„Wie, er ist tot?“
Er richtete sich im Ledersessel auf, sein Gegenüber konnte bereits erahnen welcher Zorn in den Augen aufwallte, wusste, dass jedes weitere Wort einen Pfad auch dünnes brüchiges Eis beschreiben würde, in dem man nur allzu schnell für immer in den Tiefen der Kälte verschlungen werden konnte. „Sie…sie hat ihn umgebracht, Herr“ stotterte Virgil vor sich hin. Er war ein hagerer Mann, seine Augen so verschlagen wie sein Charakter und doch, er wusste welche Art von Nachricht er gerade überbrachte. So war von der sonstigen Selbstsicherheit nichts in seiner Stimme zu merken als könnte er spüren, dass er gerade mit seinem eigenen Leben spielte selbst wenn er jenes nie gesetzt hatte. Das hatten nun andere für ihn entschieden, seine Götter, die das Schicksal gelenkt hatten und ihn an diesem unsagbar hässlichen Tag mit der Aufhabe bedacht hatten seinem Chef vom Versagen des Plans, nicht irgendeines Plans, des Plans zu berichten. Welch ein Unglücksrabe, doch hätte es auch jeden anderen treffen können. Immerhin erreichte der Spion, welcher es in Fels als erstes erfuhr erst vor knapp einer Stunde die Basis, wenn man dieses brüchige Schiff so nennen konnte. Wenn die Situation es erlaubt hätte, er hätte sich über Virgils Verhalten amüsiert. Doch dafür war ihm die Sache zu wichtig. Daraus machte er nun auch keinen Hehl. Mit einem Krachen gingen die Fäuste des Ascaloniers auf den massiven Holztisch, der seinen Schreibtisch mimt.
„Wie, sie hat ihn umgebracht? Erkläre dich Virgil“ Selbiger zuckt merkbar zusammen, zögert zu antworten wie es schien. Doch Enzo war kein geduldiger Mann, soviel stand fest. „Er…in seinem letzten Brief berichtete unser Mann, was er gesehen hat, ihre Erinnerung...“ fängt er an zu stottern. Er hasste es wenn jemand um den heißen Brei herumredete durchbohrte ihn förmlich mit seinen Blicken um noch mehr Druck aus zu üben, wie auf die Schale einer Frucht, irgendwann gab sie immer nach dessen war er sich sicher und so würde auch Virgil zu dem Schluss kommen dass er besser den Mund aufmachte. „Ich glaube er hat sich an sie gehangen Herr, ich glaube er hat sich in sie verliebt.“ Führte der hagere Handlanger fort, der Schweiß trat ihm auf die Stirn und das wurde durch sein fehlendes Haupthaar nur umso deutlicher zu sehen. Das Licht der Öllampe spiegelte sich an den blanken Stellen seines Schädels und auch die sonst schummrige Beleuchtung und der Rauch in der Luft konnten nicht verbergen, dass er Angst hatte, dass er wusste, dass sein Herr seine Antworten jetzt schon nicht mochte. Doch was sollte er tun? Er war bereits verloren so schien es. „Ungehindert dessen hat Luis heut Morgen die Leiche gefunden. Sie hat ihn mitten im Tal begraben, dabei haben wir sie beobachtet. In der Nähe einer abgebrannten Mühle“ Plapperte er nun weiter und der Baron erhob sich schließlich aus seinem Sessel. Nun überragte er den Mann mit seinen knappen 2 Metern und das Verhältnis zwischen ihnen wurde damit nur umso deutlicher, bedrückender für den Lakaien. „Warum grade da?“ die Stimme erklang wie Schleifpapier, rau und basslastig. Sie hörte sich nicht mehr so erbost an wie noch wenige Momente zuvor, doch vielleicht täuschte es auch. Virgil wusste selbst mit wem er es zu tun hatte, und das die Schauspielerei nicht grade eine der Schwächen seines Bosses war. Blaue Augen, so stürmisch wie die See selbst fixierten das Gesicht des Dieners, dessen Narben von mehr als einem Kampf berichteten. Treu war er seinem Herrn seit Jahren und nichts als Loyalität konnte man in seinen Augen sehen. Er war bestürzt über die Ereignisse, hatte den guten Rum ausgespuckt, als der Spion aufgeschlagen war und zu berichten wusste was jehnseits der Gewässer in der Menschenhauptstadt geschah. „Das wissen wir nicht genau.“ Gab er wahrheitsgemäß Antwort.
