Gundas Lied (Eine Ballade über die Norn)

Das Jahr war müd, der Himmel schwer und rot auf dunklem Land,
als durch die schwarzen Hügel schritt ein weißer Fuß im Sand.
Und wehend flog das Rabenhaar und die Gefahr war groß.
Ein dunkles und ein goldnes Kind in hoher Berge Schoß.
Und Wendelmar der Jähe war's, der sie im Schatten fand


Sein Feueraug war grün entflammt, verfangen tief im Dämmerkranz.
Balgundas Schein ward er gewahr und ihrer Stimme Lichtertanz.
Und alter Ruhm stieg in ihm auf bei ihrer Worte Melodie.
Und schlummernde Erinnerung und Lustbarkeit erweckte sie.
Und Achtung wuchs aus ihm hervor. Mit ihrem Schwur in seinem Ohr.
Noch lange blieb er danach fort, doch ihr Gesicht vergaß er nie


Bis schießlich fern am Schneeherrntor beim kühlen Waldestal.
Ihr Lachen wieder zu ihm drang in hohem Nornensaal.
Doch auch Batildis, goldne Maid, war Gast an diesem Ort.
Und süß sprach sie zu Wendelmar mit manchem Unglückswort.
Er aber horchte Gundas Lied, dem Klang der Nachtigall


Da war es Urlaf, dieser Narr, der seine Stimme bös erhob.
Und hämisch, tückisch, listenreich sein Lügennetz durch Hoelbrak wob.
Doch Strafe traf ihn kurzerhand, als Wendelmar in Fieberwut,
In Leidenschaft, Besessenheit, Erbitterung und Zornesglut
ihn traf mit jäher Raserei. Die Zunge schlug er ihm entzwei.
Und gut wär's, wäre dies das End, das End jedoch, es kam nicht gut.


Balgunda, Gunda, Lichtermaid, errettete ihn dort
Mit sanfter Hand so blütenhell, trug sie den Üblen fort
Und stand in dunkler Stund ihm bei und heilte seine Qual
Doch Lehre zog er nicht daraus, sein Sinn blieb schlecht und schal
Und voller Hass zog er dann aus, verließ den Nornenhort


Doch Rache sann er, dunkler Geist, gemeiner Auswuchs folgte schnell
Stillschweigend kroch er aus der Nacht und griff die Hand, die blütenhell
Und zog sie fort, verschleppte sie, ein Diebstahl, der so widerlich
So unausstehlich, lasterhaft, so grässlich, keinem andern glich
Und doch ward er zuletzt gefasst
Von Wendelmar der ihm verhasst
Und der, als Urlaf Flüche spie, den üblen Gegner niederstrich.


Und noch ein Norn, der Kupferbart, stand fest an seiner Seit‘
Und half bei Urlafs Niedergang und Gunda war befreit
Doch Gundas Geist war tief in Urlafs Dunkel eingetaucht
Und zäh war noch ihr Schattenherz von Dämmer überhaucht
Kein Licht war in der Nacht für sie und finster ihr Geleit.


So ging sie mit der Nacht dahin und fahl kam sie am Morgen an
Ihr Abgrund schwarz und freudlos wie das Höhlenland von Doldenvan
Kein Zauberwerk und Flehgesang, kein mühevolles Wunderstück
Nicht aller Stimmen Liebesfron gewann ihr müdes Herz zurück
das längst dem fernen Ruf erlag
an diesem bleichen Trauertag
an dem Balgundas Glück zerbrach, auf immerdar zerbrach ihr Glück.


Und wenn in Tyrias Nebelschleier bald ein Vogel singt
So mag es sein, dass Gundas Lied von Süden her erklingt
Und silbern kommt aus seiner Kehle dann im Blätterfall
Der süße Name Wendelmars für seine Nachtigall
Der eine Name, einer nur, der je sein Herz durchdringt.

Kommentare 2

  • Oh Danke. Das ist eigentlich uralt.
    Er dürfte das jederzeit singen, müsste aber erst eine Melodie erfinden (das lasse ich nämlich immer weg, wohl besser so :P )


    Dankeschön!

  • Das ist klasse. Eik würde das singen wollen.