„Da... da...!“
Kaum war die Tür hinter ihm und den Hunden zugefallen, setzte sich Khea wieder auf den Küchenstuhl und wandte sich dem selbst gezimmerten Hochsitz des kleinen Brabbelmäulchens zu. Beide Hände legten sich an die fein geschmirgelte Platte des winzigen Tischchens und mit einem sanften Zug drehte sie Sitz und das darin sitzende Juwel in ihre Richtung, so dass man sich Aug um Aug gegenüber saß.
Ernst sah sie das Mädchen an, denn diese Sache war ernst und es konnte keinen Aufschub geben. „Dada!“, freute sich Fin und die Blonde schüttelte nur langsam das Haupt.
Ihr Haar war wieder lang geworden. Durch die fehlende Arbeit, hatte sie sich ein etwas weiblicheres Äußeres gegönnt. Nun fielen die Loden in lockigen Kaskaden weit über die Schultern und streiften dabei sogar ihren Steiß, während Raubvogelaugen die kleine Beute vor sich betrachtete. Die Beute kannte aber keine Angst, quiekte und lachte, reckte die winzigen Patschehändchen nach dem dunklen Antlitz der Frau und klatschte, schlug winzige Blasen und wiederholte emsig: „Dada!“
„Nein, nein... Papa ist nun spazieren...“, raunte sie. So leise als dachte sie er könnte sie draußen vor der Tür noch hören und ihre emsigen Bemühungen verfolgen, die sie seit ein paar Tagen anstrebte, seit Fin ihr erstes Wort genuschelt hatte und dieses nicht 'Mama' lautete!
Eine Ungehörlichkeit wie sie fand! Etwas, was es zu korrigieren galt.
Und daher lächelte sie ihrem Augstern zärtlich zu, zupfte an einer der winzigen braungoldenen Locken auf dem Flaumschädel und begann langsam: „Fin, sag 'Mama'!“
„Dada!“ Das Kindchen quiekte. Kleine Hände fuchtelten ihr neuerlich gen. Khea reckte ihre Finger und berührte die Tochter sanft. Konnte selten kaum von ihr lassen, als könnte ein dunkles Monster aus den Schatten huschen und ihr das Kindchen fort nehmen.
Nicht selten schlief Fin bei ihnen im Bett. Wenn es ihr nicht gut ging- sie kleine Koliken erlitt, krank war- oder sie einfach nicht schlafen konnte. Solche Dinge.
Ihr Leben und das Leben von Leo hatte der kleine Wirbelwind zumindest gehörig durcheinander gebracht. Aber Khea wollte sich nicht beschweren und sie wusste 'er' würde es gewiss auch niemals.
Es war eben nicht immer leicht. Aber das wussten sie beide. Und mittlerweile konnte sich die Blonde kaum noch an ihr altes, wildes, freies Leben erinnern.
All dies hier erschien ihr nicht weniger wild und nicht weniger frei. Nur gekleidet in den alltäglichen Wahnsinn aus Erbrochenem und mannigfaltigen Situationen in denen man Chaos stiften konnte. Ein Alltag aus vollen Windeln- oder verlorenen Windeln und einem nackigen Kinderpo, dem man nachjagte.
Kaum konnte das Kind krabbeln, war es auch kaum noch zu halten und quäkte und kicherte dabei illuster, während es Khea tatsächlich den Schweiß auf die Stirn trieb, derweil sie dem Mädchen süßholzraspelnd nachjagte. Sie mit den höchsten Tönen lockte.
„Nein, mein Schatz. Papa ist spazieren, mit Rascal und Sammy. Sag Mama!“, schnurrte sie in ihrem lieblichsten Tonfall, dem sonst so gut wie niemand widerstehen konnte.
„...“ Fin starrte sie aus großen dunklen Augen an, die sie sicherlich von ihrem Vater hatte. Augen so riesig wie Teller. Umkränzt von kleinen, feinen Wimpern. Wieder blubberte sie. Etwas Speichel hing an den winzigen Lippen und troff über das runde Kinn.
Kheas Finger waren schnell daran ein Tuch bereit zu halten und ihrem Mädchen die Feuchte aus dem Gesicht zu wischen. „Fin, sag 'Mama'!“, lockte sie weiterhin mit lieblichen Worten und weichem Tonfall. „ Sag Ma-ma!“
Fin glotzte sie an. „Ma...“
„Ja....?“
„DADA!“
Juchzendes Kreischen, dann wieder kleines Händeklatschen. Kheas Kopf sank frustriert auf die winzige Tischplatte des Hochstuhls. Nach nur wenigen Sekunden begann Fin damit ihr an den Haaren zu ziehen und sich ein paar der Locken in den Mund zu schieben und illuster zu 'bekauen'. Sie ließ es einfach geschehen. Ihr Blick huschte gen Tür und weilte dort in einem Anflug von Eifersucht und ungerechtfertigtem Groll.
„Dadadadadadadadadada...“, blubberte Fin dabei mit ihrer Locke im Mäulchen.
Vielleicht war der Zeitpunkt gekommen aufzugeben? Sie konnte nicht jede Schlacht gewinnen. Allmählich müsste ihr das klar sein. So schenkte sie ihm ein Lächeln, als die Tür aufging und er sie noch immer an jenem Tisch fand, samt lockenkauender Tochter.
„Eins zu null für mich?“, frug er nur schelmisch, lupfte sein Mädchen aus dem Sitz und nahm es auf den Arm. Khea brummselte.
„Eins zu null für dich...“, schmunzelte sie unter tiefen Grübchen.
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