„Und woher wisst ihr dass sie es war?“ wollte Enzo nun wissen. „Wart ihr etwa dabei?“ Ein wenig spöttisch wird er da, kann er damit jedoch schwer überspielen wie aufgebracht er ist. Immerhin ging es um einen Wesentlichen Teil seines Plans, einen wichtigen Punkt in der Geschichte dieses Mädchens und nun war ihm die Kontrolle über diese Geschichte entrissen worden. Eine Nachricht die ihn nicht begeistert stimmte und ihn dazu zwang die Arbeit von Wochen und Monaten für nichtig zu erklären. „Nein natürlich nicht Herr…aber sie hat…der Mord trägt ihre Handschrift. Sie hat ihn ausbluten lassen...wie einen Verräter." Erklärte Virgil und ein Zittern ging durch das unsauber rasierte Gesicht. Der Ascalonier strich sich übers Kinn und einer seiner Mundwinkel erhob sich leicht. Er wusste nicht ob er zornig oder stolz sein sollte auf die Kleine. Doch wies dies noch viel eher darauf hin dass sein Mitarbeiter, einer seiner besten Männer versagt hatte gegen…ein Mädchen.
„Damit ist unser Plan hinfällig.“ Er wischte sich diesen kleinen Anflug eines Lächelns aus dem Gesicht wie andere Leute die Reste aus dem Mundwinkel nach dem dinieren. „Ich weiß, Herr. Wie wollen wir nun weiter verfahren?“ unterwürfig zeigt er sich, wie automatisch geht er in eine halbe Verneigung vor seinem Herrn zu buckeln. Dieser jedoch lässt sich davon nicht beirren und seine Gedanken beginnen zu kreisen. Die Augen huschen in der Kajüte umher, streifen Bücher und Waffen, in der Hoffnung an einem Punkt hängen zu bleiben der ihm die Antwort geben würde, die er sucht. „Bleibt an ihr dran. Sie ist auf einem besseren Weg als wir dachten.“ Das zunächst waren die ersten Instruktionen, die er weitergab. „Und wer soll sie nun zu euch führen, Herr? Sollen wir einen anderen…“ „Nein“ wurde er entschieden unterbrochen. „Wir werden keine weitere Zeit damit verschwenden. Was ist mit diesem De Vray? Können wir den nicht irgendwie anhalten für uns zu arbeiten?“ Der käme zumindest an sie heran ohne dass sie ernsthaften Verdacht schöpfen würde. Nicht die beste Wahl an Umgang den sie da pflegte und der Kerl gefiel ihm nicht, soviel stand fest. Doch konnte er im Moment nicht ganz einordnen ob ihm die Visage des Jungen einfach nur nicht passte oder ob da über zwanzig Jahre zu spät plötzlich Vatergefühle in ihm aufkeimten. „Der…ist uns zu riskant Herr. Er ist nicht vertrauenswürdig.“ Nein das definitiv nicht und das wusste er auch selbst. Und für die Belehrung wollte er auch schon zum Revolver greifen und Virgil den halben Kopf an die nächstbeste Wand hinter ihm pusten. Ein hübsches Bild gäbe es ab und dann würde er ihn fragen, ob er noch andere kluge Erkenntnisse für ihn hatte. „Außerdem ist der derzeit nicht in ihrer Nähe, Herr“ War er nicht? Erstaunen trat in sein Gesicht und er gab sich keine Mühe es zu verbergen, im Gegenteil, wie eine wärmende Decke legte sich der Ausdruck über sein Gesicht, mit Wärme hatte dies jedoch nicht das Geringste gemein. „Und warum hat es keiner für nötig befunden mir das mit zu teilen?“ Am Tonfall erkannte Virgil nun dass die Gefahr keinesfalls vorbei war. „Wir…wir dachten es wäre nicht wichtig, Herr“
