Irgendwann landet die Münze auch auf der falschen Seite - gefallene Groschen. // Al

Die Stumpfsinnigkeit der Tage erdrückte einem den Kopf.
Helena erinnerte sich noch daran, wie sie Als Umarmung erwidert hatte. Da hatte sie noch geglaubt, sie würde ihn verlassen.
„Ich hab mir wieder mal den Plan gemacht, die Stadt zu verlassen. Schon wieder steh ich hier wie gelähmt. Aber ich hab nichts mehr. Der Laden ist verkauft. Ich hab es schon ein paar Leuten erzählt.“
Der Gedanke schlug ihr wieder in den Magen. Sie hatte es schon ein paar Leuten erzählt…
Mit tauben Händen räumte sie die Sachen zusammen, die Al ihr zusammen mit seinem Abschiedsbrief geschickt hatte. Alles bis auf seine Locke versteckte sie unter dem Bett.


‚Du bekommst morgen noch ein Paket.‘


„Unfassbar.“ Sie hielt, auf dem Boden kniend, in der Bewegung inne. Er hatte es klingen lassen wie etwas, über das man sich freuen konnte. Er hätte ihr auch ein Loch in den Kopf schießen können. „Oder ins Herz.“
Helena stand auf.
Sie starrte in ein leeres Zimmer. Hier war niemand, mit dem sie sprechen konnte. Und in Wahrheit sprach sie auch gar nicht. Nur ab und an schälte sich ein einzelner Gedanke aus dem Rauschen zwischen ihren Ohren heraus, schob sich hinter ihre Stirn und zerplatzte, denn das Dröhnen im Hintergrund war so unausweichlich, dass es alles einfing.
Sie hatte immer Adrian für denjenigen mit der sozial gefährlichen Egozentrik gehalten. Den Ichbezogenen.


Da waren jetzt keine Worte mehr. Es gab einfach nichts mehr zu sagen. Es spielten sich sowieso immer wieder dieselben Szenen in Helenas Kopf ab. Al auf dem Felsen bei den Tributen. Er sah aus als wäre er genau da, wo er hingehörte. Gefühlte Erinnerungen gehörten zu den Bildern, die sagten, dass es gut so war. Sie hatte darüber nachgedacht, wie sie ihn vermissen würde. So bitter ironisch.
Dann Kay, die zu ihr trat und sie darauf aufmerksam machte, wie seltsam er sich verhalten hatte. Helena hatte gesehen, dass sein Benehmen sich nicht auf sie beschränkt hatte. Hätte sie nicht ausgeblendet, wovon sie selbst nicht Zentrum war, es wäre ihr selbst aufgefallen. Wäre sie nicht nur auf das fixiert gewesen, was sie selbst betraf. Dann wär vielleicht noch Zeit gewesen.


Sein Haus in der Nacht. Die verschlossene Tür.
Sein Haus am Morgen. Die Tür noch verschlossen. Auftreten oder Knacken. Auftreten oder Knacken.
Das geknackte Schloss. Die Stille im Haus, das offen und leer klaffte. Das Gefühl, das sie schon beim Eintreten befiel. Die Warnung. Die Stille.
Auch Lynn betrat dieses stille Haus. Sie fand Helena muckslos und mit nassem Gesicht. Sie hatte ihn mit Hilfe des Stuhls runtergeholt, der das Einzige gewesen war, was er dagelassen hatte. Der Stuhl war dabei umgefallen.. Sein Kopf lag auf ihrem Schoß.
Lynn hatte Hilfe geholt. Sie versprach Helena, Kay persönlich zu benachrichtigen.
Helena war bei ihrem Schützling geblieben. Und sie konnte nicht ertragen, dass es zu spät war und er nichts gesagt hatte.
„Es tut mir so leid.“

Kommentare 5

  • Ich finds fast am schlimmsten, dass Al in meinen Augen bisher immer ein so lustiger Charakter war, mit dem zumindest ich es easy hatte. Dann haut so ein Hammer natürlich umso mehr rein.
    Schöne Antwort, Leni, an Als Stelle hätte ich mich über die Reaktion gefreut.

  • Sehr schlicht aber eben drum kraftvoll und schön.

  • Wow. Die Geschichte hat mich heute morgen schon mitgenommen. Man. Ist doch ... gnah...


    Super traurig geschrieben.

  • Tja, da fehlen mir wieder die Worte. Es ist so ein großer Unterschied, ob jemand einfach nur geht und der Charakter verschwindet oder ob er stirbt.
    Da bereue ich es direkt, nicht mehr RP mit Al gehabt zu haben.

  • Jetzt habe ich doch schon wieder Pipi in den Augen :(