"Komm herein." James von Craigfield lächelte, als ihn die elegant gekleidete Blondine in ihr Zimmer einlud. Die Tür zu dem luxuriösen Raum wurde von ihr nur einen schmalen Spalt breit geöffnet, gerade genug, dass James durch schlüpfen konnte. Während die Blondine hinter ihm die Tür schloss, sah sich James in dem Raum um. Es war ein großes Schlafzimmer, größtenteils in Rottönen gehalten, mit schmuckvollen Möbeln, welche mit feinster Schnitzkunst versehen waren. Das einladend große Bett, die Stühle, das Sofa in der gegenüberliegenden Ecke vom Bett aus gesehen, ja sogar die Vorhänge waren in aller teuerster Ausführung gefertigt worden.
James schmunzelte. Die Blondine schlich wie eine Raubkatze an ihm vorbei, ihr Blick über die Schulter, die Augen mit der stillen Aufforderung versehen, ihr zum Bett zu folgen. Die Blonde ließ sich auf dem Bett nieder und räkelte sich lasziv mit ihrem Rücken auf der Decke. James setzte ein Knie auf das Bett und beugte sich über die Schönheit. Ihre Gesichter kamen sich ganz nahe. Leise ergriff sie das Wort.
"Darauf hast du unten im Festsaal nur gewartet, hmm?"
"Bestimmt nicht nur ich. Die ganze Gesellschaft dort unten hat sich den Kopf nach dir verrenkt. Die fragen sich bestimmt gerade, wo wir abgeblieben sind."
"Sollen sie nur. Sie feiern dort unten weiter und wir hier oben..."
Damit presste die Blonde ihre weichen Lippen auf die von James. Der Mann schmunzelte in den Kuss hinein und legte seine Rechte an ihr Bein. Die Hand fuhr langsam ihren Oberschenkel unter den Rock ihres Abendkleids hoch.
"Mir kommt gleich das Essen hoch."
James und die Blonde zuckte zusammen und schreckten auf. Hastig sahen sie sich um und entdeckten auf dem roten Sofa gegenüber eine Gestalt. Dort lag seitlich, mit einer Hand den Kopf gestützt, ein Mann in voller Ledermontur und einer Maske. Die Kleidung sowie die Maske waren größtenteils schwarz mit roten Konturen. James fielen die zahlreichen Dolche und Wurfsterne, die zwei Pistolen an der Hüfte und der Kampfstab, der an dem Sofa lehnte, auf. Sofort gingen bei ihm die Alarmglocken an. Er richtete sich auf und zog eine kleine Pistole - er nannte sie zirpende Grille- aus einem Holster, welches unter dem Jackett, das er trug, versteckt war. In dem Moment rollte sich der Maskierte vom Sofa runter und kam am Boden auf ein Knie wieder hoch. Irgendwie hatte er es geschafft, beide Pistolen zu ziehen. Nun richteten die zwei Männer ihre Waffen auf sich.
"Verdammt, wer bist du?"
"Pelgram, Danny Pelgram. Angenehm."
"Leck mich am Arsch..."
"Hier und jetzt? Scherz!"
"Das Scherzen wird dir gleich vergehen. Was willst du hier?"
"Dasselbe, wie du, schätze ich."
James runzelte die Stirn und sah zur blonden Dame. Überrascht blinzelte er. Wann war sie aufgestanden und auf die andere Seite des Bettes getreten? Und vor allem, wo hatte sie die zwei Pistolen her? Jeweils eine der Waffen zielte auf ihn und auf Danny.
"Und genau deshalb habe ich immer zwei Pistolen dabei", verkündete der Maskierte.
Die Blonde seufzte: "Schluss mit den Spielchen. Wir wollen wohl alle dasselbe. Das Weiße Juwel Ascalons."
"Du würdest deinen eigenen Vater bestehlen?" James sah die Blonde ungläubig an.
"Wieso nicht? Alle jagen nach dem Schmuckstück. Es verspricht viel Geld. Ich wäre unabhängig und könnte mein eigenes Familienimperium aufbauen."
Danny wischte sich mit dem Ärmel kurz über die Augen. "Sie werden sooo schnell sooo groß, hachja..."
"Schnauze!" James konzentrierte sich wieder auf den Maskierten. "So ein billiger Einbrecher kommt hier eh nicht weit."
"Ihr kommt beide nicht weit", verkündete die Blonde.
James seufzte und sah zur jungen Frau. "Hör zu...mir tut es leid...", er deutete mit der freien Hand durch den Raum, "Die ganze Situation hier. Ich weiß, das kommt jetzt etwas blöd, vor allem, weil wir uns alle mit Waffen bedrohen, aber...du gefällst mir. Ich wollte hier bei dir sein, weil du mir gefällst. Bis eben hatte ich das Juwel vergessen.
Skeptisch hob die Blonde eine Braue. "Achja?"
"Ja, glaub mir. Als ich dich gesehen habe, habe ich jegliche Gedanken an das Juwel fallen gelassen. Oder...nein, nicht fallen gelassen, sondern...mir kam die Einsicht, dass du das schönste Juwel bist."
Die Blonde konnte bei diesen Worten nicht anders und lächelte sachte. Plötzlich lachte der Maskierte los und James richtete wütend seine Waffe auf diesen, er kam sogar einige Schritte näher.
"Halt den Rand, du Penner!"
"Tut mir leid, ich finde das nur so ulkig. Genau denselben Scheiß hast du vor einer Stunde ihrer Schwester zwei Zimmer weiter erzählt."
Fast gleichzeitig kam es aus dem Mund der anderen beiden: "Was?!"