In wenigen raschen Schritten erklärte der Adlige die Distanz zwischen den beiden Männern für nichtig und ehe Virgil es sich versah packte ihn die Hand des Barons am Hals, drückte leicht zu, sodass er zwar noch sprechen konnte, doch das Atmen wurde zunehmend schwieriger. Auch wurde ihm wirr vor den Augen und er wusste dass der Chef nun seine Magie benutzte, wenn dies auch noch harmlose Auswirkungen des Ganzen waren. „Was wichtig ist und was nicht entscheide hier immer noch ich, vergiss das nicht, mein Lieber“ In dem Moment wurde ihm schlecht und es war schwer zu sagen ob es an der Magie lag die auf ihn wirkte, oder ob es die Angst war, die ihn ergriff und ihn nur noch mehr nach Atem ringen ließ. „Ich möchte wissen was sie tut, mit wem sie sich trifft, wer ihre Kleider schneidert und ich möchte den Namen eines jeden Mannes der auf die wahnwitzige Idee kommt sie anzufassen. Wer arbeitet mit ihr und wer sind diese Leute, kennen wir sie, haben wir mit ihnen bereits gearbeitet. All diese Dinge erwarte ich zu erfahren, haben wir uns verstanden?“ Die Stimme hallte bestimmend, hart und unnachgiebig im Kopf des Dieners wieder der nur in der Lage war zu nicken. Wenn ihm sein Leben lieb war, das wusste er, blieb ihm auch keine andere Wahl als zuzustimmen. Enzo konnte ungehalten werden und im Moment hatte er noch Glück denn nun löste sich die Hand von seinem Hals und die Sicht wurde ihm wieder klarer. Der Mesmer konnte das Herz wild pochen hören während Virgil nach Atem rang. „Und jetzt geh ich werde dich darüber in Kenntnis setzen wenn ich gedenke den Plan neu anzusetzen“ Stolpernd hastete der Mann förmlich aus der Kajüte, und damit dem Büro seines Herren und die Tür schloss sich hinter ihm.
Ein kurzes Schnauben, wie aus den Nüstern eines Pferdes war es, was blieb. Er kehrte an seinen Schreibtisch zurück die Route des nächsten Auftrags vor sich ebenso lagen die Scherben eines Plans vor ihm, welchen er sich so fein säuberlich ausgemalt hatte. Er hatte Potential in dem Jungen gesehen, hatte ihn nur deshalb zu ihr geschickt, weil er wusste, dass sie sich an ihn hängen würde. Weil sie war, wie er es früher gewesen war. Und bei dem Gedanken huschte wieder ein Lächeln auf seine Lippen. Sie war eigenständig und zeigte den Männern nach welchen Regeln sie zu spielen haben. Und Martin war bereit gewesen sich ihr anzunähern war genau die Art von Mann die es brauchte um eine Frau zu erobern, sie schwach und angreifbar zu machen. Unter falschem Namen näherte er sich ihr an und es kam wies kommen musste. Es war eine Zermürbungstaktik, welche sie gewählt hatten. Sie sollte sehen wie es war, sollte glücklich sein. Bevor sie es ihr wegnehmen. Es war die nächste Lektion die auf der Liste für sie stand. Und nun, nachdem sie den Mann, den sie schmerzlich verlieren sollte, selbst unter die Erde gebracht hatte, war sich der Baron nicht mehr sicher ob sie die Lektion vielleicht schon gelernt hatte und wie lange es noch dauern würde bis sie soweit war. Seine Männer wurden in letzter Zeit unruhig. Die letzten, wenn auch lachhaften Attentatsversuche auf ihn gaben zu denken und warfen die Frage auf wie lange er seinen Posten noch halten mochte, und die nächste Frage, die sich der aufmerksame Mitarbeiter stellte war, wer denn seinen Platz übernehmen würde, wenn es zum Äußersten kam. Aber dafür hatte er ja bald sie…seine kleine Ellinor.
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