"Was...wo bin ich?" Robin öffnete seine Augen und blinzelte verwirrt umher.
"Immer noch inner Schänke", brummte Einauge Stew ihm zu.
"Oh Mann muss wohl...," er sah zu Danny, der wieder lässig mit den Füßen auf dem Tisch gegenüber saß und zu ihm blickte, "...eingepennt sein. Was hab ich verpasst?"
"Nur die grandiose Geschichte über meine erste Mission."
"Ooooch...Mist!"
"Hey, ich erzähl dir gerne was über meine letzte Mission."
"Ja, bitte ich....mrmlrml..." Robin schlief wieder ein, der Kopf kippte zur Seite.
Stew hob die Braue über seinem einzigen Auge und schüttelte schließlich den Kopf: "Naja...der wird noch einige Zeit glücklich schlummern. Erzähl trotzdem mal, was deine letzte Mission war."
"Klar doch. Ist auch erst zwei Wochen her. Hab im Königintal ein paar Banditen gejagt..."
"Das ist der Kerl!" Ein vernarbter, kahlköpfiger Kerl stampfte auf Danny zu. Hinter ihm folgte ein Mann, der dank Rauschebart und langem, ungewaschenem Haar ganz schön zottelig aussah. In seinen Haaren waren überall kleine Perlen eingeflochten. Das Gesicht - zumindest was man von ihm sehen konnte - schien schon etwas älter zu sein. Rauh, wettergegerbt und schmutzig.
Sowohl die zwei Kerle, als auch die höhlenartige Umgebung standen für Danny auf dem Kopf. Er wurde an den Füßen mittels Seil aufgehangen und baumelte sachte hin und her. Teile seines Mantels fielen ihm lästig vor das Blickfeld. Er konnte an einer Kiste einige Meter gegenüber seine Waffen sehen. Im Hintergrund saßen, arbeiteten oder schliefen noch mehr Leute. Sie schienen sich für den Agenten und die zwei, die auf ihn zu kamen, nicht zu interessieren.
"Warum hat der eine Maske auf?", fragte der Zottelige.
"Glaub mir, hab drunter nachgeschaut, willste nicht sehen."
"Na dann." Der Zottelige ging in die Hocke, um Danny in die Augen blicken zu können. "Nun, wer bist du?"
"Ein umgedrehter Danny Pelgram, Sir!"
"Reine Vorsichtsmaßnahme." Er nickte zu den Füßen hoch.
"Ich weiß, aber mir steigt das Blut so sehr in den Kopf, dass jetzt nicht mal mehr eine nackte Blondine daran etwas ändern könnte."
"Keine Sorge, so was haben wir hier eh nicht. Was machst du in unserem Lager?"
"Rumhängen."
Der Zottelige verpasste Danny eins mit der flachen Hand ins Gesicht. "Scherzkekse überleben hier nicht lange. Was hast du in unserem Lager zu suchen?"
"Also, wenn du schon so direkt fragst: Ich suche die Ware, die Eure Bande für den Weißen Mantel lagert. Wenn ich sie gefunden habe, nehme ich sie mir und sprenge Eure ganze Höhle mitsamt allen Bewohner in die Luft. Magst du Sprengstoff?"
Der Zottelige lachte laut auf: "Ich glaube, dein Plan ist mächtig in die Hose gegangen! Oder in den Kopf?" Er deutete erneut zu den Füßen des Maskierten. "Wer schickt dich? Woher weißt du von unserer Verbindung zum Weißen Mantel"
Danny wartete einen Moment, ehe er antwortete: "Zehn."
Der Zottelige runzelte die Stirn: "Kenne ich nicht. Wer soll das sein? Eine Organisation?"
"Neun."
"Was?"
"Acht."
"Scheiße, was soll das?"
Der Zottelige verpasste Danny noch eins mit der Faust. Dieser stöhnte auf, dennoch entkam ihm ein "Sieben..."
