ihn hätte finden können, griff die Enttäuschung mit langen, knorrigen Fingern nach ihr – doch sie war nicht in der Laune sich davon verschlingen zu lassen.
Vielleicht war sie zu weich geworden um den einsamen Lebensstil ihres Vaters zu leben. Sie hatte die letzten Tage Zuhause, fern der Arbeit, fern der Wahlfamilie bedrückend und einengend empfunden. Sie war einsam gewesen. So sehr, dass es sie nach Löwenstein getrieben hatte, weil sie glaubte, hier eher ehrliche Gesellschaft zu finden. Fernab derer, die es ihr schwer machten ihren Zorn in Zaum zu halten.
Gedankenverloren war sie tiefer in die Gassen entlang der Docks gewandert, unbedacht der Umgebung und der Tatsache, dass ihr Hinkebein sie zum potentiellen Opfer machte. Es kam, wie es kommen musste.
Sie waren zu dritt – drei schäbige, speckige Halunken mit filzigem Haar, einer mit Bierwampe, der sie von hinten packte und festhielt bevor sie richtig begriffen hatte was vor sich ging.
‘Jetz‘ schau sich das einer an.‘
‘Die schlauen dummen Schlampen sin‘ wenigstens immer mit’m Stecher unterwegs der’se beschütz’n tut.‘
‘‘s hast’n schönes dabei, Püppi? An dir is ja nix dran, aber die Klamott’n sin‘ ganz schick! Komms‘ nich‘ von hier, wa?‘
Entgegen jeglichen Reflexes schrie sie nicht. Sie war überzeugt, dass alles dadurch nur schlimmer werden würde. Der Fette hielt ihre Arme hinter dem Rücken fest, und während ein blonder mit schmierigem Lappen um den Schädel eine kleine Fackel und ein Messer hielt, trat der dritte mit kurzem, braunem Haar und einer hässlichen Narbe im Gesicht, die ihn scheinbar auch das linke Auge gekostet hatte, zu ihr heran. Noch während sie mit den Schultern ruckte, tatschten grabbelnde Finger ihren Mantel entlang, suchten nach Taschen und Wertsachen, und gaben sich dabei wenig Mühe anständig zu sein.
‘Muss’ma ja auch’n bisschen genießen, wa?‘ kommentierte er, während er sich die Zeit nahm rund um die Brust und um die Oberschenkel besonders intensiv nach Diebesgut zu suchen.
Sie schloss die Augen. Eigentlich hätte sie die Männer die fünf Kupfer aus ihrer Manteltasche und die verzierte Pistole an ihrer Hüfte nehmen lassen. Sie hatte keine Lust auf Ärger, und noch weniger darauf eventuell den Hals zu riskieren. Aber der Grabscher zwischen die Schenkel der folgte, war zuviel.
Sie schlug die Augen wieder auf, und gab ein angestrengtes Geräusch von sich, als gleichzeitig vier Hände von ihr abglitten. Die Druckwelle an Mesmermagie die die drei Männer von ihr fortschleuderte, war von unkontrolliertem Ausmaß, drückte ein Fenster ein und ließ eine Baumwollunterhose von der über ihren Köpfen gespannten Wäscheleine abreißen und zu Boden segeln. Sie hatte lange nicht geübt, und wandte daher wesentlich mehr Kraft auf als nötig gewesen wäre. Alleine deswegen hatte es die beiden Männer vor und hinter ihr einige Meter entfernt in die Gasse geschleudert. Den Dritten hatte sie mit dem Hinterkopf in die nächste Hauswand gedrückt. Sie glaubte Blut am Holz zu sehen, nahm sich allerdings nicht die Zeit näher hinzuschauen. Während sie ihnen das Kupfer überließ, klaubte sie ihre Waffe vom Boden auf. Die Männer würden sich sicher nicht bei der Garde beschweren, und solange es keine Zeugen, keine Spuren gab, gab es auch keinerlei Probleme oder Erklärungsnot.
Sie überstieg den braunhaarigen Grabscher, setzte einen Schritt dabei mit besonders viel Schwung genau in seine Weichteile, ehe sie sich rasch auf den Weg aus der Gasse machte.
„Schöne Frauen sind ungleich interessanter, wenn man sie dabei erwischt wie sie Gesetze übertreten.“ Schnurrte es bariton in vollem, elonischen Akzent hinter ihr, gerade als sie auf einer der großen Straßen angekommen war. Trotz der Feuer die Licht und nächtliche Wärme spendeten, richtete der Klang der vertrauten Stimme ihre Nackenhaare steil auf.
„Wir sollten uns unterhalten, Schönheit.“
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