"Na die Schwester, die nun ohnmächtig auf ihrem Bett liegt." Danny sah zur Blonden rüber. "Er hat übrigens 'ne ganz passable Ausdauer."
James fauchte los: "Du mieser Drecksack. Ich mach dich kalt!"
"Und das, wo ich gerade dabei bin, uns heiß zu machen. Beruhige dich, Kumpel, ich gebe auf." Damit legte Danny beide Pistolen nieder und hob die Hände hoch.
"Vernünftig, sehr vernünftig", bekundete James und wandte sich der Blondine zu.
Plötzlich hörte man ein eigenartiges Geräusch. Als ob etwas Kleines, Schnelles gegen jemanden geworfen worden wäre. James sah an sich herunter. Er öffnete sein Jackett. Das weiße Hemd darunter färbte sich bereits rot. Mit einem verschwommenen Blick sah er sich suchend um. In einer Ecke, halb hinter einer Zimmerpflanze, entdeckte er eine Art kleines Türmchen mit einem langen Lauf, aus dem es rauchte. Seine letzten Blicken galten den anderen beiden. "So 'ne Schei..." Er fiel um.
Die Blondine ließ vor Schreck ihre Pistolen fallen und hob schockiert ihre Hände vor dem Mund. "Oh, gut, Ihr ergebt Euch freiwillig." Danny stand inzwischen auf, eine Pistole wanderte zurück in sein Holster, die andere richtete er auf die Blonde. "Tut mir echt leid für die Sauerei da, aber wärt Ihr trotzdem so freundlich, mir den Weg zum Juwel zu zeigen? Und achja, bitte nicht schreien oder sowas. Das wäre total doof von Euch. Danke." Die Blondine sah Danny noch einen Moment ungläubig und paralysiert an, ehe sie dann langsam nickte.
Sie verließen das Schlafzimmer und schlichen durch die Korridore des großen Anwesen. Man konnte von unten aus dem Festsaal noch immer die Feiernden und die Musik hören. Vor einer eher unscheinbaren Tür blieben die zwei stehen.
"Dahinter ist die Schatzkammer. Aber Ihr werdet nicht durch die Tür kommen. Sie ist magisch versiegelt und man muss den Spruch zum lösen der Versieglung kennen. Ich kenne ihn noch nicht."
"Macht nix. Wärt Ihr so freundlich, die Wachen zu holen?"
"Bitte?"
"Glaubt mir, die werden gleich gebraucht. Geht einfach, ja? Aber erst schreien, wenn Ihr bei den Wachen seid!"
Die Blondine runzelte die Stirn und wandte sich ab. Wenn er es denn so wollte. Sie hielt dann jedoch noch einen Moment inne und sah über ihre Schulter. Der Maskierte betrachtete die Tür vor sich.
"Wollt Ihr denn gar nicht meinen Namen wissen?"
Danny sah rüber zu ihr: "Nee. Sollte ich die Geschichte irgendwann einmal jemandem erzählen, kommt das viel besser, wenn Ihr die namenlose und schöne Dame seid."
Die Blonde runzelte die Stirn und sah dann zu, schnell nach unten in den Festsaal zu gelangen. Als sie in die laute Feier reinplatzte und schon los schreien wollte, dass ein Einbrecher im Hause sein, da knallte es unfassbar laut im ganzen Anwesen. Ein kurzes Beben ging durch jede Faser des Saals einschließlich seiner Feiernden. Die lustige Gesellschaft verstummte und sah sich ängstlich an. "Was zum...?", brüllte eine Wache und rannte los. Einige Feiernde und die Blonde rannten hinterher, schnurstracks zur Schatzkammer.
Neben der Tür, die immer noch verschlossen war, klaffte nun ein großes Loch in der Wand. Es rauchte und überall im Korridor roch es verbrannt. Die Wache schlüpfte durch das Loch. Nach wenigen Sekunden kam sie wieder heraus. "Das Weiße Juwel Ascalons...es fehlt!" Die Menge tuschelte schockiert und sah sich furchtsam um, als könne der Dieb jeden Moment wieder kommen.
Auf der anderen Seite der Tür, an der noch heilen Wand, entdeckte die Blonde einen Zettel, der mit einem Messerchen befestigt wurde.
"Hey ho!
Tut mir leid wegen der Wand. Aber die Tür war zu. Hab nur das Juwel mitgenommen. Ihr solltet da drinnen dringend mal Staub wischen. Während Ihr hier oben seid, nehme ich mir für unterwegs noch etwas Truthahn mit. Meine besten Empfehlungen an den Koch!
Liebe Grüße
Danny Pelgram
PS.: Achja...lieber Hausherr. Wenn Eure Töchter behaupten, noch unbefleckt und unschuldig zu sein, dann seht mal in ihre Schlafzimmer nach, was die da so treiben!"
Die Blonde machte große Augen und wollte den Zettel schon zerknüllen, da bemerkte sie ihren Vater, der ihr über die Schulter geschaut hat. Sein strenger Blick traf sie, während sie ihm verlegen anlächelte.
"Äh...ich kann alles erklären."
"Da bin ich mal gespannt..."
Und nächstes Mal: Der letzte Teil! Alle Fragen werden beantwortet! Wird Robin wieder aufwachen? Schaffen die zwei Halunken noch, Danny zu überfallen? Womit vertreibt eigentlich der Wirt seine Zeit? Wann wird es endlich wieder Sommer? Wieviel Schnodder kann eine einzige Nase produzieren? Müffelt es unter Dronons Rüstung? Und warum hat eigentlich jeder Waffen dabei?