"Ich glaube, der macht sich über uns lustig, Chef", es war nun der Kahlköpfige, der sich zu Wort meldete.
"Kann schon..." - "Sechs." - "...halt dein Maul!" Der Zottelige räusperte sich kurz. "Kann schon sein."
"Fünf!" Danny rief es nun fast panisch aus.
"Chef, vielleicht geht hier echt gleich was hoch!"
"Vier!"
"Unsinn, was soll hier hochgehen? Der kam rein und wir schnappten ihn. Wie soll der..."
"Oh oh, Leute, drei!"
"Maul! Also...wie soll der das geschafft haben?"
"Zwei..." Danny kicherte nun.
Der Kahlköpfige schluckte schwer: "Ich hab da ein ganz mieses Gefühl bei der Sache."
"Uuuund...eins!"
Der Zottelige und der Kahlköpfigen sahen sich an. Dann wandten sie sich um und ihnen klappten die Mäuler auf. Ihre Banditenkollegen - zehn an der Zahl - lagen allesamt erschossen auf dem Boden. Eine Gruppe von maskierten und verschleierten Kämpfer verteilten sich währenddessen in der gesamten Höhle.
"Würdet Ihr Euch bitte umdrehen?", fragte Danny mit freundlicher Stimme. Die zwei letzten Banditen fuhren tatsächlich rum. Danny zielte nun mit einer kleinen Pistole auf die Halunken. Es knallte zwei Mal aus dem Geschoss. Sowohl der Zottelige, als auch der Kahlköpfige gingen in die Knie und hielten sich ihre Beine. "Ehrlich, da kontrollierst du mein Gesicht und vergisst, mir mal unter die Handschuhe zu schauen. Aber sei froh drum. Wenn du wüsstest, was ich alles in meiner Unterhose verstecke..."
Einer der anderen Vermummten Gestalten schnitt Danny von dem Seil los, während zwei weitere die letzten Banditen in Gewahrsam nahmen.
"Und nun", eröffnete Danny, "reden wir mal darüber, woher Ihr Eure Ware für den Mantel eigentlich bezieht..."
"Und...", fing Stew an, "woher hatten sie ihre Ware?" Der Pirat ließ seine Finger knacken. Die Hand ging langsam zu seiner Pistole unter dem Tisch.
"Von irgendwelchen Piraten aus Löwenstein. Von einer ganz bestimmten Bande. Wobei...die Bande an sich hat wohl fast nichts damit zu tun. Sind nur zwei Typen. Der eine heißt wohl...hmm...Stew und der andere...na, wie war der Name noch...?"
Robin murmelte im Schlaf: "Robin..."
"Japp! Genau! Robin hieß der!"
Stew knurrte: "Dann hast du also unsere Kontakte im Königintal hopps genommen?"
"Ohhh! Das waren Eure Kontakte?! Das tut mir jetzt aber leid! Da sitzt Ihr beide jetzt voll doof auf der Ware für den Weißen Mantel, stimmt's"
"Aye, du Penner. Und der Mantel versteht keinen Spaß, wenn man nicht liefert."
Danny und Stew sahen sich nun schweigend an. Die Zeit blieb für einen Moment stehen, dann griffen beide nach ihren Pistolen und zielten aufeinander.
"Schieß du zuerst, wenn es denn sein muss!", forderte Danny.
"Warum sollte ich?"
"Nicht du, du Nase." Danny nickte hinter Stew.
Stew drehte den Kopf und sah direkt in die Mündung eines Gewehrlaufs. Der Norn-Wirt stand direkt hinter ihm und Robin.
"Hast du denn auch alles brav aufgenommen? Wir hatten ja quasi endlich ein Geständnis", fragte Danny den Norn.
"Jepp. Asuratechnologie ist super!"
"Klasse. Danke, Ben!"
Stew blinzelte überrascht. "Was zum..? Wie jetzt? Das ist...Ben? Ben ist ein Norn?" Er sah ungläubig zum Maskierten. "Willst du mich verscheißern?"
Danny erhob sich vom Tisch und steckte sein Pistole weg, ehe er dann den Kampfstab nahm. "Darüber, mein guter Kumpel, können du und Robin im Knast nachdenken. War schön mit Euch zu saufen. Sollten wir unbedingt mal wiederholen." Danny schlenderte zum Ausgang, durch dem schon einige Löwengardisten mit gezogenen Waffen durchströmten. "Mach's gut, Ben!" Der Norn nickte Danny knapp zu, während sich die Löwengarde Einauge Stew und Robin schnappten.
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Der Maskierte kletterte auf eine Klippe, nicht unweit des Gasthauses und setzte sich an den Rand, sodass er genüsslich seine Beine baumeln lassen konnte. Aus einer Tasche holte er drei Zitronen heraus und begann mit ihnen zu jonglieren. Das ging eine ganze Weile so, ehe er aufschaute und...und zu uns blickte...nein blick! Liebe Leser, er sieht zu uns. Direkt zu uns. Was ist los? Er beugt sich vor will er etwa....?
"Hey! Hey Ihr da! Ja, hallo! Danke, dass Ihr meine Geschichte mitverfolgt habt. Find' ich echt kühl von Euch! Ja, ich weiß, sie war manchmal seltsam, aber was soll's? Auf jeden Fall ist sie jetzt vorbei, Ihr könnt nach Hause gehen." Er jongliert wieder. Oh, er lässt es wieder bleiben und sieht zu uns.
"Wie? Oh, achja...Ihr fragt Euch bestimmt, was denn nun an all den Geschichten wahr ist und was nicht. Das ist berechtigt!
Nun...es ist doch so, Wahrheit ist ein dehnbarer Begriff. Selbst wenn man alle Fakten zusammenträgt, können unterschiedlichste Leute sie unterschiedlich in Beziehung setzen und interpretieren. Viele große Streitereien, politische Debatten und Kriege entstehen genau so. Manche Wahrheiten sind aber auch nur schlicht ausgeschmückt. Warum? Weil manche Wahrheiten hässlich sind..."
Er sieht runter zu dem Gasthaus. Auf zwei Bahren werden von den Löwengardisten zwei Tote hinausgetragen. Der eine scheint äußerlich nichts an sich zu haben. Der andere hat einen Durchschuss, direkt durch eines seiner Augen. Das andere Auge ist unversehrt.
"So hässlich, dass man sie eigentlich nicht mehr sehen möchte. Dennoch lebt man mit diesen Wahrheiten und diesen Fakten. Also muss man damit klarkommen. Manche Leute verschweigen sie einfach und manch andere schmücken sie aus. Sie erzählen sie so, dass sie erträglich werden. Vielleicht sogar humorvoll. Ja, man kann das Realitätsflucht nennen, aber jeder braucht das. Die Phantasie täuscht uns über das hinweg, was wir nicht sein können und der Humor über das, was wir sind. Oder eben über das, was geschehen ist. Er hilft zu ertragen, was sonst nicht zu ertragen wäre. Fragt mal Notfallchirugen. Die haben den bösesten Humor überhaupt.
Um es kurz zu machen: Die Welt ist hart, aber das hindert uns nicht, sie mit Humor und Phantasie hübscher zu gestalten. Vielleicht konnte meine Geschichten das Prinzip ein wenig näher bringen.
So...und nun muss ich los. Hab viel zu tun. Haltet die Ohren steif, geht brav Schnodder besuchen und seid ab und an auch mal fröhlich!" Danny steht auf. "Und achja...wer ein Bonuskapitel meiner Geschichte hören möchte, der ruft jetzt ganz laut "ZITRONE!" Okay? Dann auf bald!"
Damit wirft der Maskierte eine Kugel. Holla die Waldfee, es raucht. Wo ist er? Ich sehe nichts. Uh, der Rauch verzieht sich wieder. War ja klar. Danny Pelgram ist fort.
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